30.03.2023
Young Culture Führungsstil bedeutet "abgeben und keine Langeweile aufkommen lassen“
Ihrem Team gab sie Freiheit, aber keine Unsicherheit – und es läuft besser denn je. Deswegen expandiert Niki Madunovic mit einem Beauty Concept Store, in dem für ihre Mitarbeiterinnen niemals Langeweile aufkommen soll.
"Freizeit (...) ist den jungen Menschen wichtiger. Sie definieren sich nicht mehr nur über das Arbeiten. (...) ich finde, dass wir von dieser Einstellung noch sehr viel lernen können."
Dein Team scheint sehr jung zu sein. Wie kommst du mit der nächsten Generation klar? Oftmals beklagen sich Salonunternehmerinnen*Salonunternehmer über die Arbeitsmentalität. Wie siehst du das?
NM: Aktuell besteht mein Team aus 12 Personen. Im Alter von 20-50 ist alles mit dabei, aber der Großteil ist unter 30. Ja, die nächste Generation ist anders. Man muss sich auf die jungen Menschen einlassen und versuchen, zu verstehen, wie sie denken. Ich bin 30 und ich merke, dass Prioritäten anders sind: Freizeit bzw. Freiheit ist den jungen Menschen wichtiger. Sie definieren sich nicht mehr nur über das Arbeiten. Die wissen, was sie wollen. Aber ich finde, dass wir von dieser Einstellung noch sehr viel lernen können.
Wie meinst du das?
NM: Man muss voneinander lernen und ich durfte als Chefin mitnehmen, dass sich die nächste Generation nicht mehr so überarbeitet, wie es bei anderen der Fall ist. Sie nehmen sich Pausen und sagen, wann es zu viel wird. Zeit ist für die Jungen ein wertvolles Gut. Ich komme aus einer kroatischen Arbeiterfamilie. Das Arbeiten und sich etwas Erarbeiten stand für mich an oberster Stelle. So wurde ich erzogen. Ich bemerke aber selbst, dass ich gerade in einem Veränderungsprozess stecke.
Wie macht sich diese Veränderung bei dir bemerkbar?
NM: Ich befinde mich aktuell in einer Auszeit, die ich mir bewusst für 9 Monate genommen habe. Da kam mir auch die Idee, einen neuen Salon zu eröffnen.
Viele großen Salons sprechen aktuell von Downgrading. Du eröffnest im Schwarzwald nun deinen 2. Salon. Was machst du anders?
NM: Natürlich kommt es auch bei mir vor, dass es Veränderungen im Team gibt, aber ich habe mich im August 2021 dafür entschieden, mich an die Bedürfnisse des Teams anzupassen. Mein Antrieb war vor allem, eine tolle Arbeitgeberin und ein Vorbild, auch für andere Salons zu sein.
Welche Veränderungen hast du eingeführt?
NM: Wenn wir Probleme damit haben, Mitarbeiter zu finden, müssen wir an unseren Strukturen arbeiten, um den Job wieder attraktiver zu machen. Wir haben Montag bis Samstag geöffnet, aber es gibt in meinem Salon eine 4-Tage Woche bei 38,5h mit einem rotierenden System. Alle vier Wochen hat ein Team-Mitglied ein Wochenende von 5 Tagen. Da besteht die Möglichkeit, einen Kurztrip zu machen, ohne einen Tag Urlaub zu nehmen. Meine Mädels bekommen bei mir außerdem 26 Tage Urlaub.
Wie gehst du mit Azubis und den flexiblen Arbeitszeiten um?
NM: Meine Azubis freuen sich jetzt schon darauf, wenn sie ausgelernt sind, die Work-Rotation zu nutzen.
Hast du Tipps für andere Salons?
NM: Man muss sich individuell auf die einzelne Person einstellen und flexibel sein. Ich habe außerdem fixe Aufgaben an jede einzelne Mitarbeiterin verteilt. Meine Salonleitung hat zum Beispiel 4h Stunden in der Woche, die geblockt sind, um alles Organisatorische zu erledigen. Sie kann aber während dieser Zeit, wenn sie will, Kunden bedienen, da sie auch umsatzbeteiligt ist. Genauso habe ich eine Mitarbeiterin, die auch Social Media Managerin ist. Sie hat ihre geblockten Zeiten, in der sie Instagram betreut.
Alle wissen, welche Aufgaben, bis wann zu erledigen sind. So ist alles organisiert und hat seine Struktur. Junge Menschen brauchen Führung und Struktur.
Wie hast du einen eigenen Führungsstil entwickelt?
NM: Ich bin damals mit 20 in die Selbstständigkeit reingestolpert und habe nicht viel darüber nachgedacht, welche Art Chefin ich sein möchte. Von Führung hatte ich keine Ahnung und alles lief, als ob Freundinnen miteinander arbeiten. Das hat für eine Zeit gut funktioniert und dann nicht mehr. Führungstechnisch bin ich an meine Grenzen gekommen. Meine Arbeit machte mir keinen Spaß. Alles war schwer und fühlte sich nach Kampf an. Ich habe mir dann Hilfe von einem Unternehmensberater geholt, um an meinem Mindset zu arbeiten.
"Ich lernte abzugeben."
Wie beschreibst du deinen Führungsstil, der anscheinend bei der jungen Generation gut ankommt und auch dich entlastet?
NM: Ich lernte abzugeben. Davor dachte ich, dass alles an mir hängt. Früher wollte ich nicht einmal das Kassieren jemand anderen machen lassen … aber mit einer klaren Preislistenstruktur, konnte ich diesen Punkt abgeben. Mir war aber klar, dass das nicht mein Leben sein konnte. Ich wollte Herrin über meine Zeit und mein eigenes Leben sein. Es musste im Kopf „Klick“ machen. Jetzt bin ich keine Friseurin mehr, sondern Unternehmerin und auch Mentorin. Ich bin da, um zu helfen und zu unterstützen, dabei gebe ich einen Rahmen vor und versuche Klarheit in gewissen Punkten zu schaffen. So hat mein Team ein Gefühl von Freiheit, aber keine Unsicherheit. Es war ein langer Prozess, aber das Loslassen hat sich gut angefühlt. Es ist alles organisiert. Natürlich läuft ab und zu auch etwas schief. Das ist aber gut. Dann sehe ich wieder genauer hin und kann Abläufe optimieren. Ich machte einen Probelauf: Wie funktioniert alles, wenn ich nicht da bin.
… und was war das Ergebnis?
NM: Es läuft im Salon besser denn je! Ich hätte ansonsten keine zweite Filiale aufgemacht. Seit ich die Entscheidung getroffen habe, zu Reisen und eine Salon-Auszeit zu nehmen, ist viel Veränderung passiert. Die Planungsphase dauerte aber ein Jahr. In dieser Zeit habe ich mich verändert, mein Salon hat sich verändert. Rückblickend war die Entscheidung, eine Auszeit zu nehmen, die größte Veränderung.
"Mein neuer Salon wird ein Beauty Concept Store. Ich will Mitarbeiterinnen langfristig an mein Unternehmen binden und deswegen versuche ich Langeweile zu vermeiden."
Was hast du in diesem Salon-Urlaub gemacht?
Ich konnte mir andere Salons in anderen Ländern ansehen und mich inspirieren lassen: Mein neuer Salon wird ein Beauty Concept Store. Ich will Mitarbeiterinnen langfristig an mein Unternehmen binden und deswegen versuche ich Langeweile zu vermeiden. Es wird Haare, Make Up, Extensions, Brows & Lashes, dauerhafte Haarentfernung und auch Mode geben. Wenn jemand sagt, dass „Haare“ allein nicht ausreichend ist, will ich Workshops und Seminare anbieten und flexibel in andere Bereiche eintauchen zu lassen.
Wie stehst du eigentlich zum Thema Innungen und Verbände?
NM: Tatsächlich bin ich Innungsmitglied seit meiner Selbstständigkeit und seit letztem Jahr Innungsobermeisterin. Mit dieser neuen Aufgabe wollte ich Veränderung bringen und schaffen. Mein Wunsch ist, den Meister anspruchsvoller zu gestalten. Es gibt zu viele, die vor sich hinarbeiten und unter dem Maximalbetrag wirtschaften. Genauso braucht es eine Änderung des Ausbildungsplans. Es kann doch nicht sein, dass eine Branche, wie unsere, die so schnelllebig ist, noch immer in alten Systemen festsitzt. Ich dachte mir, wenn ich näher dran bin, kann ich Strukturen verstehen, um Änderung zu bewirken. Ich will den Blickwinkel als junge Unternehmerin einbringen.
Ich wünsche dir alles Gute für deinen weiteren Weg! Danke für das spannende Gespräch!
Haarkunst Niki Madunovic
Niki Madunivoc führt ihren Friseursalon mit Fokus auf Balayage und Extensions im Schwarzwald. Sie und ihr überwiegend junges Team bieten in Freudenstadt Haarstyling & Make-up mit viel Herz und Professionalität. Im März 2023 eröffnete die zweite Dependance in Nagold. Die neue Haarkunst-Filiale präsentiert sich als Beauty Concept Store mit Hairstyling, Beauty, Fashion und Accessoires.