27.10.2022
Zwei Soloselbstständige und ein Salon – so geht‘s
Seit 9 Jahren teilt sich Vera Bächler erfolgreich einen Salon mit einer anderen selbstständigen Friseurin. Klare Trennlinien, gute Kommunikation, halbierte Fixkosten und keine Angst vor Konkurrenz im Haus gehören zum Erfolgsrezept.
Frau Bächler, sie teilen sich seit fast Jahren einen Salon mit einer anderen selbstständigen Friseurin. Wie kam es dazu?
VB: Meine Kollegin hat in dem Salon, in dem ich jetzt arbeite, viele Jahre gearbeitet und ihr wurde angeboten, diesen zu übernehmen. Drei Jahre lang nutzte sie die Räumlichkeiten alleine …
… und wie kamen Sie dann ins Spiel?
VB: Ich war 34 Jahre lang in einem anderen Salon angestellt, der geschlossen wurde. Damals war ich 49. Zuerst dachte ich mir: Lass es mal langsam angehen, orientiere dich um, … aber ich bemerkte schnell, dass der Beruf mein Leben war. Das war auch der Grund, warum ich einen Raum für mich suchte. Ich wusste von meiner jetzigen Kollegin, dass sie als Soloselbstständige ihr Unternehmen führt. Von ihr wollte ich wissen, wie sie das alles umsetzt, denn sie ist so – wie ich – ohne Meister. Wir haben aufgrund unserer jahrelangen Tätigkeit eine Ausnahmebewilligung erhalten.
"Wir hatten alles konsequent getrennt."
Wie funktioniert so ein Salonbetrieb mit zwei Soloselbstständigen?
VB: Es wurde einfach alles ganz klar getrennt. Wir waren zwei unterschiedliche Unternehmen mit eigenem Namen, separatem Telefon, unterschiedlicher Kundschaft, anders kalkulierten Preisen und genauso war es auch bei den Waren. Wir hatten alles konsequent getrennt. Sogar unsere beiden Werbeplakate hingen an der Wand.
"Es gab schon mal den Fall, dass Kunden die andere Friseurin aus Neugierde probierten, aber das ist ja auch kein Problem, solange man offen und ehrlich über alles spricht."
Wie wurde Laufkundschaft gehandhabt?
VB: Da wir nur mit Terminvergabe gearbeitet haben, kam das nicht oft vor. Aber natürlich hat man sich kurz koordiniert, wer Zeit hat. Wir haben uns Kundschaft auch niemals abgeworben. Es gab schon mal den Fall, dass Kunden die andere Friseurin aus Neugierde probierten, aber das ist ja auch kein Problem, solange man offen und ehrlich über alles spricht.
Wie war das mit den Öffnungszeiten?
VB: So, wie bei allem anderen: Jede hatte ihre Öffnungszeiten für sich gewählt. Genauso haben wir uns nie in puncto Urlaub abgesprochen. Wir waren ja zwei unterschiedliche Unternehmen.
Ist das strenge Separieren der beiden Salons das Erfolgs-Geheimnis in so einer Unternehmenskonstellation?
VB: Es muss definitiv menschlich passen. Mal hat die eine Kaffee gekauft, dann die andere wieder Kekse und Waschmittel besorgt. Das war kein Thema, wir haben zusammengehalten. Die Motivation ist einfach eine große, wenn man sich die Fixkosten teilen kann.
Hand aufs Herz: Gab es wirklich keine Nachteile bei einer solchen Formation?
VB: Mir fallen keine Nachteile ein. Sie war Hauptmieterin und ich Untermieterin. Es gab einmal einen Wasserschaden, der genau meinen Arbeitsbereich betroffen hat, sie hat mir aber angeboten, dass ich in dieser Zeit auch in ihrem Bereich arbeite. Vielleicht wäre das bei anderen Charakteren nicht so einfach umsetzbar gewesen.
Sie reden in der Vergangenheit …
VB: Sie geht jetzt in Pension und ich versuche es nun alleine zu stemmen, denn Kundschaft ist genügend da, aber schön wäre, wenn ich wieder jemand Soloselbstständigen finde, der gemeinsam mit mir im Salon steht.
"Wir waren wie zwei Salons, in zwei Läden und trotzdem eine Einheit."
Wo befindet sich der Salon?
VB: In Baden-Württemberg, in der Nähe von Karlsruhe, Bruchsal. Meine Kollegin hatte es ursprünglich nicht vorgehabt, zu zweit im Salon zu stehen. Wir waren eigentlich Konkurrenz, aber es hat wunderbar geklappt. Den gegenseitigen Erfolg muss man sich auch gönnen können. Wir waren wie zwei Salons, in zwei Läden und trotzdem eine Einheit.
"... du darfst nicht denken: Du holst dir die Konkurrenz ins Haus.
Gibt es Tipps für Friseur*innen, die so ein Modell in Erwägung ziehen?
VB: Ja, du darfst nicht denken: Du holst dir die Konkurrenz ins Haus. Man muss es so sehen: Man hilft sich gegenseitig.
Vielen Dank für das spannende Interview und alles Liebe für die Zukunft!
Wer Interesse hat, sich gemeinsam mit Vera Bächler einen Salon zu teilen, kann ► hier oder unter +49 7253 9595988 Kontakt mit ihr aufnehmen.