Credit: imSalon

01.01.2010

Wenn der Vater mit dem Sohne: Gerhard & Andreas Mayer

Ein Generationenwechsel verläuft nicht immer ohne Blessuren, bei den Grazer Mayers aber irgendwie schon. Eine starke deutsche Frau, Wildschweine und Schweigen am Heilig Abend leisten dazu einen Beitrag … Das Interview führt Raphaela Kirschnick (RK)

Im Gespräch mit Raphaela Kirschnick (RK)
 

Raphaela Kirschnick: Geschäftsübergaben in der Familie zerbrechen nicht selten an internen Querelen und dem nicht Loslassen-Können des Älteren. Wie geht Ihr damit um?
Gerhard Mayer (im Folgenden GM): Der Bub soll bitte sprechen, Andi Du!
Andreas Mayer (im Folgenden AM): Im Großen und Ganzen haben wir Aufgabenbereiche und Kompetenzen gut getrennt, sind sehr konsequent uns nicht einzumischen, geben uns gegenseitig aber gerne Tipps. Ich bin für die Shoppingcenter-Standorte verantwortlich und mein Vater für den Flagship-Salon!
GM: Und durch unsere unterschiedlichen Ausbildungen - Andi mit Matura und Studium/ Ich, der mit 14 in die Lehre den Beruf von der Pike auf gelernt hat - Andi ist eher Quereinsteiger, Marketingmann und auch das bestimmt Kompetenzen.

RK: Gab es in der Vergangenheit Herausforderungen?
GM: Gibt es immer, denn auch im eigenen Haus gibt es Konkurrenzdenken. Manchmal habe ich Ideen und er sagt einfach „nein“. Aber auch bei neuen Projekten verbeißen wir uns schon mal gegenseitig in unsere Vorstellungen, aber lösen es im Endeffekt gemeinsam.
Außerdem gebe ich nicht so schnell auf, versuche es gerne erneut, bis zu dreimal.
AM: Also gegeißelt hat er mich vor der LAP mit den Worten üben, üben, üben!
GM: Für mich gab es immer nur ein Wort: Training!
AM: Ich hab mir da sehr schwer mit getan
GM: (strahlt voller Stolz) Aber dann die Prüfung mit Bravour geschafft.
AM: Ich hatte halt eine verkürzte Lehrzeit, parallel mein Studium, das war eine echt aufreibende Zeit.

RK: Gibt es ein Ritual, wie ihr mit Schwierigkeiten umgeht?
GM: (klopft auf Holz) Neeeeee, brauchen wir nicht!
AM: (schaut zweifelnd zu seinem Vater) Also, ich gehe dann meist eine rauchen oder laufe einmal um den Block zum Dampf ablassen, dann ist alles wieder ok!

RK Sind Verantwortlichkeiten klar getrennt?
AM: Also gerade durch die salonmäßige Trennung. Natürlich mache ich Internet und Marketing, dennoch fließen Ideen von Gerhard immer mit ein.
GM: Ich kann dem nichts hinzufügen.
Leichter ist es für uns, weil das Unternehmen größer ist. Wären wir nur ein Salon, dann würden hier ordentlich die Fetzen fliegen.
In einem Salon wäre es wahrscheinlich auf Dauer zum Scheitern verurteilt, wenn man da den ganzen Tag zusammen rumhängt.

RK: Andreas, welche Projekte hat dein Vater dir nicht erlaubt? Gibt es überhaupt welche?
AM: Nein! Im Gegenteil, 2003 war es mein Vorschlag ins Einkaufszentrum zu gehen. Ich habe ein neues Konzept erarbeitet und damit meinen ersten eigenen Salon. Dadurch habe ich eine ganze Welle im Salon an gekickt.

RK: Wie häufig seht ihr euch?
AM: (wie aus der Pistole geschossen) Fast täglich, na ja zumindest jeden zweiten Tag.
GM: (lehnt sich zurück und nickt grinsend)

RK: Gerhard, war es für dich immer klar, dass der Sohn Friseur wird?
AM: (im Aufstehen) Für ihn mehr als für mich! (geht sich einen Kaffee holen)
GM: Ja, für mich war es klarer als für ihn. Ich habe heimlich immer gehofft, dass er meinen Weg einschlägt.

RK: Und wie war dann die erste Reaktion, als er sagte „Ich werde es“?
GM: Teilweise stolz, teilweise mit Fragezeichen.

RK: Hast Du sich je gefragt, wer einmal den Salon übernehmen soll?
GM: Nein!

RK: Andreas, wann war es für dich klar, was du werden möchtest?
AM: Für mich war nur mal klar, dass ich Matura machen wollte. Und irgendwann hat mir mein Vater eine Seminarwerbung „Lerne Haareschneiden in einem Tag“ vom Prebio untergejubelt. Das habe ich ausprobiert und er hatte mich am Haken, dann habe ich parallel zum Studium weitergemacht.
GM: Auf dieses Seminar bin ich gestoßen, weil ich es erst mal ziemlich anmaßend fand, denn ich habe fürs Haareschneiden Jahre gebraucht und lerne immer noch dazu. Da war ich fast eifersüchtig und habe beim Prebio angerufen und ihn gefragt, ob es nicht Blödsinn sei. Er klärte mich dann über die Hintergründe auf und ich dachte „Peng, toller Einstiegsansatz, damit ködere ich den Andi“
Natürlich rief ich nach dem Seminar wieder beim Prebio an, um mich zu vergewissern, ob mein Sohn überhaupt Talent hat. Nun er hatte! (grinst zufrieden)

RK: Ist man mit dem eigenen Spross strenger?
AM: (nickt heftig)
GM: Also mir fehlt da die strenge deutsche Art meiner Frau, aber ich bin eine Kämpfernatur und einfach nur gut sein, gibt es bei mir nicht. Man darf nicht stehen bleiben und so habe ich dem Andi von Anfang an die Latte hoch gehängt.
AM: Also es war schon heftig und irgendwann genug (blickt streng zum Vater hinüber). Aber mittlerweile ist es auch bei mir in Fleisch und Blut übergegangen. Es war eine harte Schule, die mir eine gute Arbeitsmoral mit auf den Weg gegeben hat.

RK: Wie trennt ihr Business und Privat?
AM: Gar net! In den seltensten Fällen reden wir gar nicht! Ich glaube, Heiligabend war Business frei.
GM: Ich gestehe, das ist meine allergrößte Schwäche.
AM: Oh ja!
GM: Wenn ich halt etwas im Kopf habe, dann muss es auch raus!
AM: Wir waren am Wochenende 4 Tage Wildschweine jagen, davon sind 50 % Business, dann sitzt man noch viel alleine im Wald und na ja häufig muss man eh leise sein.

RK: Wer darf wem Ratschläge erteilen?
AM: Schon gegenseitig, obwohl die meisten Ratschläge in meine Richtung kommen
GM: Nein, das stimmt nicht, 50:50!
AM: Oh doch!
GM: Also vor Kurzem schlug er mir glatt vor, Guiness Bier in meinem neuen Herrensalon auszuschenken. Das hab ich gleich abgeschmettert. Jetzt gibt es Orangensaf!
AM: Guiness wäre wirklich toll!

RK: Ich fände Guiness auch toll
AM: (Schaut seinen Vater herausfordernd an)
GM: Ok, ich werde nochmals drüber nachdenken!

RK: Und die Mama, hat sie das ein oder andere Mal eine ausgleichende/vermittelnde Rolle?
AM: Sie ist oft die dritte Meinung im Bunde.
Wir sprechen uns dann immer vorher ab, um zu zweit zu gewinnen. Denn wenn sie gegen uns ist, dann ist das ganz schlecht.
GM: Oh ja! Sie ist so eine typisch Deutsche: konsequent, stark und toll! Sie sind halt hart, die Deutschen. (als Deutsche Frau werde ich jetzt immer kleiner)
AM: Wir verbünden uns dann immer gegen Sie, vor allem wenn es ums finanzielle oder organisatorische geht, da ist sie knallhart.

RK: Andreas, was hast Du von deinem Vater gelernt?
AM: (Langes Nachdenken)
GM: Sag jetzt bloß nicht Haare schneiden!
AM: Nee! (denkt weiter nach) Allen voran Menschlichkeit, viele gute Eigenschaften, die für den Alltag im umgang mit Menschen wichtig sind. Und auch mal ein Auge zudrücken, wir sind ja auch nur Menschen.

RK: Gerhard, was lernst Du von deinem Sohn?
GM: Genauigkeit in gewissen Dingen, zumindest versuche ich es.
AM: Er ist schon besser geworden!
GM: Ich beneide ihn um den ganzen Multi Media Kram, der wurde ihm ja in die Wiege gelegt.

RK: Generationenwechsel!? Wie sieht diesen der Sohn, wie der Vater?
AM: Mir fällt auf, dass den jungen Leuten häufig nicht früh genug die Chance gegeben wird sich einzubringen, bzw. in den Salon nicht mit eingebunden werden.
Man sollte den Jungen einfach mehr Möglichkeiten geben zu lernen. Vor allem Werte zu erkennen. Bei unserer Generation sind sehr viele Grundwerte verankert, die ich beim Nachwuchs vermisse. Gerade in dieser schnelllebigen Zeit sollte hier wieder mehr Fokus gesetzt werden.
GM: Also bei den Nachrichten, die man jeden Tag liest, kann ja nur eine No-Future Generation nachkommen. Es fehlen Perspektiven und Kampfgeist, einfach generell.
AM: Vor allem wollen die alle nur eines: Spaß! Und so funktioniert das Leben halt nicht!

RK: Was möchtest Du Deinem Sohn weiterhin mit auf den Weg geben?
Habe einen permanenten Erfolgsgedanken!
GM: Ich hatte diesen vom 1. Lehrjahr weg bis heute, denn eigentlich war ich ja ein schlechter Lehrling und musste mich immer mehr anstrengen.

RK: Was möchtest Du Deinem Vater professionell mit auf den Weg geben?
AM: Den wohlverdienten Ruhestand. (lacht)

RK: Gerhard, im Interview im März 2010 sagtest Du „noch 2 Jahre, dann höre ich auf“, das wäre jetzt! Wie sieht es aus?
AM: (Lacht laut auf) Das hat er verlängert!
GM: Um 2-3 Jahre. Ach, es gibt doch noch so viel zu tun, ich bin ja erst 53 Jahre Friseur.
AM: (Lacht)
GM: Ich muss da einfach ergänzen, es ist so ein toller Beruf. Ich arbeite freitags und samstags und habe noch immer junge Kundschaft …
AM: Also ich gehe dann mal (steht auf und verabschiedet sich)
GM: …
und so plaudern wir weiter ...

Das Interview ist nun zu Ende!
RK: Ich danke euch für das nette und offene Gespräch!