01.07.2014

Doppelhofer&Steininger: Duo Kreativ

Der Name ihres Geschäftes lässt sich mit gehobener Schneidekunst interpretieren und "Hair Couture" meint genau das: Mit ihrem Salon am Grazer Lendkanal verwirklichen sich Jochen Doppelhofer und Günter Steininger ihren Traum von Selbstständigkeit und Selbstbestimmung.

Die beiden Individualisten gehören einer Generation an, die für cooles Understatement steht, für persönlichen Stil fernab des Mainstream. Ihr Salon ist hell und groß, mit hohen Decken. Altes Parkett, Ziegel und Stahlträger harmonieren mit spartanischer Einrichtung, EU Paletten und Kronleuchter werden zu Blickfängern. Hier ist Raum für Kreativität und künstlerisches Handwerk.

Nach Ausbildung und ersten Jobs in unterschiedlichen Unternehmen und bei TONI&GUY, nach Auslandsaufenthalten und Erfahrungen mit Fashionshows und Shootings, entschieden sie sich 2012 für ihr eigens Geschäft. Obwohl zu diesem Zeitpunkt erst 21 und 23 Jahre alt, scheint dieser Plan ein guter zu sein. Der Kalender ist voll und seit 2012 stehen Doppelhofer&Steininger auch als Freelancer für TIGI haircare auf den - bislang noch heimischen - Bühnen.
 

Fakten


1 Salon | 1 Mitarbeiterin | 1 Lehrling

seit 2012 Unternehmer

seit 2012 Freelancer für Tigi




imSalon.at: Was ist Hair Couture für euch?
Jochen: Mode und Schneiderei und Haare.
Günter: Couture ist Avantgarde, ausgefallen, besonders.

imSalon.at: Entspricht das eurem eigenen Stil?
Günter: Ich seh uns beide als sehr, sehr modeorientiert und individuell. Ich würde unseren Stil als klassisch modern bezeichnen.

imSalon.at: Wolltet ihr beide immer Friseur werden?
Günter: Für mich war das klar, als ich mit 15 zum ersten Mal in den Job hinein geschnuppert hab.
Jochen: Mein Onkel und mein Cousin sind beide Friseure gewesen. Ich hab das eigentlich immer gewollt. Mode und Haare, das war immer schon „klass“ für mich.
 

„Das ist dann der Schritt für die nächsten 50 Jahre.“



imSalon.at: Ihr kennt euch aus Jugendtagen, hattet den gleichen Freundeskreis und mit TONI&GUY auch berufliche Gemeinsamkeiten. Als ihr euch so jung für ein eigenes Geschäft entschieden habt: Gab es Zweifler im Familien- und Bekanntenkreis?
Günter: Ja schon. Die, die gesagt haben: „Das ist dann der Schritt für die nächsten 50 Jahre.“ Das hat uns erschreckt. Aber wir genießen unsere Selbstständigkeit und können uns nicht vorstellen, je wieder angestellt zu arbeiten.

imSalon.at: Hattet ihr nie Zweifel, dass ihr das schaffen könnt?
Unisono: Nein.

imSalon.at: Was ist mit Unstimmigkeiten?
Jochen: Wir sind extrem harmonisch. Da hat es noch nie einen triftigen Streit gegeben. Ich streit schon gern mal und diskutier was aus, aber bis jetzt hatten wir das noch nie. Wenn wir unterschiedlicher Meinung sind, dann reden wir halt drüber, ganz normal, aber das ist dann auch schon alles.

imSalon.at: Habt ihr klar definierte Aufgabengebiete im Geschäft?
Günter: Klar definiert gibt es nicht. Wenn einer eine Arbeit sieht, dann macht er sie.

imSalon.at: Wie wichtig sind euch euer gemeinsamer Freundeskreis und die Zeit, die ihr dort abseits vom Geschäft miteinander verbringt?
Jochen: Sehr wichtig. Wenn wir gemeinsam am Wochenende zusammen unterwegs sind, eine gute Zeit miteinander hatten, dann bin ich am nächsten Morgen im Geschäft immer total motiviert.
Günter: Im Geschäft ist es ja so, dass wir so viel um die Ohren haben, da bleibt für Privates kaum Zeit.
 

"Wenn ich mich dabei erwische, dass ich schlampig werde beim Schneiden oder beim Abteilen, dann flieg ich wieder rüber nach London."



imSalon.at: Auf eurer Homepage sprecht ihr von hochqualifizierten Mitarbeitern. Wie haltet ihr euch handwerklich fit?
Jochen: Wenn ich mich dabei erwische, dass ich schlampig werde beim Schneiden oder beim Abteilen, dann flieg ich wieder rüber nach London.
Günter: Man lernt ja nicht durch Friseurseminare, sondern auch durch Interessieren, durch Modenschauen, durch das, was man auf der Straße sieht. Bei TONI&GUY und auch bei TIGI gibt es diese 8 oder 10 Classic Cuts, wenn du diese Basics hast, dann kannst du eigentlich eh alles schneiden. Das andere ist das Beobachten, die Frage, wie fällt und formt sich das Haar.

imSalon.at: Und wie sichert ihr die Qualität der Mitarbeiter?
Jochen: Im Endeffekt geben wir weiter, was wir bei unseren Akademie-Ausbildungen gelernt haben.
Günter: Uns ist es wichtig, dass wir „Chefs“ unsere Mitarbeiter selbst schulen und dabei eine Linie fahren. Und es nicht passiert, dass ein weniger erfahrener Mitarbeiter sein Wissen an den Jüngeren weiter gibt.

imSalon.at: Nach all diesen Schulungen in London: War es jemals Thema, einen TONI&GUY Salon zu eröffnen, vielleicht als Franchise-Nehmer?
Jochen: Nein, für mich nicht.
Günter: Nun, da ist es schon so, dass empfohlen wird, in welchem Stil du dich kleiden und welchen Haarschnitt du selbst tragen solltest. Das käme für mich nicht infrage. Und auch nicht, dass die Stylisten beispielweise auf einem bestimmten Gebiet spezialisiert sind. Farbe, Schnitt … Das würde mich persönlich zu sehr einschränken, in dem, wie ich arbeiten möchte.

imSalon.at: Schneiden, Farbe, Hochstecken – gibt es trotzdem eine Präferenz?
Jochen: Für mich ganz klar das Schneiden.
Günter: Ich finde, wir sind beide Advanced-Talente. Wir machen ja alles - außer Dauerwelle!

imSalon.at: Keine Dauerwellen bei euch?
Jochen (schmunzelt): Wir drehen auch schon viel auf Wickler, halt ohne Präparat, als einmaliges Styling sozusagen.

imSalon.at: Ist es die logische Konsequenz, wenn man beruflich viel Zeit in London verbracht hat, sich dann für TIGI zu entscheiden?
Jochen: Wir haben TIGI ja auch schon in London kennen gelernt. Das war damals gerade die Kippe wo bei TONI&GUY auf label.m umgestellt wurde. Wir hatten anfangs auch andere Marken im Geschäft, aber TIGI war immer schon dabei.

imSalon.at: Wie seid ihr auf die TIGI-Bühnen gekommen?
Günter: Ich bin ganz gut mit Bernhard Kölbl befreundet (gebürtiger Grazer und TIGI Int. Education Manager, Anm.) und als er sein Education Team für Österreich zusammengestellt hat, hat er bei uns angefragt.
Jochen: Wir sind für TIGI auf der Bühne, aber nur unter unserem eigenen Label Doppelhofer&Steininger, als Freelancer. Das ist uns wichtig.
Günter: Wir würden keine Salonschulungen machen wollen, bei denen wir vorwiegend über Produkte reden müssten.
 

"Ich sehe nicht ein, warum der Lehrherr bei der Schulgestaltung kein Mitspracherecht hat"



imSalon.at: In einem Satz: Was verbindet euch mit TIGI?
Jochen: Ich seh uns einfach in dem Stil ...
Günter: … und mit dem können wir uns identifizieren.

imSalon.at: Abschließend: Was wünscht ihr euch von der Branche für die Branche?
Günter: Dass die Berufsschule geändert wird. Dass sie nicht durchgehend ist, sondern wieder wöchentlich.
Jochen: Dass mehr Rücksicht auf kleinere Unternehmen genommen wird. Wir haben einen Lehrling, der jetzt in den 2 Monate Turnus geschickt wurde und weil eben auch noch so viele Feier- und Fenstertage dazu kommen, fehlt er uns mehr oder weniger 4 Monate im Geschäft. Ich sehe nicht ein, warum der Lehrherr bei der Schulgestaltung kein Mitspracherecht hat.
Günter: Das erste Lehrjahr gehört überhaupt gestrichen. Ich versteh nicht, warum der Lehrling so viel in die Schule muss, wo er doch im Geschäft so viel mehr lernen würde. Natürlich ist es wichtig, die Berufsgrundlagen zu lernen. Aber das kannst du doch im 2. Jahr immer noch. Es werden so viele Dinge bevorzugt verlangt, die keinen Sinn mehr machen. Natürlich muss der Lehrling das alles wissen, aber sinnvoll gewichtet.
Und das Wichtigste: Letztendlich braucht jeder Lehrling die Unterstützung vom Salon, sonst kann er kein guter Friseur werden. Aber das ist wieder ein anderes Problem.

Fotocredit: Doppelhofer&Steininger

Das Interview führte Katja Ottiger

Juli 2014