Credit: Karin Ahamer Photography

17.06.2023

Lockenspezialistin Tessa: Curls only! Wir haben keine Kundinnen mit glatten Haaren

Bei Lockenelite findet man nur Kundinnen und Mitarbeiterinnen mit gelocktem oder naturgewelltem Haar, über den Webshop werden EU-weit selbst entwickelte Naturprodukte in Eigenmarke vertrieben und die Spezialisierung sorgt für Fachkräfte.

Im Gespräch mit Katja Ottiger
 

Tessa, mit 26 Jahren bist du gut im Geschäft: Eigene Produktlinie, Webshop und ein Salon, der sich auf Naturlocken und - Wellen sowie Naturprodukte spezialisiert hat. Sind Locken bei euren Gästen „Pflicht“?
Thessa:
Zu uns kommen ausschließlich Kundinnen, die Naturlocken oder naturgewelltes Haar haben und dieses mit natürlichen Produkten unterstützen möchten. Wir begleiten aber gern Kundinnen, die den Weg vom chemischen Haar zum Naturhaar gehen möchten.

„Wir haben keine Rundbürsten oder normale Föhndüsen.“

Keine Ausnahmen für Glatthaarige?
Tessa: Bei Leuten mit glatten Haaren, die gern eine Naturhaarfarbe hätten, machen wir eine Ausnahme. Ihnen bieten wir „Henna to go“ an: Wir tragen die Henna-Treatment-Farbmischung auf und verpacken das Haar in einen Turban, ausgewaschen und gestylt wird zu Hause. Wir haben im Salon auch gar kein Werkzeug für glatte Haare wie Rundbürsten oder normale Föhndüsen.

Was verwendet ihr zum Bürsten und Stylen?
Tessa:
Zum Bürsten verwenden wir wie beim „normalen“ Friseur den Tangle-Teezer, um die Haare im nassen Zustand gut durchbürsten zu können. Ein Naturconditioner ohne Weichmacher pflegt die Locken, die von Natur aus ja etwas spröder sind und erleichtert das „Entwirren“ mit den Fingern. Bei welligem oder leicht gelocktem Haar benutzen wir Naturhaarbürsten z.B. mit Wildschweinborsten, handgefertigt vom Bürstenmacher. Wir stylen mit einem Naturgel aus Bio-Aloe Vera und Bio-Ginseng für die Definition der Locken und zum Trocken benutzen wir einen Diffuser-Aufsatz bzw. einen Climazon.   

Euer Salon ist im 21. Wiener Bezirk, nicht sehr zentral – bewusst gewählt?
Tessa:
Zum einen wohne ich hier und fühle mich da wohl. Zum anderen bietet die Nähe zur alten Donau eine ruhige Umgebung und entspricht unserer natürlichen Philosophie. Zudem haben wir keine Laufkundschaft, unsere Kundinnen kommen mitunter von weit her. Wir sind im Schnitt einen Monat vorher ausgebucht, im Moment sogar sechs Wochen. Deshalb bekommen wir im nächsten Monat drei weitere Mitarbeiterinnen.

Wie werden die auf das Thema Naturlocken und - Wellen eingeschworen?
Tessa:
Alle unsere Mitarbeiterinnen haben selbst Naturwellen und - Locken und verwenden keine chemischen Produkte. Dadurch sind sie authentisch und schöpfen aus eigener Erfahrung. Zunächst werden sie intern eingeschult, bekommen Trainingsabende und arbeiten speziell an Lockentrainingsköpfen. Dann starten sie als Assistentinnen und je nachdem, wie schnell sie sind, geht es an die Schnitte und an die Kundinnen. Wir arbeiten alle einheitlich mit den gleichen Schnitttechniken. Unsere Onlinekurse ergänzen die Ausbildung vom optimalen Farbauftragen über das Pflegen und Stylen bis zum Optimieren der Locken.

Die Locken-Onlinekurse hast du selbst entwickelt?
Tessa:
Ja. Eigentlich wollte ich immer ein Buch über Lockenprodukte und den Umgang mit Locken herausbringen. Letztlich sind es Onlinekurse geworden, weil es nicht nur die Information in Form von einem Text zu lesen gibt, sondern auch zu sehen ist, wie man die Methode mit den Händen anwendet. Ich habe jahrelang das Internet durchforstet, vieles an mir selbst getestet, z.B. die „Curly Girl Methode“, die ich hervorragend finde bei chemisch gefärbtem oder blondiertem Haar. Aber ich habe nichts in der Kombination von Locken und natürlichen Produkten finden können und deshalb eine eigene Methode entwickelt.

Auch für Kundinnen gibt es einen Onlinekurs. Warum?
Tessa:
Um sie im Umgang mit Locken zu unterstützen. Im Kurs lernen sie all meine Erfahrung, die ich über die Jahre gesammelt habe - von A bis Z rund um das Thema Naturlocken und Naturprodukte und wie sie diese korrekt anwenden oder das Henna-Treatment richtig aufzutragen.

Warum lernen eure Kundinnen Henna-Treatment aufzutragen?
Tessa:
Wir produzieren unsere Produkte in Zusammenarbeit mit einem Naturfarbspezialisten in Österreich und versenden diese EU-weit über unseren Webshop. Viele unserer Kundinnen wohnen weit weg und buchen deshalb diesen Online-Kurs. Anhand eines detaillierten Fragebogens und Fotos, die sie uns zusenden, bereiten wir für sie individuelle Henna-Treatment-Farbmischungen vor, verschicken sie per Post oder halten sie zur Abholung bereit. Mit diesem Kurs garantieren wir ein Ergebnis wie bei uns im Salon.

Du bildest keine Lehrlinge aus. Warum?
Tessa:
Mit unserer Spezialisierung auf Naturprodukte und Pflanzenfarben ist das nicht möglich, wir dürfen keine reine Naturfriseur-Ausbildung anbieten. Dafür bräuchten wir einen chemischen Partnerbetrieb, was wir nicht wollen. Schade für alle, die z.B. aus gesundheitlichen Gründen nicht mit chemischen Produkten arbeiten können. Aber wir investieren in die Erwachsenenbildung und bilden Quer- oder Späteinsteiger für die Arbeit in unserem Salon aus. Hier gehen wir ganz individuell auf die Stärken und Schwächen jedes Einzelnen ein und konnten so bereits Mitarbeiterinnen zwischen 19 und 51 Jahren ausbilden.

Eine meiner Mitarbeiterinnen war beispielsweise selbst eine Kundin von mir. Ich habe sie mit der Spezialisierung in den Beruf zurückgeholt. Sie hatte den Job gewechselt, weil sie nicht mehr in einem konventionellen Friseursalon arbeiten wollte. Die Idee der Lockenspezialisierung und den Umgang mit Naturprodukten fand sie toll. 

Ohne Chemie gibt’s die besseren Locken?
Tessa:
Davon bin ich überzeugt! Ich selbst habe mir 40 Zentimeter meiner chemisch behandelten Haare herausgeschnitten und kenne den Unterschied! Deshalb schneiden wir keine Kundinnen, die chemisch behandeltes Haar haben und weiterhin blondieren möchten. Es sei denn, sie haben vor, umzusteigen.

Das wissen eure künftigen Kundinnen?
Tessa:
Wir kommunizieren das auf unserer Website und bei der Terminvereinbarung. Möchten sie weiterhin chemisch basierte Produkte verwenden, empfehlen wir gern andere Lockenspezialisten.

Für die richtige Salonpositionierung: Ist Spezialisierung wichtig?
TM:
In meinem Fall war es die komplett richtige Entscheidung. Wenn man etwas täglich macht, ist man darin irgendwann ein Profi; wenn man alle Dinge gleichzeitig macht, ist man in allem gut. Aber gut ist oft nicht gut genug. Locken verlangen einem sehr viel ab. Das ist ganz anders als bei glatten Haaren. Es gibt so viele Arten - von der Naturwelle über die Naturlocke bis hin zur Krause. Auf einem Kopf kann es zum Teil unterschiedlichste Strukturen geben. Wenn man ausschließlich damit konfrontiert ist, sammelt man sehr viele Erfahrungen und davon profitieren Kundinnen und Kunden.

Was fasziniert dich an Locken?
Tessa:
Dass sich die Person, die Locken hat und zu ihnen steht, sich so akzeptiert, wie sie ist und sich nicht in irgendeiner Form versucht, zu verändern, um sich nach einem sogenannten Idealbild zu richten. Und wenn ich es richtig weiß, haben in Europa über 50 Prozent der Menschen zumindest eine Naturwelle im Haar …

… was ja bestens für dein Geschäftsmodell ist! Ich wünsche die weiterhin alles Gute dafür!

Über die Lockenspezialistin Tessa  

  • 1 Salon in Wien, Eröffnung November 2022
  • 4 Mitarbeiter*innen, plus 3 ab Juli 
  • Eigene Produktlinie Locken Elite
  • Vertrieb der Produkte und Lockenaccessoires über den eigenen Webshop

www.Lockenelite.at