Günter Steininger | Credit: Sandra Vitting imSalon

24.01.2025

„Wir vergeben ausschließlich Stundentermine und kalkulieren so unsere Preise“

Günter Steininger setzt auf Nachhaltigkeit in allen Belangen: Qualität zu angemessenen Preisen, Refill, faire Bezahlung, eine Stunde Mittagspause für alle, 3 bis 5-Tage-Woche …

Im Gespräch mit Katja Ottiger

Günther, ihr lebt in euren Salons Nachhaltigkeit und betont die faire Bezahlung eurer Mitarbeitenden. Wie lässt sich Nachhaltigkeit im Preis widerspiegeln?
Günther Steiniger:
Wir vergeben ausschließlich Stundentermine und in diesem Sinn ist unsere Kalkulation auf eine Stunde ausgelegt. Wir legen großen Wert auf Qualität, was uns ermöglicht, höhere Preis verlangen zu können. Wenn Kundschaft Qualität gewöhnt ist, ist sie auch bereit, mehr dafür auszugeben.

"Wenn Kundschaft Qualität gewöhnt ist, ist sie auch bereit, mehr dafür auszugeben."

Eine Stunde für jede Kundin, jeden Kunden pro Schnitt?
GS: Genau. Mit einem ordentlichen Beratungsgespräch, einer Kopfmassage, einem Schnitt, nochmal ausspülen … ist eine Stunde nichts. Bei uns gibt es keinen Trockenschnitt, jeder wird gewaschen. Und wenn eine Dame den gleichen Haarschnitt wie ein Mann bekommt, bezahlen beide den gleichen Preis, denn wir nehmen uns für beide gleich viel Zeit.

Wie finden das die Herren?
GS:
Es gibt Herren, die meinen, sie brauchen keine volle Stunde. Wenn sie eine halbe Stunde möchten, bekommen sie die auch, zahlen aber letztlich das Gleiche.

"Desto kleiner das Sortiment, desto besser der Überblick und desto weniger Verschwendung."

Du bist bekennender Minimalist. Der Nachhaltigkeit geschuldet?
GS: Ich bin absoluter Minimalist, mein Salon ist total clean. Auch bei den Produkten, da arbeite ich im Stylingbereich nur mit einer Firma zusammen (Anm., Authentic Beauty Concept) - mit kleinem Sortiment und der besten Performance. Desto kleiner das Sortiment, desto besser der Überblick und desto weniger Verschwendung. Der achtsame Umgang mit Ressourcen ist uns wichtig. Uns ist bewusst, dass wir nicht die Welt retten werden, aber wir leisten unseren Beitrag: Unser Lichtsystem schaltet sich abends aus, wir achten auf Wasserverbrauch, legen Wert auf Mülltrennung und sparen Verpackungen durch die Refill-Bar.

Produkteabfüllung im Salon - läuft das gut?
GS:
Wir sind total zufrieden. Natürlich müssen wir mit den Kunden ein Erstgespräch angehen, aber sobald sie es angenommen haben, verwenden sie es immer wieder.

Zurück zum Minimalismus. Wie äußert sich der in deiner Arbeit?
GS:
Ich bin ein ganz klarer Haarschneider und komme mit wenigen, ganz klar gesetzten Abteilungen zu gleichem Ergebnis.

Und bei der Haarfarbe?
GS: Es gibt schöne Naturhaarfarben, die man nicht verändern muss. Die kann man mit einem guten Schnitt unterstützen und mit Glanz und leichtem Glossing veredeln. Es braucht nicht immer die 3-Stunden-Coloration. Ich probiere die Natürlichkeit, die in einem Menschen steckt, hervorzuheben. Es ist für mich der beste Ausdruck einer Frisur, das Strahlen der Kundin herauszubringen.

Ihr schließt mittags den Salon und macht eine Stunde gemeinsam Mittagspause?
GS:
Ja, da habe ich aus den Fehlern meines ersten Unternehmens gelernt. Mir ist wichtig, dass das Team zusammen die Pause verbringt und wir eine Kommunikation untereinander haben. In dieser Zeit ist das Geschäft zugesperrt und das Telefon nicht besetzt. Anfangs waren die Mitarbeiter dagegen, aber jetzt kann sich die niemand mehr wegdenken. Ein weiterer Grund, wenn auch die Ausnahme, ist, dass wir große Farbveränderungen, die wir meistens vormittags machen, mit dieser zusätzlichen Stunde abfedern könnten, sollten wir die Zeit benötigen.

Spannend ist auch euer Arbeitszeitkonzept: Ihr lebt die 3- bis 5-Tage-Woche?
GS:
Stimmt. Ich habe Mitarbeiter, die 30 Stunden verteilt auf 3 Tage arbeiten und vier Tage frei haben. Und ich habe Mitarbeiter mit einer 4-Tage-Woche sowie eine Mitarbeiterin in der 5-Tage-Woche. Ich bin da total offen. Allerdings ist die 4-Tage-Woche für jeden der Gamechanger und ohne funktionierendes Konzept geht da gar nichts. Wir haben das Privileg, gut ausgebucht zu sein. Wenn man die Termine nicht voll bekommt, muss man aufsperren, wenn Bedarf da ist. Und weil wir in der Woche gut besucht sind, arbeiten wir samstags beispielsweise unterbesetzt mit zwei Mitarbeitern.

Was liegt dir branchenintern am Herzen?  
GS: Ich würde mir sehr wünschen, dass wieder mehr Betriebe ausbilden. Ich bin ein Ausbildungsbetrieb und bei mir ist das Schöne, dass meine Lehrlinge schon in der Lehre oft ein Stellenangebot woanders bekommen.

Das ist schön?
GS:
Das ist für mich eine Ehre, weil ich weiß, dass meine Leute immer einen Job kriegen. Es zeigt mir aber auch, dass die Leute nicht mehr ausbilden wollen, aber viele Mitarbeiter suchen. Dieses System wird irgendwann so nicht mehr funktionieren. In zehn Jahren wird es weniger gute Stylisten geben, die noch mehr ausgebucht sind mit automatisch höheren Preisen. Mein Appell an die Unternehmen ist, wieder mehr auszubilden, den jungen Leuten zuzuhören, versuchen zu verstehen und sich an die Gegebenheiten anzupassen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg und auch, dass man das Bild rauskriegt, wie es vor 20 Jahren war.  

"Mein Team ist nur so stark wie mein Lehrling, wie unser „schwächster“ oder unser „jüngster“ Mitarbeiter ist."

Ich sehe es an mir: Die Leute bleiben, weil es für die passt. Ich habe eine flache Hierarchie und versuche, jedem auf Augenhöhe zu begegnen. Der Ort, an dem wir arbeiten, soll ein Wohnzimmer sein, in dem wir uns alle wohlfühlen. Mein Team ist nur so stark wie mein Lehrling, wie unser „schwächster“ oder unser „jüngster“ Mitarbeiter ist. Und deshalb muss ich als Leader unten beginnen und dann das Team rauf pushen.

Über Günter Steininger:

  • 2 Salons "Fell Salon Graz" und "Fell Salon 8020" (Graz) 
  • 13 Mitarbeitende | 2 Lehrlinge
  • Trainer, Ausbilder, Session Stylist 
  • DACH Advocate Authentic Beauty Concept
    www.fell-salon.com