30.09.2022
Robert Cromeans setzt auf Stundenhonorare: Unser Business ist kein Hobby
Die richtige Preisgestaltung ist wichtiger denn je! Robert Cromeans setzt auf Stundenhonorare, weniger Kunden für mehr Geld und tägliches Tik Tok, denn: „Unser Business ist kein Hobby!”
Wir trafen den Paul Mitchell Granden und Business Guru mit schottischen Wurzeln im Rahmen seiner Europa Tournee in Frankfurt bei einem Breakfast Tea.
Zusammengefasst von Katja Ottiger
Arbeitet Robert noch im Salon und wenn ja, wie oft?
Durchschnittlich einmal in der Woche, normalerweise freitags. Vor Corona war er seltener im Salon „Ich war abwesender Besitzer, manche Kunden fragten gar, wer ich denn überhaupt sei?“
Aber auch Robert hatte durch drei Lockdowns mehr als die Hälfte seiner Mitarbeiter verloren, was ihn zum Umdenken zwang.
„Durch die Pandemie mehr als die Hälfte der Mitarbeiter verloren.“
Mittlerweile ist er regelmäßiger da, auch, um sein Team zu motivieren oder „wie wir in America sagen: `gasing them up`!“ - sie aufzutanken. Seine Frau (Anm.: ►Mary Cromeans, ehemals Mary Cuomo) arbeitet meist drei Tage im Salon. Wenn er sie zur Arbeit fährt, bleibt er auch mal im Salon, erledigt Anrufe oder bereitet Dinge für seine Shows vor.
Apropos Show: Wie lange zuvor fängt er mit der Planung an?
Das kommt auf die Show an. Zumeist beginnt er damit, sich ins Publikum hinein zu denken. Er bereitet ein Moodboard vor und erstellt ein Storyboard voller Inspiration - Ideen für Frisuren, Garderobe, Makeup ... „Die Recherche ist ein recht spaßiger Prozess, gerade mit der heutigen Technologie. Früher mussten wir dafür eine Menge Magazine kaufen. (…) und es sind die seltsamsten Dinge, aus denen ich eine Show kreiere.“
Vor einer Show inspiziert er den Showroom, setzt sich in die letzte Reihe und an die Seiten, um ein Gespür für den Raum zu entwickeln, auch bei den Shows wechselt er gern die Perspektiven und wandelt durchs Publikum, um seine Show anzupassen. Da ist er flexibel, den Plan in seinem Kopf ändert er spontan. Erst ab 300 Leuten wird sein Seminar zur Show. Und je mehr Leute kommen, desto schneller wird diese.
Twitter, Facebook, Instagramm oder Tik Tok?
„Bei Tik Tok bekomme ich Nachrichten. Instagram ist mein Mikrofon.“
“It’s not the age we are, it’s the age we are in!”.Robert ist fasziniert von Tik Tok. Das schnellere Format inspiriert ihn, er nutzt es täglich. Robert ist ein musikalischer Mensch und begeistert davon, welche Musik Leute auf Tik Tok in Schwingung versetzt.
Auf Instagram postet und kommuniziert er. Seine Videos während der Pandemie über die Sicherheitsvorkehrungen, kamen auf 200.000 Klicks! „Instagram ist ein Mikrofon für mich und es funktioniert grenzübergreifend … Manchmal kriege ich für ein Kochvideo mehr Klicks als beim Haareschneiden. Das ist faszinierend.“
Was würde Robert gerne an der Friseurbranche ändern, wenn er könnte?
„Wir müssen die Preisgestaltung ändern! Unser Business ist kein Hobby.“
Die Preisgestaltung! „Dass wir zu uns selbst stehen und die Selbstsicherheit haben, dass wir das wert sind, was wir verlangen! Denn unser Business ist kein Hobby!“ 40 Euro für einen Haarschnitt sind zu wenig! Das ist ein Preis, den in seiner Company ein Baby (Youngstylist) verlangt. Denn ein Preis schafft auch eine Erwartung und bei 200 Dollar ist diese eine ganz andere.
Außerdem sei es an der Zeit, sich einzubremsen. Viele Kollegen sind überbucht, zu viel im Stress. Es wird immer wichtiger, Qualitätszeit mit den Kunden zu verbringen. In der heutigen Wirtschaftslage ist es wichtiger denn je, die Preise strategisch zu erhöhen.
Wie erhöht er strategisch die Preise?
„Stundenhonorare machen die Preise bei aufwendigen Dienstleistungen transparenter.“
Um aufwendige Dienstleistungen, beispielsweise langes Haar Umfärben auf blond, leichter und fairer zu gestalten, haben sich er und sein Team bereits vor Jahren für Stundenpreise, Stundenhonorare, entschieden, wie es andere Handwerker auch tun. Mit einem recht einfachen Schlüssel: Preis pro Haarschnitt plus 20 - 30 Prozent. Das erleichtert die Abrechnung und macht die Preise für Kunden transparenter.
Robert Cromeans ist überzeugt: Weniger Kunden, aber besserer Service bringen mehr Geld. Ganz wichtig ist hier die richtige Beratung im Vorfeld und 6 Fragen, die es zu stellen gilt:
- Wie ist deine Haarstruktur?
- Was ist dein Ziel und wo ist dein Limit?
- Hast du eine visuelle Inspiration (Social Media ect.)?
- Wie oft möchtest du in den Salon kommen?
- Was bist du bereit, zu Hause zu tun?
- Was ist dein Budget.
Und der Service? Z.B. wirklich guter Kaffee und „Sex in the Sinking“ – Kopfmassagen im abgedunkelten Washhouse.
Was Sagt Robert zu einem Klienten, der die Preise bemängelt?
„Bye Bye.“
Das sagt er natürlich im Spaß, denn Robert bietet in seinem Salon Preise für jedes Budget. Den Preis pro Schnitt bestimmt das Level der Hairstylisten, die in 5 Elemente unterteilt sind. Element 1: Rookie und Youngstylist – Element 5: Topstylist, wie z.B. Robert. Im Schnitt kann man da pro Kunde auf 300 Dollar kommen. Klingt viel, aber denken wir auch mal drüber nach: „Viele von uns gehen nach wie vor in Designerläden, wir beschweren uns über die Benzinpreise, fahren trotzdem weiter Auto und akzeptieren diese.“
Wer waren Robert Cromeans Idole in der Industrie?
„Das klingt jetzt klischeehaft, aber Paul Mitchell ist mein Mentor. Er war eine unglaubliche Persönlichkeit. Er kam aus einer Ära der späten 50er, wo er mit Hollywoodfilmen in schwarz-weiß aufgewachsen ist. Er hatte tolle Hände, war gut mit Fingerwellen, hat wenig mit Föhn gearbeitet und Haare geformt!“ Paul Mitchells unkonventionelle Ideen waren für Robert die perfekte Ausbildung und legten die Basis für seine Bühnenkarriere. „Wir haben damals viel mit Lockenwicklern gearbeitet. Kurz vor der Show haben wir die Lockenwickler rausgenommen und stattdessen Ballone in die Haare gesteckt, die wir auf der Bühne mit einer Nadel zerstochen haben.“
Eine weitere Inspirationsquelle war Vidal Sassoon. Auch wenn das jetzt verblüfft: weniger, wie er Haare geschnitten hat, sondern vielmehr, wie er kommunizierte, etwas, das Robert emotional wirklich berührte. „Wenn er redete, hätte man eine Stecknadel fallen lassen können und 6.000 Leute hätten es gehört.“
Gibt es etwas, zu dem Robert bei den Youngsters der Industrie aufschaut?
"Oh yes!" Junge Leute sind seine Batterien, "das Arbeiten mit ihnen hält ihn jung und es begeistert ihn, wenn er sie begeistern kann. „Wir haben ein paar junge Kids im Salon, eine liebe ich sehr: Alex! Sie ist erst 20 und faszinierend, denn sie ist angstfrei und wird es weit bringen.“ Es ist für jede Kultur wichtig, junge Mitarbeiter einzubringen. Und das gleiche gilt für Kunden. „Du willst nicht am Ende des Tages nur mit alten Kunden feststecken, du willst sie durchmischen und interessant halten. Das ist Teil dieser wundervollen Balance der Kulturen. Und auch in meinem Publikum siehst du die Alteingesessenen, die seit 30 Jahren dabei sind, aber auch die Jungen, aufgeregten.“ „Ich habe eine Wirkung auf junge Leute, die mich überrascht, weil ich alt bin.“
Wie hält Robert sein Energielevel so hoch?
Für ihn ist es einfach: „Steck mich mit ein paar Friseuren in einen Raum, verschließe die Tür und ich werde zum Monster! Ich bin wie ein Vampir und nehme die Energie vom Publikum. Je mehr sie mir geben, je mehr gebe ich zurück. Wenn 2500 Leute verrücktspielen, fühlt es sich manchmal an, als wäre ich ein Rockstar (lacht). Dann kann ich nachts nicht schlafen.“
Manche nennen ihn “Grazy Cromeans“ – ist das ein Kompliment?
Das kommt darauf an, wie man es sehen möchte. „Ich verunsichere manche Menschen, andere wiederum sagen, ich bin smarter, als ich aussehe. Aber ja, ich genieße es, anders zu sein. Ich habe keinen Casual Look, ich schaue immer irgendwie „verrückt“ aus - das ist auch verrückt für mich.“ (lacht).
Was war der Wichtigste Einfluss seiner Karriere?
Sein größtes Glück war, als junger Mann auf Paul Mitchell zu treffen, das war zu der Zeit, als er an der Business School war. „Ich wusste nicht, was ein Plattform Artist ist, ich wusste nicht, dass es diesen Job gibt, … doch plötzlich fing ich selbst an, zu unterrichten und zu reisen. Als ich noch in Schottland und London lebte, bin ich kaum irgendwohin gekommen, mittlerweile bin ich 47 Millionen Meilen geflogen, – ich könnte glatt Pilot sein.“
Robert neigt dazu, Dinge aufzusaugen. Das war früher schon so, bei seinen ersten Shows, bei den „Mentoren aus der Ferne“, so wie es heute mit Instagram ist. „Ich habe dort einige Heros, die ich nicht persönlich kenne, aber denen ich folge. Ich sehe ihre Hände, ich sehe ihre Arbeit, sie sind unglaubliche Influencer. Das ist das Schöne an den jungen Leuten von heute: Sie haben diesen freien Zugang zu Informationen, den ich nie hatte. Um Vidal Sassoon sehen zu können, musste ich mit ihm in einem Raum sein! Die Technik hat so vieles verändert.
„Die Leute wollen mehr und mehr über Business reden.“
Allerdings stellt er nicht erst seit der Pandemie fest, dass die Leute mehr und mehr über das Business reden möchten. Die Leute, die jeden Tag zur Arbeit gehen, haben erkannt, dass es im Leben mehr gibt, als nur Arbeit. Dieses neue Gleichgewicht sollten Friseure nutzen, um Kunden und sich selbst eine bessere Lebensqualität zu geben. Weniger Kunden, mehr Service = eine andere Art des Arbeitens. "An dem einen Tag in meinem Salon mache ich nur ein paar Kunden und das ist perfekt. Es scheint mir nicht wie Arbeit. Ich genieße es und das ist das Gleichgewicht, das wir brauchen."