Credit: Sarah Katharina Photography

05.04.2023

Nikola Hofmann: Nur mit positivem Mindset bekommt man keinen Hairdressing Award

Nikola Hofmann ist 25, HDA Gewinnerin und weiß, dass positives Mindset oder eine 3-Tagewoche-Arbeitsmoral nicht ausreichen, um Awards zu gewinnen oder als Friseurin gut Geld zu verdienen. Ein Gespräch über Toxic Positivity, Generationenkonflikte und das Geheimrezept ihres Erfolges.

Im Interview mit Juliane Krammer

Nikola, du arbeitest im Salon, bist aber auch regelmäßig für Shows unterwegs. Wie ist deine Work/Life Balance?
NH:
Das ist schwierig zu sagen. Mein Beruf ist mein Hobby, meine Leidenschaft. Eine klare Grenze kann und möchte ich gar nicht ziehen.

Hattest du in der Lehre schon klar das Ziel, zu den Besten zu gehören?
NH: Ich startete meine Laufbahn in einem Salon in meinem Heimatort. Mir wurde schnell klar, dass ich mehr sehen will, in die Stadt möchte. Ich bin dann in Linz bei Lepschi & Lepschi gelandet. Diese Zeit war für mich wichtig und lehrreich. Im Nachhinein betrachtet, wurden hier die Weichen für die Teilnahme an Awards gestellt. Meinen Meister machte ich mit der Intention nach New York zu gehen.

Was wurde daraus?
NH: Ich habe mich beworben und wurde zum Probearbeiten eingeladen. Es war alles sehr verrückt: Ein Modell ist mir abgesprungen, also stand ich am Time Square und verteilte Visitenkarten. Ich dachte mir nicht viel dabei, das hatte ich früher auch am Linzer Hauptplatz, in meiner Lepschi-Zeit, gemacht. Nur war ich dann eben am New Yorker Time Square. (lacht) Eine ältere Dame konnte ich gleich überzeugen und sie wurde eines meiner Probemodelle in einem Salon in Soho.
Ich hatte sogar die Chance, in einem Salon zu starten, aber die Ära Trump, Arbeits- und Aufenthaltsvisum machten es mir nicht leicht. England fiel aufgrund des Brexits weg und so führte mich mein Weg nach Hamburg.

Wie hast du dann nach Wien gefunden und dich hier am Friseurmarkt so etabliert?
NH:
 Ich war 2019 für die HDA in der Kategorie Herren nominiert. In Hamburg hat es sich für mich aber nicht richtig angefühlt. Ich musste niemanden etwas beweisen, so bin ich wieder zurück nach Hause. Über ABC landete ich bei Markus Meidinger im Salon, der Stuhlmieter suchte. Eigentlich wollte ich mich nicht selbstständig machen. Vorrangig waren Weiterbildung, Reisen und langsam etwas aufbauen mein Ziel. Nach der Stuhlmiete-Zusage dachte ich mir aber: Ich habe einen Meister, was habe ich zu verlieren?! Es ging dann alles sehr schnell. Ich kontaktierte Social Media und Werbe-Agenturen sowie Influencer, bewarb mich für Styling Corner, um zu sagen "Hey, da bin ich!" … Im März 2023 feierte ich das einjährige Bestehen! Ich bin ausgebucht und vollkommen happy, wie es läuft.

- - - - Du willst deine Karriere als erfolgreiche und erfüllte Stylistin*Stylist bei Lepschi & Lepschi in Linz starten? Auf JOKIRA findest du alle Jobangebote. - - - - 

Der HDA Gewinner-Look von Nikola Hofmann | Credit: Keha Photo, Model: Aiyy Space

Positives Mindset, Coaching, … soll die Gesellschaft und Mitarbeiter motivieren, mehr Erfolg zu haben. Hast du damit auch Berührungspunkte?
NH:
Gerade in der Friseurbranche ist das Thema Positivität sehr präsent. Wir sind verleitet und werden dazu getrimmt, die beste Version unser selbst zu sein. Wie soll das denn funktionieren? Nicht jeder Tag ist ein guter Tag. Wenn du alle negativen Gefühle unterdrückst, werden diese nur stärker. Ich bin die Erste, die sagt, wenn es nicht so gut läuft. Dann versuche ich es das nächste Mal besser zu machen. Ich muss mir eingestehen, wenn etwas nicht läuft und nicht beschönigen, denn der Salon-Alltag ist nicht immer schön. Ich bin zwar eine Frohnatur, aber es gibt Tage, da gehen mir die Dinge nicht so leicht von der Hand.
Gerade Arbeitgeber müssen sich mit toxischer Positivität auseinandersetzen. Lehrlinge und Mitarbeiter sollen ihre Sorgen offen ansprechen können. Macht man das nicht, entstehen im Team Konflikte. Meine Devise: Nimm wahr, was du fühlst, ohne jeglichen Filter.

"Gerade in der Friseurbranche ist das Thema Positivität sehr präsent. Wir sind verleitet und werden dazu getrimmt, die beste Version unser selbst zu sein. Wie soll das denn funktionieren? Nicht jeder Tag ist ein guter Tag."

 Du hast die HDA gewonnen, bist selbstständig und stylst bei Shows. Was ist das Rezept deines Erfolges?
NH: Start from the bottom! Ich fokussiere mich darauf, wo ich hinwill. Am Anfang meiner Karriere wollte ich einfach eine richtig gute Haarstylistin werden. Der Schlüssel meines Erfolges: Nicht alles so ernst zu nehmen, einzugestehen, wenn es nicht so rennt und einfach probieren. Außerdem gebe ich mir Pausen und verbringe viel Zeit alleine, nach hektischen Tagen, auch um den Tag zu reflektieren: Welche Kunden hatte ich, was war gut, was nicht. Was kann ich anders machen. Danach schließe ich damit ab und kann zur Ruhe kommen. Alleinsein können nicht viele, aber genau da lernst du dich selbst besser kennen.

Was braucht die nächste Generation, um so motiviert, wie du bist, durchzustarten?
NH:
Erziehung, Durchhaltevermögen, Stärke, Motivation. Die eigene Motivation muss aber vorhanden sein, da kann man auch als Chef nicht zaubern. Eine Arbeitsmoral mit 3-Tage Woche und ein Award geht leider nicht in einem.
Trotzdem müssen Unternehmer den Mitarbeitern entgegenkommen und einen Job mit einem entsprechenden Lohn schmackhaft machen. Genauso liegt es an uns Friseuren vorzuleben, dass wir einen super Beruf haben, dass es Spaß macht, wir Geld verdienen können. Das motiviert und verleiht ein anderes Bild der Branche nach außen.
Wenn du dich wirklich reinhängst, kannst du richtig gut verdienen, aber man fängt immer unten an. Ich kann es aber genauso wenig hören, wenn die ältere Generation sagt: „Früher war alles anders“. Ja, früher war es hart, aber heute ist heute. Das gilt es zu akzeptieren.

"Wenn du dich wirklich reinhängst, kannst du richtig gut verdienen, aber man fängt immer unten an."

Sind Lehrlinge ein Thema für dich?
NH:
Im Moment nicht. Zu gerne bin ich für Fashionweeks oder Shootings im Einsatz und ich habe noch Ziele, möchte an weiteren Hairdressing Awards teilnehmen oder gar einmal  Hairdresser of the Year zu werden. Sechs Tage in der Woche im Salon zu stehen, macht mich nicht glücklich. Ich muss mich inspirieren lassen, nicht nur über Social Media. Ich will echte Inspiration. Die bekomme ich nur, wenn ich unterwegs bin.

Danke, liebe Nikola, für dieses spannende Gespräch und alles Liebe für deine Zukunft!

Über Nikola Hofmann:

Sie startete in einem kleinen Salon in Oberösterreich und perfektionierte ihre Skills bei Lepschi & Lepschi in Linz. Ihr Datendrang führte sie 2019 nach Hamburg, in dieser Zeit war Nikola Hofmann auch schon für die Hairdressing Awards in der Kategorie Herren nominiert. 2020 kehrte sie nach Linz zurück. Seit 2022 ist Nikola Hofmann selbstständig und als Stuhlmieterin im Salon von Markus Meidinger in der Wiener Innenstadt eingemietet. 2023 durfte sie den HDA Award Kategorie Damen West entgegennehmen.