Cornelia Hoffmeister-Gizzi, seit über 30 Jahren Geschäftsführerin der GFH - Gesellschaft für Gesellschaft für Haarästhetik mbH | Credit: Matthias Merz imSalon

24.11.2023

„Wir müssen uns gegen die chinesische Produkt-Invasion wehren.“

Seit über 30 Jahren steht Cornelia Hoffmeister-Gizzi an der Spitze der GFH. Ihr Metier ist das Zweithaar-Geschäft, welches gekommen ist, um zu bleiben - und das mit wachem Blick in Richtung China.

Im Gespräch mit Katja Ottiger

Frau Hoffmeister-Gizzi, Sie stehen seit 30 Jahren an der Spitze der GFH, die Sie in den Neunzigern allein gegründet haben. Wie kam das?
Cornelia Hoffmeister-Gizzi:
Im Jahre 1991 habe ich mit Nichts begonnen: keine Angestellte, keine Kunden, nur viel Optimismus. Meine Erfahrungen in der Branche habe ich zuvor sechs Jahre lang als Verkaufsleiterin in einer Zweithaar-Firma gesammelt. Ein Lieferant aus den USA machte mir dann den Vorschlag einer Kooperation. Die ersten fünf Jahre waren wirklich hart! Es gab kein Handy, es gab kein Navi und ich bin allein durch halb Europa gefahren, um mir einen Kundenstamm aufzubauen. 

Als Frau war das in den von männerdominierten Neunziger Jahren sicher nicht immer einfach. Aber wenn man Sie erlebt, spürt man, dass Sie, positiv gesprochen, „sich durchbeißen“ können.
CH:
Ja, man unterschätzt mich gern (lacht). Allerdings muss ich einräumen, dass ich in Asien nie das Gefühl der Frauendiskriminierung hatte. Meinen Mitarbeitern lasse ich viel Freiheit, aber verlange auch, dass sie immer on the spot sind.

Wie groß ist der internationale Markt der GFH?
CH: Der macht rund 20 Prozent unserer Kunden aus, hier vor allem der europäische Markt. Von Norwegen, Finnland, Dänemark, Benelux über die osteuropäischen Länder, bis hin zu Österreich, Italien, Irland und der Schweiz.

Wo werden Ihre Zweithaarprodukte gefertigt?
CH:
Überwiegend in China, aber ich habe ebenso Produzenten in Indonesien, auf den Philippinen und in Korea. Jahrelang habe ich viel Zeit darauf verwendet, die geeigneten Lieferanten zu finden. Ich bin regelmäßig direkt in die Fabriken gefahren, habe vor Ort mit Leuten gearbeitet und unsere Standards geklärt. Corona hat dahingehend eine Zäsur gemacht und einiges verändert. Mittlerweile kommen die Lieferanten auch nach Deutschland, was vorher undenkbar war. 

Wo sehen Sie die Zukunft des Zweithaares?
CH:
Eine spannende Frage! In den 90er Jahren, hat man das Ende des Zweithaares herbeigeredet. Man glaubte, dass es in der Krebstherapie bald eine Therapie ohne Haarausfall-Nebenwirkung geben würde. Für die Alopecia sagte man medikamentöse Genveränderungen vorher, die den Haarwuchs reanimieren würden. Das ist jetzt 30 Jahre her, eingetroffen ist davon nur wenig. Im medizinischen Bereich wird Zweithaar auf jeden Fall weiterhin gebraucht.
Die Anzahl von Alopecia areata (kreisrunder Haarausfall, Anm.) Erkrankten ist so klein, dass sich keine Pharmaindustrie dem annehmen möchte, das rentiert sich nicht. Auch dieses Krankheitsbild wird es meiner Meinung nach noch lange geben und damit auch der Bedarf bei Haarersatz.

„Friseure brauchen neue Konzepte und da ist der Zweithaar-Sektor ein wichtiger.“

Und im Bereich Fashion?
CH:
Ende der 80er Jahre kamen plötzlich diese Clip-in Haarteile auf, gefolgt von den Extensions. Aktuell gibt es einen Boom bei Toppern und Haarteilen. Perücken sind allerdings immer noch zu fast 100 % auf den medizinischen Einsatz begrenzt.
Friseure brauchen neue Konzepte und da ist der Zweithaarsektor ein wichtiger, der sich immer mehr durchsetzt. So wie sich viele Frauen mittlerweile die Nägel machen lassen und immer mehr Nagelstudios auf den Markt drängen, gibt es auch hier Wachstum.

Was sind die besonderen Herausforderungen am Zweithaar-Sektor?
CH:
Das ist China! Sie drängen mit Vehemenz auf den deutschen Zweithaar-Markt und verdrängen, was man mühselig über Jahre und Jahrzehnte aufgebaut hat. Sie kontaktieren ungefragt einfach jeden, der auf seiner Homepage etwas von Haarersatz stehen hat. Das ist eine wirkliche Herausforderung!

Wie ist die Qualität chinesischer Produkte?
CH:
Die Handarbeit, ganz ehrlich, ist in China besser als bei uns, diese Feinheit ist eine asiatische Domäne, egal ob von Chinesen, Vietnamesen oder Koreanern. In Deutschland gibt es fast nur noch Knüpferinnen bei den Maskenbildnerinnen. Diese diffizile Handarbeit will man hierzulande nicht mehr ausüben und sie wäre auch nicht mehr bezahlbar.

„Ich kenne die Produktionsstätten meiner Lieferanten persönlich.“

Wie schaut es mit Menschenrechten in der Produktion aus? Können Sie die bei Ihren Lieferanten nachvollziehen?   
CH:
Das ist ein großes Thema, mit steigender Relevanz. Ich halte die Produktionsstandards mit meinen Lieferanten schriftlich fest und kenne die Produktionsstätten persönlich. Man kennt sich seit Jahren und es sind persönliche Bindungen entstanden. In der Perückenherstellung habe ich z.B. noch nie Kinder gesehen und die Löhne wurden in den letzten Jahren den gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst. 

Die gfh bietet ein umfangreiches ►Schulungsangebot in Sachen Handhabe und Beratung. Auch in puncto Abrechnung mit den Krankenkassen?
CH:
Die Einreichung der Rezepte und die Abrechnung mit den Krankenkassen ist sehr kompliziert geworden und ich möchte behaupten, dass es sehr schwer ist, allein damit klarzukommen. Wir haben ein Handbuch für die erforderliche Präqualifizierung herausgegeben und beraten unsere Kunden auch telefonisch. Natürlich ist dies auch immer Thema in unseren Seminaren.

Spannend finde ich, dass Sie keinen Außendienst haben und dafür das GFH Event nutzen, das im 2-Jahres-Rhythmus in Fürth stattfindet. In diesem Jahr hatten Sie hier u.a. ►Barber Felix Hohleich auf die Bühne geholt! 
CH:
Ja, wir haben uns gegen Außendienst entschieden und für mich ist dieses Event die Gelegenheit, mit unseren internationalen Kunden, die man sonst immer nur telefonisch spricht, auf Tuchfühlung zu gehen, persönliche Gespräche zu führen und Neues zu präsentieren. Diese Internationalität wird von den Kunden auch sehr geschätzt.

„Die deutsche Zweithaarindustrie muss Präsenz zeigen und gemeinsam alles tun, um sich gegen die `Invasion` aus China zu wehren."

Im April 2024 findet wieder ►DIE ZWEITHAAR (BVZ Messe) statt, auch in Kooperation mit der GFH. Hier gibt es Neuerungen, Anbieter von Extension, wie Hairdreams, werden vertreten sein?
CH:
Es war mir ein großes Anliegen, dass diese Messe wieder stattfinden kann. Die heimische Zweithaarindustrie muss Präsenz zeigen und gemeinsam alles tun, um sich gegen die „Invasion“ aus China zu wehren, die z.B. auch bei der letzten Top Hair Messe deutlich sichtbar war. 

Frau Hoffmeister-Gizzi, vielen Dank für Ihre Zeit und weiterhin alles Gute für Sie und Ihre GFH!

Über Cornelia Hoffmeister-Gizzi:

  • begonnenes Germanistik- und Französisch Studium; Fremdsprachenschule
  • tätig im internationalen Verkauf, u.a. Zweithaar
  • 1991 Gründung der GFH – Gesellschaft für Haarästhetik mbH mit Sitz in Fürth / Bayern
  • 27 Mitarbeiterinnen*Mitarbeiter | noch keine Auszubildende, aber in der Überlegung

Interessiert an Weiterbildung im Zweithaar-Bereich mit der GFH ?

GFH Seminarübersicht

 

Friseure brauchen Zukunft!

#Neue Wege im Friseurhandwerk
Um die Zukunft des Friseurhandwerks mitzugestalten, lädt imSalon zum Zukunftskongress nach Berlin und bietet damit DIE Plattform, um die Herausforderungen der Friseurbranche gemeinsam zu adressieren und Lösungen zu finden. 

Unter Einbeziehung von Politik, Verbänden, wichtigen Partnern aus der Industrie/ Handel und Presse zielt dieser Kongress darauf ab, Chancen für das Friseurhandwerk zu erkennen und die Branche aktiv zukunftsfähig zu gestalten. JETZT dabei sein und Tickets sichern! Mehr dazu ...