Sie tritt für die Friseure bei der EM der Berufe an: Seda Türkoglu aus Braunau am Inn | C: zur Verfügung gestellt von Seda Türkoglu

05.06.2021

Seda Türkoglu: 'Nur' im Salon stehen, war mir immer zu langweilig

Die Oberösterreicherin ist Teilnehmerin bei der Berufs-EM im September und vertritt die heimischen Friseure im europäischen Teilnehmerfeld. Wie man sich auf spontanes „copy-paste“ in einem Wettbewerb vorbereitet und warum es spannend sein kann, eine Frisur von einem Foto nachzuarbeiten ...

Im Gespräch mit Katja Ottiger


Seda, du vertrittst die heimische Friseurbranche bei der ►Euroskills, der Europameisterschaft der Berufe. Wie kam das?
Seda Türkoglu:
Ich habe immer schon an Lehrlingswettbewerben teilgenommen und mich bis zu den Staatsmeisterschaften hochgearbeitet. 2019 wurden die drei Besten zum Qualifikationsbewerb für die Worldskills (WM der Berufe, Anm.) nach Salzburg eingeladen und dort habe ich mich gleichzeitig für die Euroskills 2020 qualifiziert, die wegen Corona auf den September 2021 verschoben wurde.

Du warst 2019 für Österreich bei den Worldskills in Kasan, Russland, dabei. Wie war das?
ST:
Unglaublich! Da waren so viele Menschen auf einem wirklich riesengroßen Areal! Jede Berufssparte hatte eine Halle, in der nebeneinander gearbeitet und juriert wurde. Du musst dir vorstellen, dass jeder Teilnehmer zusätzlich mit einem Experten anreist, der auch gleichzeitig juriert. Plus der Modelle sind das über tausend Menschen. Leider fallen bei uns die Modelle in diesem Jahr weg, weil nur an Trainingsköpfen gearbeitet werden darf.

Wer sind die Experten?
ST:
Jeder von uns Teilnehmern hat eine Expertin oder einen Experten zur Seite, die uns begleiten und unterstützen. Sie sind gleichzeitig auch Jurymitglieder, die innerhalb der Berufsgruppen jurieren, aber nicht denjenigen beurteilen dürfen, den sie begleiten. Meine Expertin ist die Susanne Zuser(Landesberufsschule St.Pölten, Anm.).

Anders als beim „normalen“ Preisfrisieren, kannst du bei der Euroskills deine Frisuren nicht selbst kreieren, sondern machst „copy - paste“?
ST: Stimmt, die Aufgabe ist es, genau das nachzuarbeiten, was man auf einem Foto sieht. Jeder Teilnehmer bekommt die Fotos erst direkt beim Wettbewerb zu sehen und muss jedes Haar eins zu eins umsetzen. Aber es gibt auch Arbeiten, bei denen das nicht so ist, meistens bei den Damen köpfen.

Engt Nacharbeiten nicht ein?
ST:
Nein, das finde ich gar nicht! Du musst das nacharbeiten, was du auf dem Foto siehst, also nur eine Seite, die andere ist dir selbst überlassen. Das ist schon klass! Du kannst spontan und kreativ sein. Außerdem sind die Spiegel beim Wettbewerb so aufgestellt, dass man nicht sehen kann, was die anderen Teilnehmer machen. Wobei: Bei den Worldskills war ich zu kreativ, das war nicht so klug (lacht)!

Seda Türkoglu und Bundespräsident Alexander van der Bellen bei einem Empfang
Seda Türkoglu mit Bundespräsident Alexander van der Bellen bei einem Empfang nach den Worldskills 2019 | C: privat

Wie hast du denn bei den Worldskills 2019 abgeschnitten?
ST:
Naja, für eine Medaille hat es leider nicht gereicht, trotzdem bin ich stolz auf meine Leistung.

Wie bereitest du dich im Training vor?
ST:
Ich schaue mir die Frisuren vergangener Wettbewerbe an, um ein Gespür zu bekommen, worauf ich achten muss. Ich fahre zweimal im Monat mehrere Tage zum Trainieren nach Graz zu Oliver Oettl für das Damenfach und mehrere Tage im Monat bin ich bei Dieter Koller in der Nähe von Wels. Er berät mich im Herrenfach. Ich trainiere darauf hin, in zweieinhalb Stunden Farbe, Schnitt und Styling unterzubekommen. Ich arbeite sehr genau und gewissenhaft, weshalb ich mit den kurzen Zeitvorgaben manchmal leichte Schwierigkeiten habe, aber es hat am Ende doch immer gut geklappt.

Wie lange geht der Wettbewerb?
ST:
Mit den Vorbereitungen und Siegerehrungen insgesamt 7 Tage. An den Wettbewerbstagen hat man jeweils vormittags und nachmittags ein Projekt zu erarbeiten. Das sind bei den Damen z.B. Farbe, Dauerwelle, Extensions und Catwalkdesign, bei den Herren Haarschnitt und Bartschneiden. Das ist für alle gleich. Bei der WM hat es Länder gegeben, bei denen du siehst, dass manche Teilnehmerinnen normalerweise keine Männer arbeiten. Die Teilnehmerin aus dem Oman hatte ihren Herrn so verschnitten, dass er hinterher nachgearbeitet werden musste.

Was lernst du von den anderen Berufsgruppen?
ST:
Ich bin befreundet mit einer Floristin, die bei den Euroskills teilnimmt. Es ist interessant zu sehen, dass nicht nur wir Friseure einen Haarschmuck kreieren müssen, sondern auch die Floristen mit Blümchen & Co. ähnlichen zauberhaften Schmuck machen.

Deine Konkurrenten sind international. Gibt es da eine Community?
ST: Ja klar, es ist ein Wettbewerb und man sieht die anderen als Konkurrenten, aber man ist auch miteinander befreundet. Alle sind weit weg von zu Hause, man geht gemeinsam essen, macht Sightseeing. Als wir in Russland waren, hatten wir einen ganzen Tag in Moskau, bevor wir weiter nach Kasan gereist sind. Es gibt viel zu sehen und man kommt rum. Ich war schon in Finnland und Italien, für das letzte Jahr waren Spanien und Luxemburg geplant.

Seda Türkoglu mit Modell als Teilnehmerin bei "Show Your Talent" | C: Puls 4

Wie bist du ins Preisfrisieren hineingekippt? Auch bei „Show your talent“ auf Puls 4 hast du schon um die Wette frisiert und gewonnen …
ST: Mir war der Job einfach zu langweilig. Damit meine ich, das im Salon zu stehen. Ich wollte immer schon mehr als das. Bei meinem letzten Arbeitgeber, bei Klipp, hatte ich wirklich das Glück, dass sie immer hinter mir standen, dass ich im Klipp Fashion Team dabei sein durfte und bei Foto-Shootings – das ist mehr als Alltag, so wie eben das Trainieren für einen Wettbewerb.

Wer trägt denn die Kosten für deine Teilnahme an den Euroskills?
ST:
Die Kosten werden von der Innung und Skills Austria übernommen. Goldwell und HAIR HAUS tragen immer dazu bei, dass ich alle Farben und Werkzeuge zur Verfügung habe. 

Hast du schon dich schon einmal bei den Hairdressing Awards oder einem ähnlichen Wettbewerb beworben?
ST:
Ja, bei der Colorzoom! Da habe ich in den letzten Jahren einmal Silber und einmal die Bronze gewonnen.

Du bist noch sehr jung, hast vieles deiner Berufserfahrung bei Klipp gelernt. Jetzt gehst du neue Wege?
ST:
Ja. Gemeinsam mit meiner Schwester, die Kosmetik Meisterin ist, baue ich einen eigenen Salon auf: „Masterclass Hair and Beauty“. Die Entscheidung nach 8 Jahren von Klipp wegzugehen, ist mir sehr schwergefallen, aber es musste einfach sein. Es war immer schon mein Ziel, in meinem eigenen Salon zu stehen und eigene Kunden zu bedienen. Mir fehlt noch eine kleine Prüfung zum Friseurmeister und dann geht es los.

Über Seda Tükoglu:

  • 8 Jahre Friseurin bei Klipp in Braunau
  • Saloneröffnung in Ostermiething, Oberösterreich geplant für September/Oktober
  • Teilnehmerin und Gewinnerin bei „Show your your Talent“ auf Puls4 .
  • Goldwell Colorzoom Silber und Bronze
  • Teilnahme an 10 Wettbewerben, zumeist am Stockerl

Über die Euroskills:
Die EuroSkills ist ein Berufswettbewerb, der in Form einer Europameisterschaft ausgetragen wird, teilnehmen können alle Stylisten bis zu 25 Jahren. Bei dem Bewerb treten rund 45 europäische und durchschnittlich 450 Berufe aus Industrie, Handwerk und Dienstleistung gegeneinander an.