30.10.2012

Günther Plaickner: Berufung vorleben

Innungsmitglied und Wifi Trainer mit 22, Vorarlberger Innungsmeister mit 44. Das Frisieren ist seine Leidenschaft, die Innungsarbeit Passion. Der 2010 ins Amt gewählte IM macht sich mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit und der Kampagne "Karriere mit Schere - Das hat Style" für ein attraktives Image der Friseurbranche gerade unter Jugendlichen stark. [i]Fakten:[/i] 1 Salon in Götzis 10 Mitarbeiter | 4 Lehrlinge 17 Bedienplätze

Innungsmitglied, Wifi-Trainer, Salonunternehmer, Innungsmeister... Stammen Sie aus einer Friseurfamilie?
Nein, mein Vater war Handwerker, meine Mutter Hausfrau. In den Friseurjob bin ich reingerutscht. Ich habe 3 Jahre die Handelsschule besucht. Da ich immer schon modisch orientiert war, bin ich in eine Clique gekommen, die die Modeszene geprägt hat. Dort hatten wir auch 3 Friseurlehrlinge dabei und irgendwann hieß es: Kannst du nicht mal Modell sein? Nun gut, zuerst bist du Modell, bist auf der Bühne, am Laufsteg und hast tolle, hübsche Leute um dich herum, die auch ein bisschen anders sind. Das hat mir gefallen und so hab ich mir gedacht, das möchte ich werden. Ich hab mir gedacht, das mit den Friseuren das ist was anderes: da ist Kreativität dabei und Handwerk, da kann ich richtig was bewegen. Dann bin schnuppern gegangen und war beim ehemaligen Innungsmeister, beim Herrn Decker in der Lehre, wo ich viel gelernt habe. Der Decker hat einfach gesehen, dass ich Haare schneiden kann und hat gesagt: „Du, gib den Putzfetzen weg und schau mir über die Schulter!“ So hab ich das Handwerk gelernt, da hat´s noch keine Schulungen, wie heut gegeben. Über ihn kam ich schließlich auch zum Preisfrisieren und in den Modebeirat.

Und wie kamen Sie zur Innung?
Ursprünglich über den Fach- und Modebeirat - das ist hier bei uns im Ländle ein Verein, ähnlich der Akademie, über das Preisfrisieren. Dank meiner guten Ausbildung kam ich ziemlich schnell über den Beirat zum Wifi und hab dort die ersten Kurse gegeben. Das Wifi hat immer schon gut mit der Wirtschaftskammer kooperiert. Dazumal war der Peter Schenk Innungsmeister, und immer auf der Suche nach guten Leuten im Ländle und irgendwie ist er dann auf mich aufmerksam geworden. Mit 22 Jahren, die ich damals war, bist du kein Visionär, du bist ein junger Bursch, der Träume hat von Paris, vom Arbeiten im Ausland … Die Innung war da kein Thema. Dennoch gab es ein Erstgespräch mit Peter Schenk, ich hab mir das angeschaut und wurde schließlich vom Innungsausschuss auf einer Fachgruppentagung in Abwesenheit reingewählt. Dann war ich drin, in der Innung, mit 22.

Wie war Ihre Reaktion, als Sie anonym in die Innung gewählt wurden?
Ein Spaß, oder? Als junger Mensch denkst du ok, du machst die Lehre, die Abschlussprüfung, die Meisterprüfung… mein Ziel wurde dann, nach oben zu kommen, ob beim Preisfrisieren, oder als Chef im Unternehmen. Und irgendwann hab ich mir gesagt, mein oberstes Ziel wäre auch die Innung.

War es schwierig in die Fußstapfen eines Herrn Schenk zu treten?
Peter Schenk war immer schon einer, der seinen Willen durchgesetzt hat. Ich war mit 22 im Ausschuss und hab natürlich ein bisserl mitlernen können. Ich war ja, als ich 2010 Innungsmeister wurde, schon 20 Jahre dabei und hab gewusst, wie der Hase rennt. Und der Peter Schenk hat vor 5/6 Jahren zu mir gesagt: Du wirst mein Nachfolger! Peter Schenk hat mich ständig auf die Sitzungen mitgenommen, man kennt dich dann eben … er hat mich Stück für Stück eingeführt in dieses Gefüge. Das Amt, das Erbe, das war für mich dann relativ einfach.

Gab es auch Momente in dieser Innungszeit, in der Sie gedacht haben, diese Entscheidung hätte ich jetzt anders getroffen?
Das ist im Nachhinein schwer zu beantworten: Was wäre wenn? Ich denke, dass wir hier am Land relativ gut aufgestellt sind. Der Schenk hatte als IM immer einen guten Fokus auf den Ausschuss, auf Lehrlingsausbildung, aufs Kurswesen mit guten Trainern im Wifi, gute Kooperation mit der Berufsschule, mit der Lehrschaft und der Innung und den Unternehmen – mehr brauchst du heute nicht. Wenn es den Unternehmen gut geht, geht es auch den Lehrlingen gut. Und wenn der Draht zwischen Unternehmen und Innung passt, dann hast du´s geschafft.

Gibt es Dinge, die Sie jetzt anders machen, wo Sie sagen, das ist mein Fingerabdruck?
Natürlich gibt es hier und da mal kleine Dinge zu entscheiden. Aber der große Pfad ist gelegt und den gehen wir weiter. Wir haben ja in der Innung unseren Ausschuss und ich bin ja kein Diktator, ich bin ein Teamplayer. Wir haben unsere Arbeitskreise in der Innung, die zum einen auf die Werbung, auf die Öffentlichkeitsarbeit abzielen und zum anderen auf die Aus- und Weiterbildung. Wenn du also eine Veranstaltung machst, wie diese letztens im Casino Bregenz und du hast keine Presse dabei, dann wird das nicht gehört und nicht gesehen.

Wie schauts mit dem Friseurimage und dem Nachwuchs in Vorarlberg aus?
Ich glaube, dass wir das Ganze schlechter reden, als es eigentlich ist. Ich denke, dass wir hier – ich geh da jetzt immer vom Vorarlberg aus – gar nicht so ein schlechtes Image haben. Wir haben eine gute geografische Lage durch die Nähe zu Deutschland, wir haben kein Polen, Tschechien, Slowenien… als Nachbarn. Und haben deshalb ein anderes Preisgefüge und dadurch sicher noch ein etwas höheres Lohnniveau; nicht vom KV aus, aber wir zahlen sicher noch besser, als andere Bundesländer.
Zum Nachwuchs: Wir haben eine neue Werbekampagne geschalten: „Karriere mit Schere - das hat Style“. Wir sind damit in den Kinos, machen Öffentlichkeitsarbeit in den Schulen.

… ausschließlich Haupt- und Mittelschulen?
Ja, schon Haupt- und Mittelschulen. Für mich persönlich sind die Noten sekundär, für mich zählt eher das Talent, als ein Maturaabschluss. Aber es wird natürlich nicht leichter mit dem Nachwuchs. Bei uns kommen jetzt die geburtenschwachen Jahrgänge und z.B. die Metallindustrie macht uns mit Slogans wie: „Mädchen in die Technik“ schon das Leben schwerer. Dass jedes Mädchen automatisch Friseurin wird, ist nicht mehr. Aber ich glaube, du kannst viele Impulse geben und einen Beruf nur schmackhaft machen, wie du ihn selber lebst. Wenn du offen bist, wenn du Spaß hast, wenn du sagst, ok, das hat Style, ich kann mich hier ausleben und dann noch in einem tollen Salon stehst, dann sag ich wow, das ist doch schön!
Oder z.B. die hair@work, letztens in Mannheim, ich hab mir da das Finale angeschaut. Wenn du das alles ein bisserl plakativer machen kannst, wenn du da die Jugend hin bekommst, dieses tolle Event transportieren kannst - das motiviert doch. Du siehst tolle Models, tolle Shows – das stärkt das Image! Das ist unsere Branche!

Also, keine Probleme beim Nachwuchs in Vorarlberg?
Ganz klar, die Masse ist nicht mehr da. Früher hattest du 20 im Jahr, die sich bei dir vorstellten, heut hast du 5. Aber es hat jeder genug Lehrlinge, nur die Nachfrage hat eben nachgelassen. Ich glaube einfach, der junge Mensch sucht sich selbst den Betrieb aus in dem er seine Ausbildung machen will. Und jeder verdient sich seinen Lehrling selbst. Wenn du als Unternehmen die entsprechende Aussage hast, dann hast du auch die Lehrlinge und die besseren Lehrling

Sie sind ja auch Unternehmer, haben einen 240 m2 großen und schönen Salon in Götzis. Wie sieht es hier Mit der Förderung ihrer Mitarbeiter aus?
Wir haben regelmäßige Trainingsabende für Lehrlinge, nutzen das tolle Kursangebot im Wifi und machen „Belohnfahrten“, wie z.B. zur Austria Hair.

Sie sind auch bei den Intercoiffeuren - warum?
Vereinsmeierei liegt mir eigentlich nicht, außer bei der Innung.
Die Intercoiffeure waren für mich immer ein seperater Kreis von Friseuren auf hohem Niveau, die sich für Mode Interessieren, sich weiterbilden, austauschen, international vernetzen und die, denke ich, auch ein gutes Image bei den Leuten haben und eben auch etwas anderes sind. Es ist schön, mit den Intercoiffeuren zusammen zu kommen.

Innungsmeister zu sein beinhaltet wirtschaftliche und öffentliche Präsenz, aber auch arbeitstechnischer Mehraufwand. Was sind die Vorteile als Innungsmeister?
Als Innungsmeister bist du die erste Ansprechperson, wenn es um Friseure geht. Und wenn es um eine branchenspezifische Aussage geht, dann kommt man zuerst einmal zu dir und das verschafft dir einen Bekanntheitsgrad, ohne dafür etwas zahlen zu müssen. Du musst nur abwiegen, ist es dir die Zeit wert, die du für die Innung arbeitest?
Aber Innungsmeister wirst du ja nur, wenn du wirklich etwas tun willst für die Branche, oder? Aber ich bin halt Friseur aus Leidenschaft. Natürlich hätte ich auch zu einem Fussballverein gehen können.

Vorarlberg tickt anders! – Ein Vorurteil?
Wir sind anders! Da gibt es, z.B. mal die sprachliche Barriere. Der Vorarlberger versteht alle anderen, nur ihn versteht keiner. Ansonsten sind wir ein sehr strebsames Volk, sesshaft, arbeitsam und richtige Häuslebauer.
Man könnte auch sagen: Ich bin Vorarlberger und das ist ein gutes Ticket!

Was glauben Sie, werden die größten Herausforderungen der nächsten Jahre für die Branche sein?
Das Preisniveau! Wir hier in Vorarlberg haben eine gute Ausbildung, ein super Niveau, aber wir verkaufen uns nach wie vor zu billig! Unsere Dienstleitung ist Gold Wert, wir müssen aufhören unsere Dienstleistung zu verschenken! Eine große Herauforderung, aber es ist legitim, auch mal die Preise zu erhöhen, anzupassen. Der Kunde zahlt mehr, wenn die Leistung passt! Und die Unternehmer können mehr zahlen, wenn die Kunden mehr zahlen.

Interview: Katja Ottiger & Raphaela Kirschnick