02.05.2011

Hans Majer: Gaststylisten gegen Betriebsblindheit

Seit 1992 ist Hans Majer Salonunternehmer. In seinem edlen AVEDA SalonShop im Herzen Wiens wird entspannter Perfektionismus gelebt. Mit regelmäßigen Gastspielen international erfahrener Stylisten gelingt hier der Spagat zwischen neuesten Techniken in Perfektion und einfachen, stilsicheren Trends. Fakten: 1 Salon | 1 Stylist | 1 Coloristin | 2 Assistenten

Ihre Unternehmensphilosophie?
Ausgangspunkt für die Kreationen von Kastor&Pollux bildet immer die Persönlichkeit der Gäste und nicht irgendein verordneter Trend. Der Stil von K&P kann als Minimalismus bezeichnet werden. Sofern diese Haltung nicht als dogmatischer Purismus missverstanden wird.

Sie führen einen AVEDA Salon, das bedeutet, u.a. auch den respektvollen Umgang mit Umwelt und Ressourcen. Wie integrieren Sie neue Mitarbeiter in dieses Lebens- und Arbeitskonzept?
Ich halte nichts von Anleitungen oder gar moralischen Appellen. Es geht nicht um Theorie, sondern um Praxis. Deshalb sehe ich meine Rolle primär darin eine solche „respektvolle“ völlig selbstvertsändliche Haltung vorzuleben und die MitarbeiterInnen auf diese Weise für diese Themen zu sensibilisieren.

Sie arbeiten abseits von Mainstream und Trenddiktat, entwickeln den Schnitt und das Styling, das zum Stil der jeweiligen Person passt. Was sollte Jemand mitbringen, der als StylistIn in Ihrem Team tätig sein möchte?
Das Wichtigste ist die Motivation, das starke Interesse an allem, was mit Haarmode zusammenhängt. Alles andere kann man lernen.

Ihre wichtigsten Fragen im Bewerbungsgespräch?
Mich interessiert am meisten zu hören, wofür sich die Leute besonders interessieren- und zwar auch jenseits des Beruflichen.

Ein Thema, das die Gemüter in der Branche derzeit bewegt: Gleichberechtigung auch in der Preisgestaltung. Sie haben diese in Ihrem Salon bereits vollzogen. Wie lange schon schneiden Sie Frauen und Männer zum gleichen Preis und wie ist das Verständnis bei den Kunden?
Seit 10 Jahren. Der Preis wird akzeptiert wir haben einen Männeranteil von 25%.

Wie kommunizieren Sie und Ihre Mitarbeiter die gleichen Preise?
Ganz sachlich: es ist schlicht und ergreifend so, dass wir bei Frauen und Männern mit demselben Aufwand an Zeit und Können betreuen. Ungleichbehandlung beim Preis wäre ungerecht.

Beim Thema neueste Schnitt- und Schneidetechniken setzen Sie auf die bewährte Qualität der „Friends of Kastor&Pollux“: Herbert Ploenes (Hamburg), Christian Engel (Berlin) und Andrea Bennett (München). Wie schaut Ihr Schulungsprogramm aus?
Wir sind in der privilegierten Lage, unseren neuen MitarbeiterInnen ein auf ihre Person maßgeschneidertes, individuelles Schulungsprogramm bieten zu können. Die neuen MitarbeiterInnen werden von absoluten Könnern ihres Faches so lange trainiert, bis sie alle Schnitt-und Färbetechniken auf „Kastor & Pollux Niveau“ beherrschen. Erst dann arbeiten sie mit Kunden. Abgesehen davon halten diese genannten internationalen Haarprofis mit denen wir seit Jahren zusammenarbeiten 1 Mal pro Monat einen eintägigen Workshop zu aktuellen Themen, an denen alle teilnehmen.
Wichtig ist, dass ein neuer Mitarbeiter bevor er Gäste bedient, unsere Schneide- und Färbetechnik beherrscht. Er/sie bekommt ein nach seinen/ihren Bedürfnissen maßgeschneidertes Ausbildungsprogramm, die Weiterbildung erfolgt kontinuierlich 1x im Monat (1 Tag).

Diese Trainer stehen zeitweise als Stylisten mit eigenem Kundenstamm im Salon zur Verfügung und zeichneten teilweise auch schon bei der Entstehung von K&P-Kollektionen verantwortlich. Wie kam es zu dieser Kooperation und wie sieht diese im Detail aus?
Herbert Ploenes kenne ich seit meiner Zeit in Hamburg bei Vidal Sassoon. Auch die anderen Gueststylists stammen aus dieser Kaderschmiede. Durch meine Guest Stylist (Friends of Kastor&Pollux) gelingt es mir eine Außensicht zu haben und Betriebsblindheit zu vermeiden.
Herbert Ploenes ist in vielen betrieblichen Bereichen zu einem wichtigen Berater geworden.

Kastor & Pollux, das ungleiche Zwillingspaar der griechischen Mythologie, als Namensgeber für Ihren Salon? Was steckt dahinter?
Kastor & Pollux wurde von Michael Danler und mir 1992 gegründet. Wir waren beide international erfahrene Stylisten, die der Wunsch nach Selbstständigkeit und ähnlich hohe Qualitätsansprüche verbunden hat, weshalb wir in Wien gemeinsame Sache gemacht haben. Gleichzeitig sind wir sehr verschieden, was sich eben auch in der Namensgebung ausdrückt.

Wünsche an die Branche?
Haarmode und Haarstylisten spielen in anderen Ländern eine ungleich grössere Rolle, wenn man etwa an Frankreich denkt, wo Spitzenstylisten in einer Liga spielen wie etwa Spitzenköche. Dort ist klar, dass es sich um eine anspruchsvolle kreative Spezialdisziplin handelt, die gleichzeitig enormen Einfluss darauf hat, wie Menschen tatsächlich aussehen. Jeder gute Haarschnitt ist nicht nur Ausdruck der Persönlichkeit des Trägers sondern auch ein Beitrag zur allgemeinen Kultiviertheit. Ich wünsche mir, dass die Branche den Respekt vor dem eigenen Handwerk und Fach schärft und die Ansprüche an das eigene Tun erhöht. Dann wird sich auch die allgemeine Wertschätzung in die Richtung verändern, die längst angebracht ist.
 

Dezember 2010


Interview: Katja Ottiger