29.02.2012

Peter Maritz: Unterschätze nicht die Kunden, die recherchieren!

Der gebürtige Kanadier mit schweizer Pass ist seit 14 Jahren Wahlösterreicher und eröffnete 2006 seinen ersten Salon in Wien, dem 2012 aus Platzgründen Salon Nr.2 folgte. Für den ambitionierten Redken-Fachtrainer auch die Möglichkeit, zusätzlich Seminare in den eigenen Räumlichkeiten anzubieten.

Fakten:

2 Salons in Wien

6 Mitarbeiter | 2 Lehrlinge



imSalon: Sie haben gerade Ihren zweiten Salon in Wien eröffnet, was Ihre Kunden freuen wird, denn bei unseren Recherchen sind wir auf einen Kritikpunkt zu Ihrem ersten Salon gestoßen: “Leider ist es hier schwierig, einen freien Termin zu bekommen“. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Der Mensch kommt zuerst. Was danach kommt, kommt von alleine! Meine Säulen sind meine Werte:

Hohe Qualität der Arbeiten

Zuvorkommender und individueller Kundenservice: Den Kunden und seine Persönlichkeit wahrnehmen, dem Alltagsstress entgegen wirken, nah am Kunden sein - dann entsteht gegenseitiger Respekt

Freundlichkeit und Ehrlichkeit

Stilvolles und sauberes Ambiente: Die Kunden haben viel Zeit sich in Ruhe im Salon umzusehen und dabei eine Menge wahrzunehmen

Kontinuität: Meine Mitarbeiter sind von Beginn an dabei

Innovativer Geschäftsauftritt: Wichtig ist eine gute Homepage, die sich abhebt



imSalon: Ihre Webseite (www.petermaritz.at) ist innovativ und aufwendig gestaltet. Wie wichtig ist heute eine starke Internetpräsenz?
Das Internet wird immer mehr zum Thema. Im Internet kann ich mich mit meiner Philosophie, meiner Dienstleistung positionieren, neue Kunden akquirieren und bestehende Kunden informieren. Denn wir sollten die Kunden nicht unterschätzen, die recherchieren! Eine gute Homepage ist eine sinnvolle Investition. Für mich war von Anfang an klar, dass ich im Internet auffallend präsent sein wollte. Und mir war auch klar, dass ich so etwas wie Onlinereservierung ins Auge fassen wollte. Nur war mir nicht klar, wie das gehen sollte. Bei meiner Suche nach einem geeigneten Kassensystem bin ich auf Reinhold Jäger (www.foen-x.at) gestoßen, der mir zufällig auch von seinem Onlinereservierungsprogramm erzählte. Jeder Kunde erhält nach seiner Registrierung mit Name, Adresse und Telefonnummer eine SMS mit der Reservierungsbestätigung. Am Tag vor dem Termin wird ihm außerdem eine Erinnerungs-SMS zugeschickt. Das ist Kundenservice, der aussagt: Dein Friseur kümmert sich um dich! Genauso gut kann man hier auch eine Nachbetreuung in Erwägung ziehen, bei der man nach ein paar Tagen per SMS nachfragt, ob der Kunde mit der Frisur zufrieden ist, bzw. ob er noch etwas benötigt.
 

"Sich gegen das Internet stellen, ist nicht der richtige Weg"



imSalon: Aber trotzdem gibt es nach vor sehr viele Friseurunternehmen, die mit dem Thema Internet sehr vorsichtig umgehen.
Ein Friseur sollte in modischen Bereichen immer vorn dabei sein und sich weiter entwickeln. Dazu gehören neue Arbeitsmittel, neue Technologien und eben auch das Internet. Die Wirtschaft entwickelt sich anders und schneller, als es mir persönlich gefällt, aber ich möchte ein funktionierendes Unternehmen und muss bei den Entwicklungen dabei bleiben. Natürlich kannst du auch alles quer machen, die Frage ist aber, ob du genügend Kunden dafür hast. Du musst die heutigen Technologien gut austarieren. Sich gegen das Internet stellen, ist nicht der richtige Weg.

imSalon: Terminvereinbarungen funktionieren also teils telefonisch, teils nach vorheriger Registrierung, online über die Homepage. Welche konkreten Vorteile haben die Kunden und Ihr Unternehmen davon?
Die Quote bei den Terminvereinbarungen Telefon/Internet beträgt 50/50. Du brauchst also weniger zum Telefon rennen und hast letzten Endes mehr Zeit am Kunden. Du kannst 7 Tage die Woche und 24 Stunden am Tag Termine ausmachen. Auch wenn du unterwegs bist und Kunden triffst, hast du bei Bedarf die ideelle Kundenbetreuung und kannst per Smartphone gleich einen neuen Termin vereinbaren. Die Mitarbeiter haben, u.a. den Vorteile, dass sie am Abend ihren Terminplan einsehen können. Sollte sich dort in der Früh ein Termin verschoben haben, dann können sie, nach kurzer Absprache mit mir, z.B. auch mal später ins Geschäft kommen.
 

"Wenn du nichts tust, kommt keiner"



imSalon: Auf Facebook informieren Sie kurzfristig über frei gewordene Termine. Wie ist hier die Erfolgsquote bei den spontanen Auslastungen, wer platziert die Infos?
Die Quote liegt hier bei ungefähr 50%. Das mag nicht beeindrucken, aber wenn du nichts tust, kommt keiner. Ich kann die Arme verschränken und nichts tun oder aktiv ein Instrument in die Hand nehmen. Alle unsere Mitarbeiter betreuen die Plattform. Sie senden selbstständig Mails über die frei gewordenen Termine an die Gemeinschaft. Wir nutzen Facebook aber beispielsweise auch zur Modellsuche, z.B. für Lehrabschlussprüfungen.

imSalon: Ihre Mitarbeiter haben permanenten Zugang zum Internet. Wird das ausgenutzt?
Mitarbeiter sollten wissen, wo ihre Prioritäten liegen. Ich habe kein Problem damit, wenn sie im Internet unterwegs sind, recherchieren, auf Facebook posten. Aber sie müssen jederzeit ans Telefon gehen können, und wenn ein Kunde ins Geschäft kommt, muss dieser optimal betreut werden. Allerdings braucht es dafür „mündige“ Mitarbeiter.
 

"Die Branche sollte hier an einem Strang ziehen und kein Preisdumping betreiben"



imSalon: Sie nutzen das Internet aktiv als Marketinginstrument zur Kundengewinnung. Neben permanenten Aktionsangeboten haben Sie Ihre Leistungen auch schon auf Schnäppchenportalen wie Groupon.at zu sehr günstigen Preisen angeboten. Was sind Ihre Erfahrungen, welche Tipps können Sie geben?
Ich bin ein Mensch, der gerne neue Dinge ausprobiert. Bei diesem Versuch habe ich innerhalb von 24 Stunden 880 „Neukunden“ zum Preis von 10 Euro gewonnen, was einem Bankrott nahe kommt. Diese Plattformen sind gut, aber man muss sich im Vorfeld ganz klar bewusst machen, was kann ich hergeben und wie kann ich mit großem Andrang umgehen? Die Gutscheine sind 12 Monate gültig und müssen innerhalb dieser Zeit eingelöst werden. Wir haben auf unseren Gutscheinen ganz klar kommuniziert, dass eine Terminvereinbarung nur online möglich ist. Ich habe dann täglich Plätze für unsere Stammkunden frei gehalten und ca. 3-4 Gutscheine angenommen.
Im Nachhinein muss ich sagen, damit meine Kundschaft mal neu durchgemischt zu haben, natürlich mit dem Wissen im Hintergrund, dass das Schnäppchenjäger sind, die größtenteils nur 1x kommen werden.
Unterm Strich ist es eine Art der Werbung, die du mit deiner Arbeitskraft bezahlst und aus eigener Erfahrung empfehle ich den Leuten in unserer Branche, die Finger davon zu lassen. Ich denke, die Branche sollte hier an einem Strang ziehen und kein Preisdumping betreiben und auch Gutscheine nicht unter Wert verkaufen.

imSalon: Trotzdem bieten Sie Aktionen an…
Derzeit habe ich vier Aktionen.
1. „Bring drei, und du gehst frei!“: Wenn ein Kunde drei Neukunden mitbringt, bedanke ich mich bei ihm, indem ich ihn auf einen Haarschnitt einlade.
2. „PBP20“ – plane, buche, profitiere“: Bei uns gibt es immer wenige Termine. Wenn der Kunde also gleich einen nächsten Folgetermin vereinbart, spart er bei der nächsten Farbe 20% ein.
3. „1+1=20%“: Wenn jemand mit Freund/Freundin oder Partner/Partnerin kommt, sparen beide 20%.
4. Ein Hochzeitspackage, inkl. Probetag.

imSalon: Was sollte ein Mitarbeiter mitbringen, der sich für einen Job bei Peter Maritz interessiert?
Das Fachliche wird voraus gesetzt. Er sollte Mensch sein mit allen Aspekten, ehrlich, innovativ, kreativ und aufgeschlossen. Er sollte sich selbst kennen und einschätzen können und konfliktbereit sein.

imSalon: Welche Fragen stellen Sie im Fragen im Bewerbungsgespräch?
u.a:
- Wie war der Werdegang bisher?
- Warum gerade wir und weshalb sollten wir Sie einstellen?
- Welche Aufgaben fallen Ihnen schwer?
- Wie gehen Sie mit Kritik um?
- Warum verlassen Sie Ihr jetziges Unternehmen?
- Bisherige Erfolge / Misserfolge?
- Was zeichnet einen guten Friseur aus?
- Wo sehen sie sich in 5 Jahren?

imSalon: Wie entlohnen Sie Ihre Mitarbeiter?
Ich zahle nach Kollektivvertrag und einem Provisionssystem, das auf Umsatz und Verkauf basiert und den Soll/Umsatz für jeden Mitarbeiter definiert.… Jeder Mitarbeiter hat seine eigene Excel-Tabelle, in der er alles einträgt, die Termine, Tätigkeiten, Pausen. Damit kann er am Ende des Tages genau sehen, ob er im Soll/Umsatz ist und ob er Provision bekommt, oder eben noch nicht. Das ist eine ganz klare und transparente Geschichte: Was du mehr arbeitest, verdienst du mehr.
 

"Warum sollte ich meine Mitarbeiter bewusst klein halten?"



imSalon: Sie arbeiten regelmäßig für Redken als Fachtrainer. Welche Aufstiegsmöglichkeiten diesbezüglich bieten Sie ihren Mitarbeitern?
Bei meiner Arbeit als Akteur bin ich selbst immer up to date und somit auch im Geschäft gelassen und souveräner. Ich motiviere und unterstütze Mitarbeiter bei deren Plänen, z.B. Meisterprüfung, oder auch beim bestehenden Interesse als Fachtrainer zu arbeiten. Denn aus eigener Erfahrung weiß ich, dass sie dann perfekt mit den Produkten umgehen und argumentieren können, auch vor dem Kunden. Warum sollte ich meine Mitarbeiter bewusst klein halten?

imSalon: Wie sehen die Aus- und Weiterbildungsrichtlinien in Ihrem Salon aus?
Zu Beginn des Jahres machen wir ein Brainstorming. Da setzen wir uns im Team zusammen und besprechen mit den einzelnen Mitarbeitern was sie brauchen und erstellen einen persönlichen Seminarfahrplan. Wir machen innerhalb des Teams spontane Seminare. Und wenn einer unserer Mitarbeiter ein interessantes Seminar besucht hat, dann macht er einen kleinen Vortag für seine Kollegen. Auf diese Weise können alle im Team an den Informationen teilhaben, Fragen stellen und man kann auch erkennen, wie gut das Seminar verstanden wurde.

imSalon: Wie motivieren Sie das Team?
Jetzt, wo wir die zweite Filiale eröffnet haben, ist es besonders wichtig, dass alle nach wie vor das Gefühl haben zur „Familiy“ zu gehören. Erstens liegen unsere beiden Salons sehr nah beieinander, was den Vorteil hat, dass wir Kunden auch ins andere Geschäft schicken können, wenn wir in einem ausgebucht sind. 2 Minuten zu Fuß nimmt eine Kunde in Kauf. Und durch diese Nähe, aber auch durch unsere regelmäßigen Team-Meetings einmal im Monat, können wir uns jederzeit austauschen und das „Nahegefühl“ bleibt erhalten.
 

"Die Branche muss wegkommen von: Wir sind doch bloß Friseure"



imSalon: Wie sehen Sie die Problematik Lehrlingsnachwuchs?
Ich bin in der Lehrlingsprüfungskommission und ich denke, dass die, die ausbilden – natürlich nicht alle – nicht bereit sind, besser auszubilden. Es kommen Leute durch die Prüfung, die nicht durchkommen sollten, nur weil das der Lehrling von jemandem ist, den man gut kennt. In der Schweiz, beispielsweise, haben sie vor ein paar Jahren erkannt: Wir haben ein Problem! Wir finden keine Lehrlinge mehr. Also sind Sie hergegangen und haben gesagt: du brauchst eine Meisterprüfung, wenn du Lehrlinge ausbilden möchtest. Die Meisterprüfung wurde schwieriger und pädagogischer und dadurch von vornherein „ausgesiebt". Die Ausbildungsrichtlinien wurden gestrafft und der Lehrberuf Friseur auf die Ebene des kaufmännischen Lehrberufes gesetzt, was einen höheren Verdienst ermöglicht. Niveau, Ansehen und Wertigkeit sind somit gestiegen. Die hiesigen Betriebe müssen bereit sein, umzudenken. Die derzeitige Tendenz führt nicht dazu, unsere Branche anzuheben. Die Branche muss wegkommen von: „Wir sind doch bloß Friseure.“
 

Interview:Katja Ottiger