Karin Wagner ist seit Januar 2023 Landesinnungsmeisterin der Friseure in Kärnten | Credit: Caroline Knauder Fotografie

01.02.2024

Die Meinung, alle Schüler sollten auf weiterbildende Schulen, ist längst überholt

Wirtschaft ins Klassenzimmer - ein Projekt macht immer wieder Schule. LIM Karin Wagner traf als Friseur-Vertreterin Jugendliche zum Speed-Dating in Kärnten. Ihr Resümee …

"Die Pisa-Studie rechnet genau aus, wie gut jemand mit 14 Jahren rechnen kann, aber nie hat jemand versucht, mal auszurechnen, wie gut eigentlich Schüler mit den Händen sind. Das ist eine Ungleichbehandlung.“ Philosoph und Autor Richard David Precht spricht beim ►imSalon Zukunftskongress in Berlin aus, was viele im Handwerk denken.

Speed-Dating fürs Handwerk

Und weil Jugendliche oft nicht wissen, welchen Weg sie beruflich gehen möchten und wie die wirtschaftliche Situation in ihrem Umfeld eigentlich ausschaut - welche Ausbildungsbetriebe, Arbeitsmöglichkeiten und Berufschancen es gibt – ist das Projekt „Wirtschaft ins Klassenzimmer“ eine der Möglichkeiten, Jugendlichen neue Wege aufzuzeigen, falsche Berufsentscheidungen und das Beenden von Arbeitsverhältnissen bestmöglich zu verhindern. 

Das Projekt bringt Schulen, Betriebe und Vertreter der Wirtschaft und des Handwerks zusammen. Der Berufsalltag wird für die Jugendlichen sichtbar, Fähigkeiten können ausgelotet und Vorurteile abgebaut werden.

Die WKK St. Veit und Feldkirchen starteten Mitte Jänner mit solch einer Aktion in Kärnten und luden in die Turnräume der Volksschule Glanegg. Aus den umliegenden Mittelschulen und Gymnasien kamen interessierte Schülerinnen und Schüler mit eigenen Bussen zum Veranstaltungsort. 44 Betriebe aus verschiedensten Branchen waren vertreten, die Jugendlichen konnten vorab Termine für die 10-minütigen Kennenlerngespräche mit den jeweiligen Unternehmen vereinbaren.

Die Landesinnungsmeisterin Karin Wagner war in Vertretung für die Kärnter Mitgliedsbetriebe vor Ort und stand den interssierten Jugendlichen Rede und Antwort zum Friseurberuf.

Ihr Resümee im Gespräch mit Katja Ottiger
 

Karin, was ist dein Feedback zum Projekt „Wirtschaft ins Klassenzimmer“?
Karin Wagner:
Ich finde dieses Projekt sehr gut und auf jeden Fall einen großen Schritt in die richtige Richtung. So können wir im persönlichen Gespräch über die verschiedensten Lehrberufe aufklären und den Jugendlichen diese transparenter machen. Auch die Schulen sind sehr offen und unterstützen das Projekt. Die Meinung, dass alle Schülerinnen und Schüler in weiterführenden Schulen gehen sollten, ist längst überholt.

Was wissen Jugendliche über den Friseurberuf, welche Vorurteile gibt es?
KW:
Die Meisten sind sehr gut über den Friseurberuf informiert, trotzdem bin ich froh, die Gelegenheit zu haben, den Jugendlichen alle Seiten des Berufes nahebringen zu können. Man muss ihnen bewusst machen, dass es hier nicht „nur" ums Haareschneiden und Locken machen geht, sondern dass der Beruf sehr weitreichend ist und dass man Menschenkenntnis, psychologische Eigenschaften, räumliches Denken und kreative Fähigkeiten braucht.

Durch das direkte Gespräch kann ich auch das Vorurteil des geringen Verdienstes aufheben. Vor allem nach den letzten und folgenden ►Lohnanpassungen steht unser Beruf auf keinen Fall mehr hinten an und man hat zusätzlich die Möglichkeiten der leistungsbezogenen Entlohnung. 

Was sind die häufigsten Fragen der Jugendlichen?
KW:
Die Fragen richten sich konkret nach den einzelnen Dienstleistungen, die zu erlernen sind. Da kann ich gut anknüpfen und die vielen Möglichkeiten aufzeigen, die wir als Stylistin und Stylist haben.

Von einer guten Basis-Ausbildung über die Spezialisierung (Schneiden, Färben, Haarerweiterung…) bis hin zur Selbstständigkeit, Franchise, Lehrausbildung; die Arbeit bei Film, Fernsehen, Theater oder im Innen- und Außendienst der Industrie, auf Kreuzfahrtschiffen, als Lehrerin oder Trainer und ja, auch als Social Media Expertin oder Experte. Die Möglichkeiten sind ja wirklich vielfältig.

Ausgehend von diesem Projekt: Warum entscheiden sich Jugendliche gegen eine Friseurausbildung?
KW:
Ich sehe nicht, dass sich Jugendliche gegen den Friseurberuf entscheiden, sondern eher die vielfältigen Möglichkeiten unserer Zeit ausschöpfen. Die Zahl unserer Azubis in Kärnten steigt in den letzten 2 - 3 Jahren kontinuierlich an, das werte ich als sehr positiv. Bei den Jugendlichen aus meiner Gruppe, das waren 12, gab es eine Person, die sich eigentlich für einen anderen Beruf interessierte. Nach unserem Gespräch war Interesse geweckt. Sie nahm sich unseren Lehrlingsfolder mit und die Liste der Betriebe aus Kärnten die sich, nach unserer Anfrage durch das Innungsbüro, als Lehrlingssuchend gemeldet hatten.

Nun warst du als Vertreterin der Kärntner Friseurbetriebe vor Ort – wie geht es weiter mit diesem Projekt in Kärnten? 
KW:
Ich habe den Part stellvertretend für die Ausbildungsbetriebe in Kärnten übernommen, Ich weiß, dass unsere Unternehmen diesen Mehrwert schätzen, denn nur so können wir die Jugendlichen begeistern und in ihrer Berufswahl unterstützen. Vorteilhaft wäre es gewesen, wären Lehrlingssuchende Betriebe direkt vor Ort gewesen."
Dieses Projekt wird im nächsten Jahr auf jeden Fall wieder stattfinden. Wir haben in Kärnten durch die BBOK weitere Projekte im Frühjahr und im Herbst in den einzelnen Schulen/Klassen, bei denen uns die FBS2 vertritt, und auch einzelne Unternehmer in den Bezirken. Ausbildungsbetriebe können sich gerne an dieser Zusammenarbeit beteiligen und speziell ihren Betrieb präsentieren!