Salonunternehmerin Stephanie Haidenthaler aktiviert wieder Corona-Farbhilfspakte für Ihre Kunden | Credit: Lothar Prokop

18.11.2020

Stephanie Haidenthaler: Wir aktivieren wieder unsere Corona-Hilfspakete

Das Timing der Regierung ist eine Frechheit, aber die Learnings aus dem ersten Lockdown setzen wir sofort um. Ein Talk zur aktuellen Lockdownphase …

Im Interview mit Katja Ottiger
 

Viele Kollegin stehen am letzten Tag vorm 2. Lockdown im Salon und bedienen ihre Kunden. Ihr nicht. Warum?
Stephanie Haidenthaler:
Ich hatte Angst vor einem Kundenansturm und dass wir die Sicherheit einer Nichtansteckung nicht mehr gewährleisten könnten. Weder für die Kunden noch für meine Mitarbeiter und mich. Es wäre mir schwergefallen zu entscheiden, wer vor dem Lockdown noch einen Termin bekommt und wer nicht, denn wir haben einen vollen Terminkalender bis Weihnachten. Ich habe sehr mit mir gerungen, denn ich habe „auch flehende Bitten“ abgelehnt und damit sicher einige Kunden verärgert. Aber um niemanden zu bevorzugen, habe ich gesagt: wir lassen es und schließen gleich.

Gurten im Innkreis ist in der Nähe zu Deutschland. Glaubst du, würden Kunden nach Deutschland fahren?
SH: Soweit ich weiß, kann man derzeit noch 24 Stunden nach Deutschland einreisen ohne in Quarantäne zu müssen, aber Nein, das ist nicht meine Angst. Meine Angst ist, dass wir am 6.12. nicht aufsperren können.
(Anm.: (Stand 17.11.2020) Im Rahmen des Grenzverkehrs sind Einreisen von bis zu 24 Stunden nach Bayern aus ganz Österreich, nach Baden-Württemberg aus Vorarlberg zulässig, Details s. ►https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-situation-in-deutschland

Wie findest du die Entscheidung Lockdown 2?
SH:
Ehrlich gesagt, war ich erleichtert. Viele Leute um uns herum sind krank und der medizinische Bereich ist am Limit. Meine Freundin arbeitet im Krankenhaus und mittlerweile die dritte Woche durch. Wir sollten eine Gesellschaft sein, die aufeinander achtgibt, wieder mehr zum Füreinander und Miteinander werden.

Allerdings empfand ich es als Frechheit, dass die Entscheidungen der Bundesregierung an einem Samstag verlautbart und die möglichen „Neuregelungen“ im Vorfeld lautstark von Medien kommuniziert wurden. Wir standen doch da wie Idioten. Nach solch einer Verlautbarung hätte ich erwartet, dass die „Corona-Hotline für Wirtschaftstreibende“ der WKO erreichbar sein würde, aber auch die WK wurde überrumpelt und konnte keine schnelle Unterstützung bieten. In solche einer Situation keinen Ansprechpartner zu haben, verstärkt die Sorgen über das ganze Wochenende!

„Hut ab vor unserer Innung!“

Wie hast du die Arbeit der Innung in den letzten Monaten empfunden?
SH:
Ich weiß, dass ich mich jederzeit an unsere Innung wenden kann und ich möchte betonen: Unsere Landesinnungsmeisterin Erika Rainer hat mich in der ersten Coronaphase wahnsinnig unterstützt - sie muss gar kein Privatleben mehr gehabt haben! Hut ab vor unserer Innung!

Bist du zufrieden mit den 80% Umsatzersatz?
SH:
Ich kann fast nicht glauben, dass wir 80 Prozent erhalten sollen, und wenn, dann wohl frühestens im Jänner. Aber darauf verlasse ich mich erst einmal nicht. Ich habe Rücklagen und einen Kredit, den ich im März aufgenommen habe – auch wenn es in drei Jahren keinen interessiert, wie ich den zurückzahle.

Wie wirst du die Zeit jetzt nutzen?
SH:
Ich bin mit dem Kopf natürlich bei der Arbeit. Ganz sicher werden wir wieder unser Corona-Hilfspaket für unsere Kunden aktivieren, das sich im ersten Lockdown und darüber hinaus bewährt hat: Ein Päckchen, bestehend aus Elumen, Direktzieher und Wasserstoff, nach individueller Rezeptur, abgefüllt in verschiedenen Marmeladengläser plus Pinsel, Handschuhe und Schale. Das wird dann abholbereit jeweils mittwochs und freitags, mit Namensetikett versehen, vor das Geschäft gestellt. Bezahlt wird per Überweisung. Funktioniert alles ohne Kontakt zum Kunden.

Das Corona Farben Hilfspaket beinhaltet Farbmischung, Handschuhe, Maske, Farbpinsel, Farbschale
Das Corona Farben Hilfspaket für Kunden hat sich in der Kundenbindung auch über den 1. Lockdown hinaus bewährt. | Credit: Lothar Prokop

Die Haarfarbe für Zuhause – hat die sich bewährt?
SH:
Das Paket holen sich Kunden auch heute noch ab, weil die Farbqualität stimmt. Ich sehe das als eine neue Art der Kundenbindung. Vor allem sind das Kunden, die in der Regel alle 12 Wochen zum Schneiden und Färben kommen.

Was heißt der Lockdown für deine Mitarbeiter?
SH: Die gehen wieder in Kurzarbeit bzw. bauen Überstunden ab. Ab 1.12. werden wir zwischen 16-18 Uhr beginnen, unsere Kunden durchzurufen und neue Termine ausmachen.

Was wird persönlich deine größte Herausforderung in den nächsten Wochen?
SH:
Dass die Kunden, die jetzt eingeteilt gewesen wären, nach dem Lockdown im Terminkalender untergebracht werden müssen. Und dass ich dabei auf meine Gesundheit achte und mich als Dienstleister nicht kaputt mache! Wir arbeiten seit Mai durch, jeder ist bereits am Limit, jeder macht Überstunden, baut keinen Urlaub ab.

Was hast du aus dem ersten Lockdown gelernt?
SH:
Erstens, nach dem Lockdown nicht mehr alle Kunden sofort zu kontaktieren, sondern in Warteposition zu gehen und vernünftig Termine zuzuteilen.
Zweitens, dass ich mich auf meinen Banker und Finanzbuchhalter absolut verlassen kann, sie haben mich gestützt und geschützt!
Und drittens, mein Team! Hier hat sich gezeigt, wie wir miteinander an einem Strang ziehen, wie die Kommunikation funktioniert und dass es Chef und Angestellte nicht mehr gibt, sondern Leader und Teamplayer.

Fakten:

  • Stephanie Haidenthaler, seit 15 Jahren Unternehmerin
  • 1 Salon in Gurten, Oberösterreich
  • 6 Mitarbeiter, 3 Lehrlinge