28.02.2013
Romana Stock: Salongeschäfte
Bis vor kurzem war sie die einzige Frau unter den Außendienstmitarbeiterin bei Wella Professionals. Nach beginnenden gesundheitlichen Problemen ließ sie sich, vom Zufall getragen, auf das Experiment Außendienst ein und verkaufte kurzerhand ihren Salon. Seit gut 2 Jahren betreut Romana Vitéz nun Sebastian- und Sassoon-Kunden in Vorarlberg und Tirol. Vorab war sie mit 21 Jahren Salonunternehmerin und Kadus-Fachtrainerin und sie besitzt die Ehrenbürgerschaft ihrer Tiroler Heimatgemeinde Angerberg, die sie ihrem ersten Sieg beim Lehrlingsfrisieren verdankt: Nach genau einem Monat Lehrzeit gewann sie souverän den Bewerb des 1. Lehrjahres.
Du warst Friseurin und Salonunternehmerin, bevor du dich dazu entschieden hast als Außendienst-Mitarbeiterin Sassoon/Sebastian zu arbeiten. Was hat dich dazu bewogen?
Das hat sich aus gesundheitlichen Gründen und durch Zufall ergeben. Ich habe bei beiden Handgelenken Probleme mit meinen Sehnen und ich stand vor der Entscheidung: Operation, mit dem Risiko jeweils drei steife Finger zurück zu behalten, oder die Hände zu schonen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich meinen Salon, einen Kadus-Salon und war außerdem Kadus-Freelancer. Eines Tages saß der Verkaufsleiter Österreich von Kadus Lothar Mayrhofer da und erwähnte, dass WELLA Österreich Außendienstmitarbeiter sucht. Und im Scherz hab ich gemeint, dass ich die perfekte Vertreterin wäre: Ich kenn mich aus, rede gerne und fahre auch noch gern mit dem Auto. Nach einer Woche kam dann ein Anruf mit der Frage, wo meine Bewerbung bleibt. Die hab ich dann hingeschickt und wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Und weil man sich bei uns bei WELLA Marken übergreifend für Wella Professionals, Londa oder Prestige (Sassoon und Sebastian) bewirbt und bei Prestige eine Stelle zu vergeben war, hab ich diese Chance genutzt.
Aber dafür musstest du deinen Salon, deine Selbstständigkeit aufgeben. Hast du die Entscheidung bereut?
Nein, überhaupt nicht. Meinen Salon hab ich verkauft und die Entscheidung, mit Prestige eine komplett neue Welt kennenzulernen, hab ich nie bereut, auch wenn ich mir vorher nicht hätte vorstellen können, so etwas je zu machen.
Welche Zusatzausbildungen hast du dann machen müssen und wie viel Zeit hat das in Anspruch genommen?
Ich war zwei Wochen in Darmstadt in der Zentrale und hatte dort Verkaufsseminare und Schulungen zum Produkt-Know-how. Anschließend hatte ich die Gelegenheit in Österreich mit Außendienstmitarbeitern mitzufahren und so den Markt kennenzulernen. Eben Learning by doing.
Wie sieht dein üblicher Arbeitstag aus?
Ich habe einen fixen Tourenplan in meinen Kalender, in dem alle meine Kunden drin stehen. Da kann ich alles sehen, was die jeweils letzte Bestellung war und wann ich das letzte Mal den jeweiligen Kunden besucht habe oder auch welche Seminare gebucht sind. Im Schnitt besuche ich die Salons alle zwei bis 4 Wochen, bei manchen variiert es aber auch. Ja, dann fahr ich morgens gleich zu den ersten Salons, die auf dem Plan stehen, nehme Bestellungen entgegen, schau, ob in den Regalen alles passt, da bin ich sehr genau, das ist die Jungfrau in mir. Ich stelle ihnen neue Aktivitäten vor und wir überlegen uns gemeinsam welcher Mitarbeiter zu welchem Seminartyp von uns passt, um ihn zu fördern. Ich versuche alle Wünsche und Anliegen zu erfüllen, wenn es auch nicht immer einfach ist. Abends geb ich die Aufträge in den Computer und bereite mich und mein Auto auf den nächsten Tag vor.
Siehst du Vorteile zu deinen Kollegen, die nicht den Background des Friseurs haben?
Ich denke schon, dass mein Wissen als Friseurin kein Nachteil ist. Auf der anderen Seite musste ich viel über den Verkauf lernen, was für meine Kollegen mit anderem beruflichen Hintergrund selbstverständlich war. Obwohl, ich muss sagen, dass ich schon mal bei einem meiner damaligen Vertreter gedacht hatte, was will der von mir? Der ist vielleicht zehn Jahre lang LKW gefahren, kann er mir eigentlich etwas über Haare erzählen? Aber letztlich ist alles Erfahrungssache und wenn du als junger Mensch in diesem neuen Job dazukommst, ist es schon ein Vorteil, diese Basis zu haben.
Und ich hab mir bei meinem Einstieg in den Außendienst nicht schwer getan, weil ich durch meine Innungsarbeit - ich war in der Gesellen-Prüfungskommission - schon viele Leute gekannt habe. Auf diese Friseure konnte ich aufbauen, bei ihnen konnte ich beginnen. Da hatte ich schon so etwas wie einen Vertrauensbonus.
Bist du ein besonders kontaktfreudig, kommunikativ?
Ja, das bin ich absolut. Ich rede gerne, auch gerne viel. Und ich interessiere mich für die Sachen, die in der Branche passieren. Ich gehe gern zu den Veranstaltungen der Innung oder zu den Lehrlingswettbewerben. Dort kann ich Friseure treffen und mich auch außerhalb der Salons für sie interessieren. Auf der einen Seite getreu dem Motto: Sehen und gesehen werden und auf der anderen Seite, um auch deren Erfolge zu honorieren und mitzufeiern. Die Landessiegerin der Lehrlingswettbewerbe Vorarlberg 2012 kommt aus einem Salon, den ich betreue. Ihr habe ich beispielsweise einen Blumenstrauß vorbeigebracht. Ich denke, das gehört in meinem Job dazu, und mir taugt so was einfach auch.
Wenn du dich mit einem Produkt vergleichst, welches wärest du?
Eindeutig: MICROWEB FIBER von Sebastian: flexibel ohne Ende - das ist bestimmt die höchste Priorität in diesen Job!
MICROWEB FIBER = umformbare Textur mit seidigen Netzfasern, die phänomenale Styles definiert. Übersetzt in meinen Arbeitsalltag heißt das: umformbar sein in der Hinsicht, dass man sich an sein Gegenüber anpassen kann und die Netz(Faser) der heutigen Zeit und Community nützt, um Events (sei es Lehrlingswettbewerbe, Veranstaltungen, Kundenbesuche usw.) wahrzunehmen und um damit auch letztendlich einen phänomenalen Eindruck zu hinterlassen.
Dein härtestes Training?
Die Friseurakademie in Tirol: Lehrlingsfrisieren für die Wettbewerbe mit Brigitte Zozceck! Wir mussten so lange da bleiben, bis alles gesessen hat! Das wöchentliche Training in der Friseurakademie hat mich stark geprägt. Da hab ich gelernt, dass man ehrgeizig sein muss, wenn man im Leben etwas erreichen will.
Du warst mit 21 Jahren wirklich noch sehr jung, als du Salonchefin wurdest und warst von vielen neuen Aufgaben umgeben und hattest Verantwortung für Mitarbeiter zu tragen. Hattest du Unterstützer?
Meine Eltern! Sie haben mich immer und überall unterstützt, sei es bei der Lehre und anschließend bei den Vorbereitungen zum Meister, oder bei der Eröffnung meines Salons - ich war ja wirklich noch jung und in vielen Dingen unerfahren -, dann aber auch wieder bei meinem Jobwechsel in den Außendienst: Sie haben mir gezeigt, dass man nicht nur Ehrgeiz braucht, um was zu erreichen, sondern Ideen auch umsetzten muss und niemals aufgibt, “weil aufgeben tut man nur einen Brief!“
Und im Nachhinein ist klar, dass sie und die Akademie mich stark geprägt und gestärkt haben: ohne harte Ausbildung keinen Meistertitel. Ohne Meistertitel keinen Salon. Ohne Salon nicht die Ausbildung zum Freelancer von Kadus. Und ohne Freelancer keinen Kontakt zu Lothar Mayrhofer. Und ohne Lothar hätte sich nie das Gespräch ergeben, das zu meiner Bewerbung im Außendienst geführt hat!
Frisierst du eigentlich noch?
Mittlerweile gar nicht mehr. Ich hab letztens sogar meiner Mama einen Gutschein für den Friseur geschenkt, weil ich ihr nicht mehr die Haare machen wollte. Obwohl ich wirklich immer Friseurin mit Leidenschaft war und ich mir nicht vorstellen konnte, dass ich jemals etwas anderes machen würde.
Was erfüllt dich in unserer Branche mit Stolz?
Ich bin einfach froh, dass wir in unserer Branche so anders sind. Dass wir uns treu bleiben und uns aufs Wesentliche konzentrieren.
Wünsche an die Branche?
Dass wir mehr auf unsere Lehrlinge schauen und dass wir alle mehr in deren Ausbildung investieren! Denn das lohnt sich.
März 2013
Interview: Katja Ottiger