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17.07.2013

Der Preis ist heiß - Kühle Preiskalkulation

...und das nicht nur als Slogan. Die letzten Beiträge haben gezeigt, dass auch (und gerade) dort, wo rationelle Überlegungen und ein kühler Kopf gefragt sind, Emotionen in der Diskussion rund um den Wert und den Preis von Dienstleistungen hochkochen.

Deshalb diesmal eine nüchterne Betrachtungen zum Thema Preiskalkulation. Beginnen wir ganz vorne. Sie arbeiten in einer Branche, in der Kunden klare Aussagen zu Preisen erwarten. Oft noch nicht transparent genug, aber immer als Bündel verschiedener Positionen, die sie deshalb zusammenzufassen haben.

Als Vergleich: während es jeder normal findet in der Werkstatt oder bei der Reparatur der Waschmaschine gesondert Materialkosten und Stundenlöhne ausgewiesen zu bekommen, würde das vermutlich den Friseurkunden sehr irritieren. Wie in anderen Branchen aber auch, besteht ihre Kalkulation aus eben diesen Posten: Material und Personalkosten zusätzlich Aufschläge für Gemeinkosten und den Gewinn, umfassen.
Knifflig deshalb, weil jede Preiskalkulation, wie wir Sie hier erarbeiten, auf Vorannahmen basiert.

Sowohl beim Material als auch bei Arbeitszeit und nicht zuletzt der Auslastung. Will sagen: brauchen Sie 4 statt 2 neuer Bremsbeläge, findet sich das auf der Rechnung der Werkstatt wieder; arbeitet der Installateur 2 statt einer Stunde, ebenfalls. Wenn bei Ihnen Ihre Mitarbeiterin 70 statt 50 Gramm Farbe verwendet oder - aus welchem Grund auch immer - länger am Kunden braucht, dann findet sich das nirgends!

Daraus ergibt sich für mich die erste Aufgabe bei der Kalkulation: Erstellen Sie klare Regeln (Zeit: wie lange dauert etwas; Material: wie viel verwenden wir für welche Dienstleistung) und kommunizieren Sie auch im Team, verständlich mit allen Erläuterungen.

Nächster Punkt: Wer tut was? In jeder Branche verdienen Meister mehr als Lehrlinge. Rechnen Sie bspw. einen Monatslohn inkl. Nebenkosten von 1.500,- Euro auf die Minute um, ergibt das rund 27 Cent /Minute, bei einem Lehrling mit bspw. 400,- Euro (auch wenn dieser weniger im Betrieb ist) kommen Sie auf knapp 10 Cent. Klingt nach wenig, macht aber in Summe enorm viel aus!

Also: wer trägt die Farbe auf, wer macht Strähnen, usw. sind ebenfalls Fakten, die klar sein müssen.

Wenn wir schon bei klaren Regeln und Lohnkosten sind: in der Friseurbranche macht der Materialeinsatz 10 - 15%, die Personalkosten aber oft 40 - 50% aus... Für mich heißt das: verschwendete Zeit ist die teuerste Position Ihrer Kostenrechnung.

Apropos verschwendete Zeit: sie müssen auch die aktuelle Auslastung Ihrer Mitarbeiter kennen. Nicht nur "gefühlt am Freitagnachmittag vor Weihnachten" sondern im Mittel des Jahres. Denn: abgesehen vom Material, das pro Behandlung kalkuliert werden kann, sind alle anderen Faktoren in der Zeit zu erwirtschaften, die verkauft wird. Auf Deutsch: werden nur 50% der Zeit von Kunden konsumiert, müssen Sie zwangsweise den doppelten Lohn, die doppelten Gemeinkosten und den doppelten Gewinn pro Minute zugrunde legen!

Das führt zur nächsten Aufgabe: berechnen Sie, wie viel (Arbeits-, also "verkaufbare") Zeit zur Verfügung steht. Eine Vollkraft ist rund 100.000 Minuten im Jahr anwesend, Teilzeitkräfte oder Lehrlinge anteilig weniger. Bitte bedenken Sie dabei, dass auch Sie selbst, wenn Sie produktiv im Salon mitarbeiten, dazu zählen. Ich hoffe, es ist klar, dass Sie sich in dem Fall auch mit einem kalkulatorischen Lohn - genauso wie ggf. eine kalkulatorische Miete oder auch die Investitionen in Ihren Salon, etc. - ansetzen müssen.

Zudem sind all die Gemeinkosten und der benötigte Gewinn auf die Zeit (umgerechnet auf die Auslastung) in der Zeit zu erwirtschaften.

Wieder als Beispiel: haben Sie 3 Stylisten plus Sie selbst und zwei Lehrlinge und Gemeinkosten /benötigter Gewinn von 75 t.Euro müssen Sie rund 13,5 ct./Minute rechnen - bei 50% Auslastung rund 27 ct. /Minute.

Fassen wir 2 Beispiele zusammen:
Schnitt und Frisur, erstellt von einem Stylisten in 45 Minuten, bei 1,- Euro für Material addieren sich nach unserem Beispiel von oben auf

1,- Material = 1,-
45 Minuten á 54 ct. Lohnkosten = 24,30
45 Minuten á 27 ct. Gemeinkosten & Gewinn = 12,15

Summe netto
= 37,45 €

Zzgl. 20% MWst
= 44,94 Euro

Coloration, erstellt in 15 Minuten von einem Lehrling, mit 5 Euro Materialeinsatz
5,- Euro Material = 5,-
15 Minuten á 20 ct/Minute Lohnkosten = 3,-
15 Minuten á 27 ct Gemeinkosten & Gewinn = 4,05

Summe netto
= 12,05

Zzgl. 20% MWst
= 14,46

Mir ist klar, dass dieses Beispiel vermutlich auf keinen von Ihnen 100%-ig zutrifft. Aber es zeigt mehrere Aspekte auf:

1) Dass es sinnvoll ist, diese (und andere) Beispiele mit IHREN Werten zu rechnen

2) Besonders zeitintensiver Dienstleistung genau unter die Lupe zu nehmen sind

3) Mit Zusatzleistungen (oft) weit mehr Deckungsbeitrag erwirtschaftet wird als mit Schnitt und Frisur

4) Nicht zuletzt: da die Auslastung ein ganz großer Hebel in Ihrer Kalkulation ist, sollten sie trotz sorgfältiger Kalkulation auf ein attraktives Preis- /Leistungsverhältnis in der Außendarstellung achten, um eine ausreichend große Kundenmenge anzusprechen

Ich wünsche Ihnen - im Bewusstsein, hier nur "an der Oberfläche kratzen zu können" - einen kühlen Kopf beim Rechnen und biete Ihnen gerne an, Sie beim Umlegen dieser Beispiele auf Ihren Salon zu unterstützen.