13.08.2024
Wenn ein Assistenzhund im Salon den Friseur begleitet …
Sascha Mylenbusch wird täglich von seinem Assistenzhund Mavel zur Arbeit begleitet. Wir haben nachgefragt, wie es sich mit einem Assistenzhund im Salonalltag verhält…
Sascha Mylenbusch im Interview mit Celina Roth
Sascha, wie kam es dazu, dass du dir deinen Assistenzhund Mavel geholt hast?
Sascha Mylenbusch: Ich war schon immer ein großer Tierliebhaber. Dann gab es irgendwann eine Phase, wo ich aufgrund meiner Krankheit das Haus nicht mehr verlassen konnte. Der Tipp meiner Ärztin war, sich mit dem Thema Assistenzhunde auseinanderzusetzen.
Wie ist es mit Assistenzhund im Berufsalltag?
SM: Es macht einen Unterschied, ob ich eine Stelle mit Hund suche oder eine Stelle mit Assistenzhund. Dadurch, dass ich einen Assistenzhund habe, lässt sich darauf schließen, dass ich eine Krankheit habe und dadurch eingeschränkt bin. Auch wenn mich die Krankheit im Berufsalltag eigentlich nicht beeinflusst, denn ich arbeite fleißig und zuverlässig. Ich gebe zusätzlich auch Seminare und Workshops. Ich bin ja keiner, der nichts macht. Aber viele wollten keinen mit Behindertenausweis einstellen und dann zusätzlich auch noch mit Assistenzhund.
Was waren damals die Gründe für Absagen?
SM: Oft wurde mir gesagt, ich sei überqualifiziert. Wobei ich mich frage, wie man als Friseur überqualifiziert sein kann. Man sollte doch als Arbeitgeber froh sein, wenn man einen hoch-qualifizierten Mitarbeiter kriegt.
Dürfen bei dir auch Mitarbeiter oder Kunden ihre Hunde mitbringen?
SM: Ja, wir haben auch Kunden, die ihren Hund hin und wieder mitbringen. Meine Mitarbeiterin hat keinen Hund. Es wäre aber auch kein Thema für mich, da mein Hund mit anderen sehr verträglich ist. Es gibt Kunden, deren Hunde schon beim Vorbeilaufen in den Salon möchten, weil sie wissen, dass sie hier willkommen sind.
Wie verhält sich dein Hund im Salon?
SM: Bei Kunden verhält er sich anders als bei anderen Menschen. Er hat seinen eigenen Bereich hinten. Da hat er Ruhe und kann nicht die ganze Zeit angefasst werden. Er merkt trotz einer gewissen Distanz, wenn bei mir etwas wäre.Es ist gottseidank in eineinhalb Jahren nur einmal vorgekommen, dass er auf der Arbeit für mich da sein musste.
Wie gehst du damit um, wenn Kunden Mavel füttern?
SM: Er kriegt mehr Leckerlis mitgebracht als wir. Die Kunden fragen vorher immer, was sie Mavel mitbringen dürfen, von daher stört mich das nicht.
Was sind die gesetzlichen Unterschiede zwischen Assistenzhunden und Haushunden?
SM: Mit einem Assistenzhund hat man mehr Zutrittsrechte. Wir dürfen überall hin, wo Menschen in Alltagskleidung hingehen dürfen, also Supermärkte, öffentliche Räume und und und. Alles andere wäre Diskriminierung und das ist ja strafbar.
Wie beeinflussen Panikattacken deinen Salonalltag und wie geht Mavel damit um?
SM: Zum Glück beeinflussen meine Panikattacken mich im Salonalltag gar nicht, da ich auf der Arbeit ein für mich stabiles Umfeld habe. Bei Panikattacken fühle ich mich oft einfach wie abwesend und paralysiert - Herzrasen und Luftnot. Marvel fängt an mir das Handgelenk abzulecken und mich zu stupsen. Dann weiß ich, ich muss auf mich achten. Er legt zum Beruhigen seinen Kopf auf mein Bein.
Wie erkennt Mavel Panikattacken und könnte er das auch bei Kunden erkennen?
SM: Mavel riecht die. Bei anderen weiß ich‘s nicht, aber er erkennt Gemütszustände sehr viel schneller. Wenn zum Beispiel eine Freundin von mir da ist, die eine psychische Erkrankung hat und der es richtig schlecht geht, dann merkt er das. Auch da hat er schon raus, wann es ihr schlecht geht und wie er sich um sie kümmern muss. Gerade ältere Kunden, die keinen Hund mehr halten können, freuen sich einfach ihn mal kurz streicheln zu können.
Ist dein Hund für dich ein Marketing-Tool?
SM: Ich nutze ihn nicht bewusst als Marketing-Tool, aber jeder der meine Instagram- oder Facebook-Seite kennt, der weiß, dass wir einen Hund haben. Auf meiner Website steht auch, dass Kunden mit Hunden willkommen sind. Wir sind ein Safe Space, in dem niemand diskriminiert wird – wir stehen für Toleranz und Respekt.
Wie stellst du sicher, dass Mavel genug Auslauf bekommt?
SM: Ich habe den Luxus, dass ich zweimal die Woche eine Hundesitterin habe und es gibt ja noch die Morgen- und Abendrunden. Viele Menschen kapieren nicht, dass nicht nur der Auslauf den Hund fordert, sondern auch die Kopfarbeit. Wenn Hunde im Kopf gefordert werden, sind die oft viel müder, als wenn sie drei Stunden spazieren waren. Dadurch, dass Mavel ja im Gegensatz zu einem Haushund immer arbeitet, ist er abends platt. Der betritt das Sofa oder Bett und schläft direkt.
Duftstoffe, Chemikalien, Lärm… ist das ein Problem für Mavel?
SM: Mit Lärm hat er keine Probleme. Er hat schon in der Welpen-Schule gelernt durch ein Bällebad zu springen oder durch raschelnde Tunnel zu laufen, das war ihm alles egal. Ich habe auch den Luxus eines großen, schlauchförmigen Salons, das heißt, bis Düfte überhaupt bei ihm ankommen, würde es ewig dauern.
Inwieweit bereichert Mavel dein Leben und deinen Beruf?
SM: Er bereichert mein Leben, weil ich weiß, dass ich mich immer auf ihn verlassen kann. Wir haben ein tolles Verhältnis. Er ist sehr stark auf mich geprägt. Nicht nur wenn er im Arbeitsmodus ist, sondern auch wenn er im Wald umherrennt. Durch ihn gehe ich wieder mehr raus, ich mache viel mehr, ich habe mehr Sicherheit gewonnen und lebe mein Leben ganz normal.