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26.11.2019

Tobias Staehle setzt bei Revlon auf Professional

Seit drei Monaten ist Tobias Staehle Managing Director DACH bei Revlon/Elizabeth Arden und hat bereits einige Weichen neu gestellt.

„Sieben Jahre sind so etwas wie mein persönlicher Rhythmus“

Tobias, dein Weggang bei KAO hat für DIE Überraschung im Frühsommer gesorgt. Wie kam es zu diesem Schritt?
Tobias Staehle:
Der Gedanke kam mit der Anfrage Revlon/Elizabeth Arden Anfang März, ich war bis dahin nicht aktiv auf der Suche. Allerdings wollte ich schon immer Beauty auch außerhalb der Friseurbranche machen, das Angebot bot dafür die perfekte Gelegenheit. Die Gesamtverantwortung für die Bereiche Professional, Prestige und Consumer finde ich super spannend. An den Standort in Rhein/Main bin ich durch meine Familie ja mehr oder weniger gebunden, also dachte ich: „Ideal, das mache ich jetzt!“ Rückblickend sind sieben Jahre so etwas wie mein persönlicher Rhythmus. Ich war sieben Jahre bei P&G, danach sieben Jahre bei Kao, danach häute ich mich offensichtlich (lacht).

Dann bin ich gespannt was 2027 kommt! Manche meinen es sei ein Rückschritt für dich, ist es das?
TS:
Danke für diese Frage! Ja, formal gesehen ist es ein Rückschritt, zumindest was Umsatzvolumen und Mitarbeiteranzahl angeht. Aber was den Erfahrungsschatz betrifft und die Lernmöglichkeiten in den Bereichen, die ich noch nicht kenne, also Parfümerie und Retail, ist es ein Fortschritt. Ich bin kein Verwalter, es war Zeit für eine Veränderung.

Du bist die Attacke! Welche Herausforderungen siehst du jetzt?
TS:
Eine Herausforderung ist, die zwei Firmenkulturen von Revlon Professional und Elizabeth Arden zusammenzubringen, die Firmen sind ja erst letztes Jahr zusammengezogen. Wir sind ein kleines Team mit 120 Mitarbeitern, alle sehr leidenschaftlich und jung, ich bin hier mit Abstand der Älteste (lacht).

Was ist für dich der größte Unterschied zwischen Retail und Friseur?
TS:
Wenn ich an die Jahresgespräche denke, dann geht es im Retail vor allem um die richtige Platzierung, wo das Produkt im Regal steht, mit welchem Display, in welcher Verpackung und zu welchem Preis. Im Friseurmarkt geht es um die Beziehungen, die Menschen und darum, wer der bessere Partner für den Friseur ist.

„American Crew… die Marke soll über mehrere Kanäle wachsen“

Gibt es Kunden, die beides abdecken, Retail & Friseur?
TS:
Es gibt natürlich Douglas Filialen, die auch Friseursalons haben, was aber eher einen taktischen Hintergrund hat. Ich könnte mir vorstellen, dass Parfümerien und Beautysalons zukünftig immer mehr zusammenwachsen. Wir haben mit American Crew Acumen in diesem Jahr erstmalig eine High-End Skincare-Pflegelinie für Herren im Prestige Markt lanciert. Die Marke soll über mehrere Kanäle wachsen.

American Crew wird in der Parfümerie angeboten?
TS:
Ja, wir haben die Serie Acumen in 200 ausgewählten Parfümerien eingeführt. Dort sind die Profis im Bereich Beratung von hochwertiger Gesichtspflege, was nicht das Steckenpferd des Friseurs ist. 

Die Friseure haben alle Probleme mit Retail. Gibt es Bereiche, bei denen der Friseur vom E-Commerce profitiert?
TS:
Dazu gibt es spannende Studien: Früher hat man sich im Laden informiert und online eingekauft. Jetzt informieren sich die meisten Konsumenten online, kaufen aber im Laden und wollen dort durch gute Beratung zusätzlich überzeugt werden. Im Salon müssen also die optimalen Voraussetzungen für gute Beratungsmöglichkeiten geschaffen werden.  

Spielen Kundenrezensionen in der Kosmetik eine Rolle?
TS:
Oh ja, Kundenrezensionen sind einer der Haupttreiber für Kaufentscheidungen. Noch mehr läuft über Produktsampling, da investieren wir viel. Auch bei American Crew. Männer muss man begeistern, denn sie sind deutlich loyaler als Frauen, was ihre Produkte angeht. Männer sind viel zu träge zum Wechseln (lacht).

Wie bewahrst du dir die Nähe zum Friseur?
TS:
Ich werde mich insbesondere auf das Professional Business konzentrieren, aber zuerst brauchen wir eine klare und abgestimmte Strategie. Als ich hier angefangen habe, hat mein Chef zu mir gesagt, die Priorität liegt im Professional-Bereich, weil die Firma dort großes Potential sieht.  

Im globalen Elizabeth Arden Jahresbericht wird Friseur kaum erwähnt...
TS:
Revlon Professional findet in den USA bisher kaum statt, wir sind dort gigantisch groß im Bereich der dekorativen Kosmetik. Professional findet zu 80 Prozent in Europa statt.  Mein Fokus ist Professional, weil man da mit den Großen kämpfen kann, ohne mehrere Millionen in die Hand nehmen zu müssen. Wenn du im Retail keine großen Medienbudgets hast, kannst du das beste Team haben und es ist schwierig. Im Professional brauchst du in erster Linie einen guten Fokus UND ein gutes Team.

Raphaela Kirschnick im Gespräch mit Tobias Staehle | Credit: Andrea Ganshorn

Was ist dein Ziel für das Professional Business?
TS:
Wir möchten die DACH-Region weiter ausbauen, dafür wird es eigene Key-Accounts geben. Zudem werden wir die Marktbearbeitung mit einem starken Fokus auf den Direktvertrieb und die Farbkategorie optimieren.

Mit welchen Salons im Fokus?
TS:
Regionale Filialisten mit 10-20 Salons sind sehr spannend für uns. Gar nicht unbedingt die ganz Großen, bei denen wird oftmals anders gespielt.

Wie stellt ihr euch dafür auf?
TS:
Wir werden neue Stellen im Bereich Education und Vertrieb schaffen. Um zu wachsen, brauchen wir Menschen, denn unser Geschäft ist primär face-to-face. Wir werden uns dabei stark auf den Direktvertrieb fokussieren.

Und in Österreich?
TS:
In Österreich und der Schweiz gibt es fast noch mehr Potential als in Deutschland. Da wurde in der Vergangenheit wenig investiert, das baue ich jetzt Schritt für Schritt auf.

Ist die Retailstärke der Marke Revlon Thema?
TS:
Revlon hat ganz stark durch die Retailmarken gelebt. Dass wir ein unfassbar großes Farbportfolio haben, das weiß fast keiner. Ab Januar gibt es ein 12-monatiges Aktivitätsprogramm zum Thema Farbe. Wir haben viele Innovationen und werden den Außendienst neu schulen. Wir werden Farbe zur absoluten Priorität machen, das war auch meine erste Botschaft an das Team.

„Wir werden die Herrensalons wiederaufleben lassen… allerdings nicht in den Barbersalons mit 10 Euro-Angeboten“

Und deine zweite Botschaft?
Wir sind mit American Crew in den Highend-Gentlemen-Salons aufgehoben. Wir werden den Herrensalon wiederaufleben lassen, jedoch auf einem anderen Preisniveau, als in den Barbersalons mit 10 Euro-Angeboten. Da sind wir nicht zu Hause.

Bedeutet das mehr Herrenfokus in Unisex-Salons?
Auch in Salons mit wenigen Mitarbeitern wollen wir eine Herrenwelt mit eigenen Dienstleistungen aufbauen. Wir haben eine tolle Cutting Methode und viele Aktivitäten, die Salons helfen, ihr Geschäft mit In-Salon-Konzepten zu beleben.

Wollt ihr euch auch in den Bereich Ausbildung einmischen?
Wir haben neben unseren Revlon Schulungen ein eigenes Herren-Ausbildungs-Programm, das immer ausgebucht ist - in dem Bereich gibt es einen großen Bedarf. Außerdem haben wir eine tolle Akademie in Wiesbaden, aber es ist manchmal noch schwierig, diese voll zu kriegen. Dass wir so ein umfassendes Education Angebot haben, das wissen die Wenigsten. Mein Ziel ist es, das im Markt noch viel bekannter zu machen.

Was glaubst du denn passiert bei Wella?
Ich hoffe, dass wer auch immer die Firma kauft, langfristig orientiert ist und den Wert des Geschäftsmodells versteht.

„Im Farbgeschäft sind wir eine echte Alternative am Markt“

Profitiert ihr von den Tumulten?
Wir haben aktuell immer mehr Zulauf im Farbgeschäft, vor allem, weil wir eine echte Alternative am Markt sind. Wir haben hervorragende Produkte, aber wenn der Kunde das nicht weiß, dann spielen wir nicht mit.

Wie werdet ihr das ändern?
Es wechselt niemand den Lieferanten, weil der ein tolles Shampoo hat. Wir müssen uns als Farbexperten positionieren, nur dann haben wir eine Chance als Hauptlieferant in Betracht gezogen zu werden.

Was fehlt?
Wir haben noch zu wenige Leuchtturmkunden, die für Revlon Farbe stehen – wir müssen lauter werden und das auch nach draußen kommunizieren.  

Hast du irgendwelche Wünsche an das Revlon Portfolio?
Wir haben wirklich für jedes Bedürfnis das passende Produkt, aber das müssen wir jetzt auch bei den Friseuren und Stylisten bekannter machen. 

Welches Wort würdest du für das kommende Jahr verwenden?
TS:
Auf unserer letzten großen Konferenz hatten wir das Thema: „Wie werde ich die beste Version von mir selbst“ – jeden Tag der eigene Held zu werden, das ist gerade unser Thema.

Danke dir Tobias, ich wünsche dir viel Erfolg auf deinem Weg zum Helden!