Aaron Leufen | Credit: Michael Landl

10.06.2022

Aaron Leufen: Eine ganze Generation an verlorenen Lehrlingen? Die Chancen stehen nicht schlecht!

Kein Platz für gute Ausbildung, desillusionierter Nachwuchs und die verlorene Fähigkeit, Mitarbeiter*innen im Job zu halten. Ein paar Gedankenspiele …

Ein Kommentar von Aaron Leufen
 

Mein erstes Halbjahr 2022 war bislang äußerst erfolgreich was die Auslastung meiner Schule (Lutz Leufen Friseurtraining, Anm.) anbelangt. Wir konnten alle Termine mit 7-10 Teilnehmer*innen stattfinden lassen und mussten zusätzlich weitere Termine einplanen - so groß ist der Bedarf derzeit! Es sind vor allem innovative Unternehmer*innen, denen klar geworden ist, dass die Zeiten vorbei sind, sich auf den Arbeitsmarkt zu verlassen.

In Linz haben wir derzeit knapp 6% Arbeitslosenquote, das ist österreichweit ähnlich und dementsprechend mager sieht es aus. Gleichzeitig klagen viele Kolleg*innen über ausbleibende Kundschaft, gerade diejenigen mit mehr als 5 Mitarbeiter*innen - da hat wohl Corona viele Stylist*innen in die Selbstständigkeit geführt...?! Eine große Sorge meinerseits war 2020, dass sich der Salonalltag noch schwieriger gestalten wird, wenn sich DIY, beispielsweise bei Haarfärbungen, durchsetzt.

Ich habe keine Kristallkugel und mag Prognosen noch weniger, da die auch immer kurzfristiger zu betrachten sind. Aber eines ist mir in den letzten Wochen klar geworden: Unser Nachwuchs ist desillusioniert, abgekämpft, frustriert und wütend. Sie können das nur schwer in Worte fassen, aber diese Entwicklung ist auch keine große Überraschung, diese Prognose habe ich schon vor Jahren aufgestellt, jetzt ist sie eingetreten - wir Friseure können und konnten nicht ausbilden!
 

Corona – Kein Platz für echte Aus-bildung

Unsere Seminarteilnehmer*innen hatten, wenn, dann nur absurd eingeschränkte Berufsschulzeiten. In den Salons selbst gab es kaum interne Schulungen, denn wenn "wir" durften, mussten die Terminplaner so voll wie möglich sein - da ist kein Platz für eine echte Aus-bildung. Ist damit vielleicht sogar eine ganze Generation an Lehrlingen verloren? Die Chancen stehen jedenfalls nicht schlecht.

Was also tun? Viele Betriebe bilden zwar (noch) Lehrlinge aus, aber tun dann zu wenig, um diese auch langfristig zu halten. Das geht nur mit "Incentives", also mit Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Gerade hier fördert AMS und Wirtschaftskammer mit viel Geld, um eben dem Fachkräftemangel wenigstens etwas entgegen zu setzen. Die Jungen wollen lernen, mehr aus ihrer Leidenschaft machen oder wenigstens Selbstsicherheit haben, den hohen Ansprüchen zu genügen (und zu übertreffen). Es ist leicht, mangelnden Ehrgeiz zu bemängeln, wenn sie doch oft keinen Schimmer haben, was in unserem Beruf alles möglich ist - und was auch nötig ist.
 

Nur den Lohn zu überweisen, reicht längst nicht mehr

Biete Goodies, wie flexible Arbeitszeiten, höhere Löhne, Umsatzbeteiligung. Jeder Betrieb muss hier seinen eigenen Weg finden, aber bei entsprechender Verhandlungsbereitschaft aller Beteiligten, werden sich immer Lösungen finden. Und wenn`s ein "Energiegutschein" für ein Wellnesswochenende ist, oder eine spontane Tankfüllung für die Pendlerin, das eine oder andere Mittagessen vom Lieferservice...

Letztlich führt nichts daran vorbei, sich mit der Situation unserer Mitarbeiter*innen auseinander zu setzen und gemeinsam zusammenzustehen. Es reicht nicht mehr aus, nur den Lohn zu überweisen und mit diesem maximalen Einsatz zu erwarten!