30.09.2013

Im Gespräch mit Thomas Koppitz

Dass ihm bisweilen seine starke Persönlichkeit im Weg steht, er es aber einiger Unkenrufe zum Trotz zu einem der erfolgreichsten Friseure Österreichs geschafft hat, verdankt er seiner Energie, einer unerbittlichen Überzeugung und vor allem seiner Frau Gabi, die ihn immer und überall stützt.

Eigentlich wollte er Profi-Fußballer werden, entschied sich dann für den Beruf des Kochs, um doch Friseur zu werden. Und so ist er nicht nur Chef der erfolgreichen Salongruppe YoungStyle, sondern auch Präsident seines eigenen Fußballvereins, Trainer, Modell- und Visagisten-Agenturbesitzer sowie Software- und Produktentwickler.
Man könnte meinen der ‚Mateschitz‘ der Friseure könnte etwas leiser treten, doch lauscht man den Etappen seines Lebens, welche Hürden er meisterte und welche Ideen in ihm brodeln, dann weiß man, er hört noch lange nicht auf.

 

Fakten:

Friseurunternehmer seit 1992

4 Filialen | ca. 80 Mitarbeiter | derzeit 20 Lehrlinge, die Hälfte davon im zweiten Bildungsweg




Wow, so viele Aufgaben! Was sagen Sie denn, was Sie machen, wenn man Sie fragt?
„Ich bin Friseur“.

Sie wollten Koch werden und sind nun einer der innovativsten Friseur-Unternehmer Österreichs. Wie das?
Stimmt, eigentlich wollte ich Koch werden. Doch als der Tag X kam, an dem ich mich für eine Ausbildung entscheiden sollte, war ich zufällig bei einem Friseur am Leopoldauer Platz. Ein junger Stylist hat mir so leidenschaftlich vom Friseurberuf vorgeschwärmt, dass ich dachte, das wird es! Und kurze Zeit später war ich bei einem Freund meines Vater Probearbeiten und habe dort dann auch meine Ausbildung begonnen. Nach 2 Monaten habe ich bereits Haare geschnitten, im 2.Lehrjahr dann die Leitung für einen Salon übernommen.

Haben Sie eine besondere Begabung als Friseur?
Ja, Haarschnitte, ich bin da eher technisch veranlagt.

Schneiden Sie noch Haare?
Nein. (runzelt die Stirn und grinst)

Überhaupt nicht?
Naja, selten und wenn dann anonym! Wenn ich mir das Friseurtascherl mal umschnalle und beginne Haare zu schneiden ist das ein schöner Moment, dann komme ich zur Ruhe – Schneiden entspannt mich. Ich übernehme dann Laufkunden, die erkennen mich nicht und ich bekomme sogar Trinkgeld (strahlt).

Wer schneidet denn Ihre Haare?
Das ist ein heikles Thema: Im Moment nämlich niemand. Der letzte Stylist, der mir zwei Jahre die Haare geschnitten hat, ist nicht mehr bei uns. Meine Frau hat ja nie Zeit für mich (augenzwinkernd) und so suche ich noch!

…haben Sie dann demnächst langes Haar?
Vielleicht, mal sehen…?

„Young Style“ war von Anfang an jung, cool & laut. Sie wirken eher ruhig, vermeiden gern öffentliches Interesse an Ihrer Person. Wie passt das zusammen?
Ich glaube, dass ich das Laute alles früher in mir hatte.
Der Gedanke zum Young Style Konzept kam mir sehr früh, mit Anfang 20. Ich hab damals in der GFK-Studie gelesen, dass die 15-22 Jährigen lediglich 2% Umsatz beim Friseur machen. Und warum war das so vor 20 Jahren? Weil nur der Pro Kopf-Umsatz zählte und so hat jeder diese Zielgruppe ignoriert. Ich wollte den Jungen lediglich eine gute Plattform geben.

Als Sie vor über 20 Jahren den ersten „Young Style“ im Multiplex aufsperrten, mit lauter Musik, DJ und sogar Tänzerinnen in den großen Schaufenstern, mit denen Sie damals ja im Interieur Design auch eine Vorreiterposition einnahmen - Wie waren die Reaktionen, wurden Sie belächelt?
O ja! Da gab es arge Momente! ...
Ich hab im Multiplex eröffnet, auf 54 m2 und war 4 Monate leer – komplett leer. Aber ich hab die Musik trotzdem nicht leiser gedreht, ich bin voll drauf geblieben und hab einfach so weiter gemacht. Ich hatte so ein starkes Gefühl in mir und war überzeugt davon, dass es funktionieren wird. Es war ja klar, das wird entweder Top oder Flop. Und ein paar Monate später hatten wir 100 Leute vor der Tür stehen, die uns beim Arbeiten zugeschaut haben.

Junge Leute haben weniger Geld, geben dementsprechend weniger aus. In welcher Kategorie sind Youngstyle Preise angesiedelt?
Mittelpreisig! Billig ist schlecht für die Branche.

In den darauffolgenden Jahren bereicherten sie die Branche auch mit tollen Events. 2006 mit „Ohrenfrei“ und 2007 mit der „Stylistenparty“ in der Pyramide. Sie stellten u.a. Tony&Guy und Sassoon auf die Bühne, ließen Sonya Kraus moderieren und luden Stargäste nach Wien wie Bruce Darnell, Oliver Pocher und Olivia Jones. Haben Sie sich dann von der Friseurbranche anerkannt gefühlt?
Es hat sicher Momente gegeben, in denen es mir wichtig gewesen war. Die Organisation solcher Events ist ja unglaublich viel Arbeit. Ich erinnere mich an den Moment als mein Handy abstürzte und ich dachte wunderbar, endlich Ruhe.
Aber man gibt der Branche etwas zurück und baut das Image auf, vor allem vor den Endverbrauchern.
Wie hab ich mich gefühlt? Revue passierend: Belächelt, beneidet, anerkannt, bewundert. Mittlerweile merke ich, dass mir frühere Kritiker heute auf Augenhöhe begegnen.

Zurück zu Young Style: Ist Jugend ein Einstellungskriterium?
Der Altersdurchschnitt liegt höher, als man denkt. Ich möchte Stylisten, die jung im Kopf sind.
Und für Mitarbeiter, die das Ganze mit aufgebaut haben, gibt es fix kein Ablaufdatum. Ich fühle mich verantwortlich. Bei meiner Mitarbeiterin Petra beispielsweise, die mich von Anfang an begleitet hat, ist es so, dass ich mit ihr ein Spezialprogramm fahre: Sie macht jetzt schon 1x in der Woche Office und wird systematisch ins Office rüber wechseln. Oder Hannes, seit 12 Jahren bei uns, kümmert sich immer mehr um die Belange der einzelnen Betriebe.
Und bei Ihnen? Sie werden älter, sind seit 2 Jahren ein junger Opa: Wie tragen Sie dieses junge Konzept weiter?
Das Konzept kann ich ewig tragen, weil es in mir mit gewachsen ist!
Ich glaube, das einzige, was sich geändert hat, ist, dass ich nicht mehr bereit bin, alles zu tun. Ich stell mich nicht mehr in die Diskothek und mach einen Styling-Corner, wobei wir den eh schon seit 10 Jahren nicht mehr machen, eben weil das auch eine Abwertung für Friseure ist. Da kommt ja nichts zurück. Was ich wiederum cool finde, ist, wenn Veranstalter sich bereit erklären, uns ins Zentrum zu stellen, auf eine Bühne in der Disko – solche Dinge hab ich schon oft gemacht; ich hab umgeschwenkt von der Friseurbühne direkt auf die Konsumentenbühne.

Welche Fragen stellen Sie eigentlich im Bewerbungsgespräch?
- Wo haben Sie sich noch beworben?
- Und warum bei uns?
Ich muss erkennen, dass der junge Bewerber einen Plan für sich hat und sich bei der Bewerbung etwas überlegt hat.

Wie handhaben Sie Weiterbildung?
Es ist wichtig, ein Profi zu sein! Von daher ist Weiterbildung ganz wichtig und bei uns regelmäßig und individuell auf Bedürfnisse abgestimmt. Meist sind Kurse intern organisiert, da wir unserer Linie sicher sein wollen. Und auch immer während der Arbeitszeit, da ich sämtliche Diskussionen diesbezüglich vermeiden möchte.

Seit 10 Jahren bilden Sie Lehrlinge im 2. Bildungsweg aus? Wie sieht das aus?
Das sind Maturanten oder Ausgelernte anderer Bereiche, die intern eine 18-monatige Ausbildung machen. Wir stellen für Sie einen eigenen Ausbildungsplan mit Kursen auf und trainieren Sie. Sie suchen dann um eine außerordentliche Prüfung bei der Innung an.

Wer wird YoungStyle irgendwann einmal weitertragen?
Meine Tochter Carina! Sie ist mittlerweile sehr aktiv und wird das Unternehmen übernehmen. Sie ist die beste Mischung aus meiner Frau Gabi und mir: kreativ und wirtschaftlich.

Apropos. Ihre Frau Gabi war von Anfang an an Ihrer Seite, Sie haben sich kurz nach der Ausbildung kennengelernt. Welchen Part spielt sie im Unternehmen?
Gabi ist für alles Kreative und ich für alles Wirtschaftliche zuständig.

Was verdanken Sie Ihr?
Alles … ! Sie hat mich vor allem immer machen lassen und mich zu jeder Zeit unterstützt.
Uns gibt es nur im Doppelpack.

Und wie gehen Sie mit Meinungsverschiedenheiten um?
Heute viel leichter als früher. Wenn einer nicht meiner Meinung ist, dann kann ich damit nur schwer umgehen, dann versuche ich ihn zu überzeugen. In den letzten Jahren bin ich ruhiger geworden und das hat mir gut getan hat. Wenn du alles nur emotional machst, machst du auch viele Fehler.

Sind Sie besonders zielstrebig?
Ja, aber mittlerweile ruhiger. Früher war ich besessen, jetzt kann ich auch loslassen. (lächelt)

In der Mariahilferstraße in Wien haben Sie eine Stylistenagentur – was kann sie: Stylisten bieten, die für einen kurzen Zeitraum in anderen Salons einspringen...?
Das war anfangs der Plan. Wir wollten Stylisten genau für diesen Zweck ausbilden und diese dann „vermieten“. Aber ich muss ehrlich zugeben, dieser Weg war mir zu weit. Man könnte eine Arbeitsüberlassungsagentur gründen, das ist aber nur mit einem speziellen Studium oder einer 2-jährigen Ausbildung möglich. Und wie schaut dann die Praxis aus? Auch das ist eine Sache, die ich losgelassen habe. Aber wenn man da den Stein der Weisen fände …

Mittlerweile hat sich die Stylistenagentur zum Herzstück für alles Kreative unserer Firma entwickelt. Hier finden in erster Linie unsere Schulungen und Präsentationen statt, aber auch Fotoshootings die wir für andere Friseure und Unternehmen machen. Dazu kommt unser Pool an Visagisten – wir arbeiten mit Karin van Vliet zusammen - und unsere Modellagentur, in der wir derzeit um die 900 Models gelistet haben. Wir haben bereits richtig gute Mädels rausgebracht, die z.B. für Manfred Baumann arbeiten.

Ihr neuester Coup: YoungStyle Soccer Club – Was ist das?
Sport und Gut Aussehen, das wird doch stark verbunden. Fußball war schon immer ein wichtiger Part in meinem Leben und jetzt trainiere ich die Kleinen. Naja und ich hatte die Chance den Wienerberg zu übernehmen, als Präsident und Sponsor. Jetzt gibt es den ‚Soccer Club Young Style Wiener Berg‘ und bald die ‚Youngstyle Soccer Club Arena‘! (strahlt)

Das klingt nach Mateschitz der Friseure. Hat Ihr Tag mehr Stunden?
Sagen wir mal so: Es ist alles gut gewichtet.

Abschließend: Was sind Ihre Wünsche für die Branche?
Die Anerkennung des Friseurs soll steigen, höhere Preise, höhere Gehälter!
Und:
Geht´s alle wieder mehr zum Friseur!


Thomas, wir bedanken uns für das spannende Gespräch!
Katja Ottiger und Raphaela Kirschnick

Oktober 2013