Familienbusiness in dritter Generation: Trend-Design v.l.n.r. Simone Kurzhals, Florian Ramspoth, Johannes Ramspoth | Credit: Markus Wache

08.03.2024

„So schaffen wir den Sprung in die Fashionwelt“

Florian Ramspoth, Johannes Ramspoth und Simone Kurzhals sind Trend-Design in dritter Generation. Das Geschwistertrio managt die Geschicke des deutschen Unternehmens für Friseurumhänge und transferiert ein klassisch langweiliges Friseurzubehör schrittweise in ein innovatives Fashion-Accessoire, mit regelmäßigen Neuigkeiten.

Im Gespräch mit Raphaela Kirschnick

Vor mir sitzen drei Geschwister in trauter Einheit, die über gemeinsame Erzählungen lachen. Man spürt geballte Harmonie, da muss ich gleich mal fragen:

Familienbusiness und große Harmonie, wie funktioniert das, was macht ihr anders?
Simone Kurzhals:
(GroßesLachen) Diese Frage kriegen wir ganz häufig gestellt. Anders? Wir trennen nicht beruflich und privat, die Firma ist ein wichtiger Teil von uns allen. Seit zwei Jahren arbeiten wir erfolgreich in dieser Konstellation. Das wichtigste dabei ist sicher, dass Verantwortungsbereiche ganz strikt voneinander getrennt sind.

Florian Ramspoth | Credit: Markus Wache

Florian Ramspoth: Wir sind wie ein Dreibein, das nur sicher steht, wenn jedes einzelne Bein ankert und man sich nicht gegenseitig auf die Füße tritt.

Wer trifft finale Entscheidungen?
FR
: Als Geschäftsführer bin ich das.

Simone ist seit 2 Jahren im Unternehmen, hat sich mit dem weiblichen Touch etwas verändert?
FR:
In jedem Fall ein jüngerer Touch. Ich denke, unsere drei sehr unterschiedlichen Blickwinkel sind entscheidend. Bevor eine Entscheidung getroffen wird, bringt sich jeder ein, danach herrscht Akzeptanz.

Wie sind die Verantwortlichkeiten verteilt?
Johannes Ramspoth:
Simone ist für das Kreative verantwortlich, alles was Marketing, Produkte und vor allem unseren Social Media Auftritt anbelangt. Ich bin für den Einkauf, Finanzen und die Unternehmensorganisation, unsere Struktur, verantwortlich und Florian für die Geschäftsleitung und Vertrieb.
SK: Florian kann uns blind vertrauen.

Haben eure Eltern euch auf dieses Gemeinsame vorbereitet?
FR:
Tatsächlich ja, ohne konkret an eine gemeinsame Firmenfortführung zu denken. Ein Beispiel, als wir im Jugendalter waren, da züchteten meine Eltern Schäferhunde. Um einen Wurf mussten wir uns zu dritt kümmern. Es ging um 9 Welpen und das macht echt Arbeit. Bis zum Verkauf bereiteten wir den Nachwuchs vor. Mit dem Geld des Verkaufs durften wir drei dann allein eine große USA-Reise unternehmen.
SK: Unsere Eltern haben uns früh viel vertraut und auch zugetraut. Das alles hat uns positiv geprägt, dadurch haben wir eine feste Bindung.

Ich finde, diesen Zusammenhalt spürt man auch auf euren vielen schönen und bisweilen amüsanten Social Media Reels. Simone, du bist hier verantwortlich.
SK:
Wir haben einen neuen emotionalen Weg gewählt und mittlerweile eine schöne Community aufgebaut. Es freut uns sehr, dass das so gut ankommt. (Anm. Redaktion: Trend-Design ► auf Instagram)

Im Friseurhandwerk können die meisten mit Haaren, schönen Modellen ganz viel Kunst zeigen. Bei euch geht es „nur“ um Umhänge. Ist das eine Herausforderung?
SK:
Eigentlich macht es das so viel einfacher, da wir nicht die hunderttausendsten Vorher/Nachher Inhalte produzieren müssen. Wir können mit unserem Stückchen Stoff herausstechen und diesen unterhaltsam aufbereiten.

„Weniger technisch, dafür emotionaler…“

Wie stellt man einen Umhang unterhaltsam dar?
SK:
Wir haben gerade ein Fotoshooting abgeschlossen, die Inspirationen dazu kamen aus der französischen VOGUE. Unser Ziel ist es weniger technisch, dafür emotionaler zu sein, um dem Friseur zu zeigen, wie wertig dieses Stück Stoff sein kann

Was ist euer Positionierungsziel?
SK
: Wir wollen als Fashion-Accessoire wahrgenommen werden.
FR: Der Anspruch der Friseure ist viel größer geworden. Das gilt im Übrigen nicht nur für die Umhänge, sondern auch die Schürze. Wie sich Friseur und Kunde im Spiegel sehen, damit wollen wir den Sprung in die Fashionwelt schaffen.

Ihr seid auf der Top Hair Messe. Dürfen wir dort auch Fashion an eurem Stand erleben?
JR:
Wir kommen mit einem 40qm großen Stand und einem ganz neuen Format, mehr wollen wir gar nicht verraten, kommt und seht selbst.
FR: Der Stand wird von allen Seiten offen sein, damit möchten wir ganz nah am Kunden sein, auch wenn sie nur für eine frische Waffel vorbeikommen.

Es gibt ein neues Produkt, das Balayage-Cape. Wie kam es dazu?
FR:
Das ist in vielen Gesprächen mit Kunden entstanden und etwas wirklich Besonderes. Einen großen Umhang hatten wir bereits im Programm. Von unseren Kunden erhielten wir das Feedback, dass das Cape beim Nachvornebeugen immer wieder zwischen Kundin und Stuhl rutscht. Hierfür haben wir eine Lösung gefunden: Ein schwerer Stoff verhindert dies zukünftig, ohne dass der Friseur es anfassen muss. Damit die Kundin darunter nicht schwitzt, ist das Cape vorne luftig leicht und hinten lang und wasserdicht. Perfekt für eine Balayage-Färbung.

SK: Den Friseur holen wir hiermit zum ersten Mal emotional ab, weil wir das Produkt an eine Färbeleistung binden. Das erste Feedback ist grandios.

Ihr habt in den letzten Jahren mit Nachhaltigkeitsprojekten begeistert: RecyCape, BioCape. Hat sich das etabliert?
FR:
Diese Kategorie bleibt, unsere Palette wurde auch weiterentwickelt. Unsere klassische NANO-Kollektion produzieren wir mittlerweile aus recycelten Materialien (alle schwarzen NANO-Modelle). Wir sind überzeugt, das ist der richtige Weg. Wir haben auch bereits einige unserer Produkte klimaneutral zertifizieren lassen.

Limited Edition "Pine Green" | Credit: Trend-Design

Wie hat sich der Markt der Einwegumhänge nach Corona entwickelt?
FR:
Dieser ist wieder stark zurückgegangen, insbesondere die Capes aus Maisstärke. Kunden, die auf Einwegumhänge setzen, wollen Plastik und einen günstigen Preis. Insgesamt aber ist der Markt ein wichtiger, der bleibt.

Gibt es aktuelle Trends bei Umhängen?
FR:
Nach vier Jahren Schockstarre wird es seit ein paar Monaten wieder bunter. Mit unserer Limited Edition „Pine Green“ hatten wir in den letzten Monaten tollen Erfolg.
SK:  Wir haben viele Anfragen nach farblich auf die Saloneinrichtung abgestimmten Umhängen und dabei spielt die Personalisierung eine immer stärkere Rolle. Friseure wollen ihre Marke stärken und nutzen dafür auch die Umhänge.

Wie funktioniert das mit der Personalisierung?
SK:
Wir haben dafür einen ganz neuen Shop (► hier) in dem sich der Kunde individuelle Modelle designen kann.

Was kann er alles selbst definieren?
JK:
Der Kunde wählt ein Umhangmodell, die Umhangfarbe, etc. aus und lädt sein Logo hoch, welches auf den Umhang gestickt werden soll. Die Farbe des Sticks kann er in jedweder Pantonefarbe festlegen. Auf der Messe können sich Kunden vor Ort Umhänge besticken lassen.

Euer Vertrieb läuft über euren eigenen Shop sowie über den Großhandel. Wie trifft euch der Wegfall der fpe?
FR:
Wir arbeiteten sehr gut zusammen. Das trifft uns ganz hart, auch persönlich. Es ist einfach sehr schade, wenn ein Unternehmen, das so lange am Markt war, plötzlich verschwindet.

Ihr arbeitet mit allen Großhändlern?
FR:
Wir arbeiten mit so ziemlich allen Großhändlern in Deutschland und Österreich sehr gut zusammen.

Gibt es auch anderer Vertriebswege?
FR:
Ja, die, die man nicht sieht, die aber immer wichtiger werden, das sind gemeinsame Projekte mit der Haarkosmetikindustrie. Dort werden häufig sehr individuelle, produktbezogene Lösungen gesucht. Da kommt dann unser ganzes Know-how zum Tragen.
JR: Viele dieser Großkunden haben Sonderwünsche, die wir bedienen können. Nebst Produktindividualisierung und Qualität kommen zusätzliche Anforderungen wie kontrollierte Lieferketten ins Spiel. Das ist unsere Riesenstärke und da gibt es kein anderes Unternehmen, das diese Breite und Tiefe in Europa bieten kann.

Apropos Lieferketten, ist das ein Thema?
FR:
Wir alle haben Kinder und es ist uns wichtig zu wissen, wo unsere Produkte von wem produziert werden.

Welches sind eure Hauptliefermärkte?
JR:
Hauptsächlich China und Taiwan, unser BioCape beziehen wir aus Europa. Ich bin sehr glücklich sehr alte intensive Partnerbeziehungen mit großer Vertrauensbasis zu pflegen. Obwohl es weit weg ist, beeindruckt uns, wie persönlich die Zusammenarbeit ist und so freut es uns, vor Ort ein Foto unseres Onkels an der Wand vorzufinden.  

Interview in der imSalon-Redaktion | Credit: Markus Wache

Inwieweit seid ihr von der Lieferkettenthematik betroffen?
JR:
Das ist ein sehr herausforderndes Thema. Wir müssen keine Lieferketten offenlegen, aber unsere Arbeit für die Zertifizierung der Klimaneutralität hat uns gezeigt, was das heißt.

Zum Beispiel?
JR:
Unser klimaneutral zertifizierter Nano-Umhang wird in Taiwan produziert. Da mussten wir alles über den Strommix vor Ort herausfinden, ebenso, welcher LKW von der Fertigung bis in den Hafen fährt. Da wird in jedes Detail entlang des Produktweges geschaut. Da haben wir viel Kraft hineingesteckt. Hier war es ein großer Vorteil, langjährige Lieferanten zu haben, die uns hier vertrauensvoll unterstützt haben.

Wie oder wo findet ihr neue Produkte?
SK:
Wir kaufen nicht von der Stange. Häufig sehen wir einen tollen Stoff, der wunderbar in eine bestehende Kollektion passen könnte und dann überlegen wir, was man daraus machen könnte.

Wir hatten vor Jahren eine Umhang-Umfrage mit spannenden Ergebnissen (Link). Was hattet ihr daraufhin geändert?
FR:
Erstaunlich war, dass viele Friseure den Druckverschluss interessant fanden, der Großhandel das aber gar nicht wollte. Jetzt bieten wir diese Variante in unserem Online-Shop an. Was wir weiterentwickelt haben, ist unser Eigenhaken.

Oh, das schaut aus, wie eine Geldscheinklammer.
FR:
Dieser Haken ist deutlich größer und schwerer als der bisherige Haken. Häufig verschleißen Haken rasch oder greifen nicht richtig. Dafür müssen die Haken perfekt entgratet sein, um tausende Male in den Saum zu greifen, ohne den Umhang zu beschädigen. Das ist eine große technische Innovation.

Und worauf dürfen wir uns 2024 noch freuen?
FR:
Eine ganz tolle Umhangkollektion Skinny in Pastellfarben für den Sommer mit sanften Tönen. Und neue modische Färbeschürzen für Friseure.

„Weg vom Gedanken der Uniformität, hin zu Fashion…“

Was ist bei Schürzen zu beachten?
FR:
Hier müssen wir weg vom Gedanken der Uniformität hin zu Fashion, denn auch Friseure sollen sich wohlfühlen, wenn sie sich im Spiegel sehen.
JR: Viele Saloninhaber kommen auf uns zu und wollen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern etwas Gutes tun. Dafür lassen sie Schürzen individuell besticken, mit Namen oder sogar Sprüchen. Diese personalisieren wir gerne. Da entstehen ganz wundervolle individuelle Designs.

Ich danke euch für dieses wunderbar offene Gespräch und wünsche euch weiterhin viel Spaß, Erfolg und große Ideen für ein wichtiges Accessoire.