02.06.2014

Daniela Baumann: Herzlichst Lehrverpflichtet

Sie kennt das Unternehmen Sturmayr Coiffeur von Grund auf. Die gebürtige Grazerin hat ihre Lehre dort gemacht, ist anschließend gleich als Stylistin im Unternehmen eingestiegen und geblieben.

Das war vor beinahe 20 Jahren. Mittlerweile hat sie Salonalltag gegen Schulalltag getauscht und trainiert mit Herz und Leidenschaft den Nachwuchs in der hauseigenen Academy.
Herausforderung Lehre, Ausbildungsmüdigkeit, Image polieren... Wir fragten nach.


Daniela, du hast als Lehrling bei Sturmayr Coiffure begonnen. Nun sind Training und Ausbildung der Lehrlinge deine Aufgabengebiete. Was steckt hinter deinem Job?
Den Lehrlingen das salonspezifische Know-how und die Standards unseres Unternehmens vermitteln. Fachliches Wissen theoretisch und praktisch weiter geben und die individuelle Persönlichkeitsentwicklung der Lehrlinge fördern.

Ein Großteil davon geschieht in der Sturmayr Academy. Wie kann ich mir hier die Koordination zwischen Berufsschule, Salon und Academy vorstellen?
Wir bei Sturmayr Coiffure haben ein 3 Komponenten Ausbildungsprogramm:
Die Berufsschule vermittelt das fachliche Grundwissen und die Allgemeinbildung.
Im Salon findet die direkte Arbeit am Kunden statt und das Eingehen auf individuelle Wünsche und Anforderungen.
Und in der Sturmayr Academy werden spezifisches Wissen und spezielle Techniken des Unternehmens vermittelt, wie Schneide-, Färbe- und Welltechniken oder auch das Showfrisieren.
Im Abstand von ca. 4-6 Wochen sind die Lehrlinge einen Tag lang bei mir in der Academy. Ansonsten gleichwertig in Berufsschule und Salon.

Wie viele Lehrlinge betreust du derzeit?
Momentan etwa 90.
 

"Vorstellungsvermögen und gute Umgangsformen sind notwendig, um mit Kunden kommunizieren zu können."



Die Sturmayr Friseure sind auf vielen Events „zu Hause“. Werden auch Lehrlinge in diese Show-Arbeiten einbezogen und wie schaut es dabei rechtlich aus, punkto: Arbeiten in der Freizeit?
Wenn ein Lehrling den Wunsch hat, bei Shows, Events oder einem Shooting dabei sein zu wollen, kann er natürlich freiwillig assistieren. Das ist überhaupt kein Problem. Aber direkt fachlich an einem Modell arbeiten, das geht noch nicht, allein schon aus dem Grund, weil solche Eventfrisuren große Kompetenz erfordern.

Seit 7 Jahren trainierst du den Nachwuchs. Wo siehst du heute die besonderen Herausforderungen bei der Lehrlingsausbildung?
Ganz klar in der Persönlichkeitsentwicklung und beim direkten, höflichen Umgang der jungen Leute mit Menschen.
Wir registrieren gerade hier eine allmähliche Veränderung der Jugendlichen, weil sie nur noch durch technische Geräte miteinander kommunizieren. Da sind wir stark gefordert.

Der Umgang mit Technik und Social Media bedeutet aber auch gleichzeitig breite Vernetzung. Spiegelt sich das auch im Suchen und Finden von Lehrstellen und Ausbildern wider? Was ist hier deine Erfahrung?
Die Jugendlichen kommen über das Internet und über die Freunde zu uns. Aber auch der Ruf eines Unternehmens und seine Angebote, wie Aus- und Weiterbildungsprogramme, sind hier ausschlaggebend.
 

"Das Lehrlingsfrisieren ist darauf ausgerichtet, klassische Kunstfrisuren zu erstellen. Farben und Styling sind zudem meist so außergewöhnlich, dass es schwierig ist, hierfür Modelle zu finden."



Aktuell steht der Bundeslehrlingswettbewerb in den Startlöchern. Bei Sturmayr Coiffure hat Preisfrisieren einen hohen Stellenwert, s. Trend Vision Award oder Hairdressing Award und allem voran der hauseigene Sturmayr Award. Warum nicht Lehrlingsfrisieren?
Bei den internationalen Bewerben und bei unserem Sturmayr Award liegen die Anforderungen vor allem in der modischen, zeitgemäßen Umsetzung von Föhn-, Schnitt- und Farbtechniken, die auch direkt am Kunden umgesetzt werden können.
Das Lehrlingsfrisieren ist darauf ausgerichtet, klassische Kunstfrisuren zu erstellen. Farben und Styling sind zudem meist so außergewöhnlich, dass es schwierig ist, hierfür Modelle zu finden.

Und wie klappt es hier mit der Motivation?
Die jungen Leute motivieren sich gegenseitig. Sie sehen, dass die konzentrierte Auseinandersetzung mit dem Thema Haar sie fachlich schnell weiterbringt und die Anerkennung von Kunden und Berufskollegen unmittelbar folgt.

Es wird immer viel über die Verbesserung des Friseurimages gesprochen und darüber, den dringend notwendigen Branchennachwuchs zu akquirieren. Was können wir tun?
Wir müssen den jungen Leuten bewusst machen, wie hoch der Stellenwert des stilvollen Äußeren ist. Für das Selbstbewusstsein und die Sicherheit im Auftreten eines Menschen ist eine gepflegte Frisur von großer Bedeutung, sie komplettiert das Gesamtbild.
Wir müssen zeigen, was dieser Beruf zu bieten hat. Dass Vorstellungsvermögen und gute Umgangsformen notwendig sind, um mit Kunden kommunizieren zu können. Dass dieser Beruf permanente Lernbereitschaft fordert und die Freude am direkten Kundenkontakt.
 

"Ohne fundierte Ausbildung fehlen uns in Zukunft die Fachkräfte."



Das Thema Ausbildungsmüdigkeit macht derzeit die Runde. Immer mehr Unternehmer spielen mit dem Gedanken, nicht mehr ausbilden zu wollen. Was sagst du diesen?
Über andere Unternehmen können wir nichts sagen. Aber die in unserem Unternehmen hat die Ausbildung einen hohen Stellenwert! Denn ohne fundierte Ausbildung fehlen uns in Zukunft die Fachkräfte!

Stehst du eigentlich selbst noch im Salon?
Ja, einmal in der Woche. Ich bin mit Leib und Seele Friseurin! Ich möchte meine Kunden und mich selbst glücklich machen, in dem ich mein hart erarbeitetes Wissen und Können auch am Kunden umsetzte.
Und ich habe Einblicke in den Salonalltag, was ich für wichtig halte.

Bei deinem Pensum - Wie schaffst du deinen persönlichen Ausgleich?
Indem ich mir jeden Tag eine Stunde Zeit für mich nehme und Dinge tue, bei denen ich mich gedanklich ausklinken kann.

Das klingt nach dem Idealfall. Abschließend: dein Tipp an junge Friseure?
Nie an sich selbst zweifeln! Ziele setzten! Kritik immer positiv sehen!
Nur so kann man wachsen.

 


Das Interview führte Katja Ottiger

Juni 2014