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05.05.2023

Zeitpreise als Zukunftsmodell im Salon

Friseurfreund und Unternehmensberater Thomas Langer zeigt auf, weshalb Baukastenpreise out sind und man, um zukunftsfähig zu bleiben auf andere Modelle wie Paketpreise oder Zeitkalkulation umsteigen sollte.

Preiskonzepte für die Zukunft

von Friseurfreund Thomas Langer

Schneiden + Föhnen + Ansatzfarbe + Materialzuschlag + 15 Foliensträhnen + Neutralisierung + Glossing + Haarkur + Längenzuschlag + Energiezuschlag + Hygienezuschlag … macht zusammen … Oh Nein, ich habe den Augenservice vergessen! … zu spät.  Genervt? Gewohnt? Erschrocken?

Ich skizziere hier eine Salonrealität, die in einem Großteil der Friseurunternehmen in Deutschland gelebt wird. Woher weiß ich das? Ich bin seit 25 Jahren in der Branche unterwegs und kenne sehr viele Unternehmen. Meine Mission als Friseurfreund.biz: Ich möchte die Arbeitskultur in Friseurunternehmen verbessern.Das Preiskonzept gehört unbedingt dazu. Es hat grundlegende Auswirkung auf die Arbeitsweise von Friseuren, es sollte beflügeln, nicht behindern.

Es gibt Preiskonzepte, welche die Qualität verbessern, Kundenbegeisterung ermöglichen und den Umsatz erhöhen, und ergibt andere, die dies nicht tun.

Wieso das so ist? Und was sind die besten Alternativen? Darum gehts in diesem Artikel.

Baukastenpreise sind out

Beginnen wir mit Gewohntem. Baukastenpreise, wie ich sie eingangs beschrieb, kenne ich seit meiner Friseurausbildung im Jahr 1998. Und es gibt natürlich wirkliche Vorteile dieses Preiskonzeptes. Vor allem zahlt jeder Kunde nur das, was er auch wirklich bekommen hat. Das Argument lasse ich gelten. Und die Preiskalkulation ist sehr detailliert möglich. Stimmt auch. Die Aufgeblähtheit der mir bekannten Baukastenpreislisten zeigt jedoch, dass selbst die feinste Untergliederung einer Preisliste die hochindividuellen Kundenwünsche in der Salonrealität nicht abbilden kann. Ein gern genommenes Beispiel aus Baukastenpreislisten: Strähnen. 15 Folien für 31€, 25 Folien für 35€, 35 Folien für 42€. Oder Pflege: Spülung 3€, Leave-In 4€, Maske 5€, Premium Maske 6€. Und Tönung, Farbe und Premiumfarbe haben auch unterschiedliche Preise. Von den ganzen Zuschlägen ganz zu schweigen. Gewohnt sind wir das. Aber ist es noch zeitgemäß? Passt das zu den wirklichen Bedürfnissen der Beteiligten in einem Friseursalon?

Was wollen unsere Kunden? Sie wollen einen individuellen und begeisternden Look, sie wollen eine gute Zeit mit ihrer(m) Stylistin(en) verbringen und sich hinterher einfach besser fühlen. Und das zu einem klaren, vorhersehbarem Preis.

Was wollen FriseurInnen? Sie wollen ihren Kunden ihre Wünsche erfüllen, kreativ das Beste aus dem machen, was ihnen der Kunde mitbringt und möglichst frei in ihren Entscheidungen und Handlungen ihr Kunsthandwerk leben.

Was wollen die Unternehmensgestalter? Begeisterte Kunden, die höchste Qualität bekommen, glückliche Mitarbeiter und dass die richtigen Preise für die Dienstleistung abgerechnet werden.

Baukastenpreise behindern die Erfüllung dieser Bedürfnisse. Aus meiner Sicht das größte Problem: Baukastenpreise stehen der Kundenbegeisterung und damit der Preisakzeptanz der Kunden im Weg. Warum? Bei einem Baukastenpreiskonzept muss der Friseur jede zusätzliche Dienstleistungsidee dem Kunden gegenüber preislich rechtfertigen, sie dem Kunden „verkaufen“.
Ja, es gibt FriseurInnen, die damit überhaupt kein Problem haben. Sie haben das nötige Standing, den nötigen Selbstwert und selbst überhaupt keine Angst vor hohen Preisen. Ich kenne da auch ein paar. Aber die meisten Kollegen scheuen sich vor dem Anbieten von Zusatzdienstleistungen, denn der Preis steigt mit jeder Empfehlung. Das frustriert viele Friseure.

Credit: Thomas Langer

Ein Beispiel: Eine Kundin möchte eine neue globale Haarfarbe, ihre neue Traumfarbe! Diese Traumfarbe ist einen Ton heller als ihre aktuelle Farbe. Die FriseurIn müsste also eine Softblondierung als Zusatzdienstleistung anbieten. Denn es geht ja um die Begeisterung der Kundin. Das kostet ABER extra. Liebe Kundin, wollen wir das machen? Na ja, nee, lass uns machen wie immer. Die Entscheidung über den fachlichen Prozess wird über die „Preisfrage“ an den Laien, den Kunden, übertragen. Fatal.

Kundenbegeisterung ade, Preisakzeptanz auch. Frust auf beiden Seiten.

Ein weiterer großer Nachteil der Baukastenpreis ist die mangelnde Preisklarheit für den Kunden und für den Friseur. Denn je länger die Kassenbons, siehe Beginn dieses Textes, desto offener stehen die Türen für Vergessenspreise, Freundschaftspreise oder Angstpreise. Außerdem erlebe ich oft, dass Teamkollegen über die unterschiedliche Auslegung derselben Baukastenpreisliste auf unterschiedliche Preise kommen, und das beim gleichen Look. Preisunklarheit führt zu Unsicherheit, Anspannung, Vertrauensverlust und zu Kundenverlust.

FAZIT Eine Lösung sind Preiskonzepte, die für die Zukunft taugen, in dem sie die Bedürfnisse aller Beteiligten erfüllen. Paketpreise und Zeitpreise können das deutlich besser als Baukastenpreise.

Paketpreise als Alternative

Bei Paketpreisen bucht die KundIn ihr Ergebnis. Zum Beispiel Globale Farbe mit Strähnen inkl. Pflege, Schnitt und Styling, 180€ . Die Kundin zahlt bei Paketpreisen immer das Gleiche für ihren Look, auch wenn einmal eine Zusatzdienstleistung wie zum Beispiel eine Softblondierung gemacht werden muss. Denn über eine Mischkalkulation ist in jedem Farbpaket ein Teilpreis einer Softblondierung eingepreist. Der Friseur muss nichts verkaufen, der Laie Kundin muss nichts entscheiden, das Ergebnis wird perfekt sein!

Zeitkalkulation ist zukunftsfähig

Die Weiterentwicklung dieses Preiskonzeptes sind Zeitpreise. Die Kundin bucht Zeit mit ihrer FriseurIn. Zum Beispiel 3h für 210€. Was in diesen 3h im Salon geschieht, ist abhängig vom Kundenwunsch. Für den festen Stundenpreis kann die Friseurin 3h lang alles dafür tun, dass ihre Kundin begeistert den Salon verlässt. Ob sie das Haar intensiv pflegt, das Haar aufwendig färbt oder exzessiv schneidet, der Preis bleibt gleich, 3h für 210€.

Beiden Preiskonzepten liegt eine Mischkalkulation auf Basis des Minutenfaktors zugrunde, der im Friseurhandwerk eine solide Orientierung bildet. Wenn wir zum Beispiel mindesten 70€ pro Stunde Umsatz generieren, dann sind alle Kosten gedeckt und Gewinn realisiert. Welche Produkte in der Zeit eingesetzt werden und welche Handgriffe gemacht werden, ist dann nur noch untergeordnet von Bedeutung.

Ich weiß, dass das Wort Mischkalkulation bei dem ein oder anderen für einen inneren Aufschrei sorgt. Zu unpräzise, keine klare BWL-Grundlage … Wenn ich mir aber anschaue, wie viele Friseurunternehmen sich mit ihrer Preiskalkulation schwertun und ihr Preise kurzerhand von den Mitbewerbern kopieren, dann glaube ich, dass eine Mischkalkulation anhand des Minutenfaktors die bessere Variante ist.

Ich habe neue Preiskonzepte schon mit einigen Unternehmen erarbeitet, auf deren Unternehmenssituation angepasst und eingeführt. Teams, Kunden und Unternehmen, alle haben profitiert. Die Kunden lieben die Inklusion von Services, die Teams genießen eine ungekannte Handlungsfreiheit und die Unternehmen freuen sich über zweistellige Umsatzzuwächse, die zu 99% reibungslos in die Kassen fließen.

Doch Obacht! Ich schreibe diesen Text so leicht dahin und weiß gleichzeitig: Die Preiskonzeptgewohnheiten aufzuweichen und ein neues Preiskonzept zu finden, welches alle Beteiligten gut und freudvoll tragen können, ist ein langer Prozess. Wird dieser Prozess emphatisch moderiert, bringt er Selbstwert, Dynamik, Gemeinschaft und Freude in ein Unternehmen. Ich begleite euch gern dabei.

Thomas Langer ist der Friseurfreund

Er ist Unternehmensbegleiter und Podcaster für eine All-Win-Arbeitskultur und vielen Ansätzen für mehr Umsatz in Friseurunternehmen.

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