02.06.2014

Michaela Partl: In erster Instanz

Bei ihr müssen alle Karten auf den Tisch, denn sie schaut genau hin und trifft wichtige Entscheidungen. Seit mehr als 10 Jahren rekrutiert und coacht die geborene Niederösterreicherin Lehrlinge im BUNDY BUNDY Unternehmen und ebnet ihnen mit ihrer ruhigen und ausgeglichenen Persönlichkeit den Weg in eine berufliche Zukunft.

In Waidhofen an der Thaya geboren und in der nördlichsten Stadt Österreichs - in Litschau - aufgewachsen, hat Michaela Partl ihre Lehre im einzigen ortsansässigen Friseursalon gemacht. 1993 wechselte sie nach Wien, in den 13. Bezirk und stieg nach 7 Jahren Salonerfahrung im BUNDY BUNDY Familienunternehmen ein. Seitdem lebt die Mutter eines Sohnes ihre ganz persönliche Karriere mit Lehre. Von der Stylistin, Trainerin und Teammanagerin bis hin zur Assistentin der Geschäftsführung. Ihre Ideen und ihr Know-how fließen in die Ausbildungslandschaft des Familienunternehmens ein und in ihrer jetzigen Position als Regionalmanagerin kommt an ihrer Tür keiner vorbei, der im BUNDY BUNDY-Unternehmen Karriere machen möchte.
 

Fakten:

Meisterprüfung

Ausbildnerprüfung

Unternehmerprüfung



Frau Partl, Jüngst schupfte ein Team von BUNDY BUNDY Lehrlingen selbstständig einen Tag lang die STYLE IN Filiale im Donauzentrum Wien. Eine besondere Herausforderung, für den man entsprechend gut ausgebildeten Nachwuchs braucht. Womit wir bei Ihrem Part wären: Was sind Ihre Aufgaben als Regionalmanagerin?
In erster Linie die Rekrutierung von Lehrlingen und Stylisten. Bei mir gehen alle Bewerbungen ein, das sind so ca. 600 Stück pro Jahr. Diese Unterlagen werden von mir vorselektiert und weitergeleitet. Weiterführend greift dann unser 3 Stufen Einstellungsverfahren.

Wie kann ich mir das Stufen-Verfahren vorstellen?
Die erste Stufe ist das Erstgespräch. Wenn die Jugendlichen unter 18 Jahre sind, auch mit den Eltern. Es ist uns wichtig, zu wissen, woher die Jungendlichen kommen und auch, von wem wir Unterstützung erwarten können.
In der zweiten Stufe lernen die Teammanager der einzelnen Filialen die Lehrlinge kennen und wenn die Voraussetzungen passen, werden sie zu einem Casting und einem Eignungstest eingeladen. Sie lernen fachliches, lernen das Unternehmen kennen und können handwerkliches Geschick und Sozialkompetenz beweisen.
Die dritte Stufe sind die 2 Salon-Info-Tage. Hier gibt es ein vorgefertigtes Schnupper-Programm im zukünftigen Salon, das von den Lehrlingen des ersten und zweiten Lehrjahres durchgeführt wird. Hier können die Bewerber das Team kennenlernen, Fragen stellen, Puppenköpfe oder auch schon mal den Teammanager frisieren und sie schreiben einen Bericht über Kundenbetreuung. Das ist es ein ganz dezidiertes Programm.

Wie viele der 600 Bewerber schaffen es eigentlich in die Casting Runde?
Im letzten Jahr waren es um die 100.
 

"Allgemeinbildung ist eine große Herausforderung. Unsere Mitarbeiter müssen beim Kundenkontakt in der Lage sein, breit gefächerte Gespräche führen zu können."



Dieses spezielle 3 Stufen Einstellungsverfahren haben Sie im Laufe der Jahre selbst ausgearbeitet.
Ja, und es entwickelt sich ständig weiter. Als neben den BUNDY BUNDY Salons auch BUNDY BUNDY STYLE IN anfing, Lehrlinge aufzunehmen, wurde es umso notwendiger, bei der Aufnahme von Lehrlingen und Stylisten eine gemeinsame Sprache zu sprechen. Als ich damals, in Unterstützung mit verschiedenen Kollegen, anfing, dieses Konzept auszuarbeiten, war mir klar, wohin ich wollte und was dieses Programm bezwecken sollte. Ich musste nur einen Weg finden, das zu kommunizieren.

Wie viele Lehrlinge betreuen Sie derzeit?
Im Einstellungsverfahren gehen alle direkt durch meine Hände, das waren heuer 46 Lehrlinge, aber in der Betreuung sind es regelmäßig 26.

BUNDY BUNDY arbeitet eng mit den Berufsschulen zusammen, in der Wiener BS Kreitnergasse hat das Unternehmen zwei eigene Klassen. Wie schaut es aktuell mit dem Nachwuchs aus?
Nicht so optimal. Derzeit fehlen uns noch 20 Lehrlinge. Wir benötigen insgesamt 46, um die beiden Schulklassen zu füllen, wir haben also noch Kapazitäten.
 

"Die Köche sind für mich das beste Beispiel! Noch vor einigen Jahren wollte niemand Koch werden, auf einmal kommen Starköche ins Fernsehen und jeder findet es cool."



Wenn Sie die 18 Jahre, die sie persönlich mit der Ausbildung von Lehrlingen zu tun haben, Revue passieren lassen: Wo sehen Sie hier heute die besonderen Herausforderungen?
Zu einem ganz sicher im Durchhaltevermögen der jungen Leute. Das ist zum Großteil Erziehungssache: Lauf ich einfach weg, wenn es unangenehm wird?
Zum anderen werden die Jugendlichen von Jahr zu Jahr lernschwächer. Auf die Noten mag ich kaum noch schauen, denn wenn ich da anfange auszusortieren, kann ich eigentlich gleich aufhören.
Und die Allgemeinbildung ist eine große Herausforderung, auf die wir sehr viel Wert legen müssen. Unsere Mitarbeiter sollten beim Kundenkontakt in der Lage sein, breit gefächerte Gespräche führen zu können. Das erwarten sich unsere Kunden. Auch hier arbeiten wir eng mit den Berufsschulen zusammen.

Aus Ihrer Erfahrung: Wie wählen junge Leute ihren Ausbilder aus?
Das ist eine Frage, die ich gern beim Castingabschluss stelle, um die Kanäle herauszufiltern, über die die Lehrlinge zu uns kommen. Da stehen Empfehlungsverhalten und die Marke bei uns an erster Stelle, soll heißen, die Jugendlichen fragen innerhalb der Familie und im Bekanntenkreis nach. Da höre ich oft: über die Mama oder die Tante.
Das zweite wichtige Kriterium ist die Recherche nach Lehrstellen im Internet.

Aktuell steht wieder der Bundeslehrlingswettbewerb an. Wenn ich es richtig weiß, nehmen BUNDY BUNDY Lehrlinge nicht an Lehrlingswettbewerben teil. Warum nicht?
Das haben wir noch nie forciert. Wir komprimieren die Lehrinhalte von 3 Lehrjahren auf 2 Lehrjahre, damit unsere Assistenten schon im 3. Lehrjahr die Möglichkeit haben, im Salon vollwertig mitarbeiten können. Das fordert sie natürlich. Zusätzlich bekommen unsere Lehrlinge Sozialkompetenz-Seminare, sind in der Academy. Sie müssen im zweiten Lehrjahr komplett schneiden lernen, sind im z.B. Wella Studio und machen den kleinen „Master of Color“, dann sind sie wieder wochenweise in der Schule. Wir bieten ihnen ein volles Programm, da bleibt für Lehrlingswettbewerbe einfach keine Zeit. Natürlich liegt uns die kreative Förderung auch sehr am Herzen. Deshalb bieten wir allen, die Interesse haben, intern die Möglichkeit, sich an Fotowettbewerben zu beteiligen, wie beispielsweise bei den Intercoiffeuren. Hier werden sie dann von Gerhard Kopfer aus dem Artisitc Team und unserer Fotografin Inge Prader gecoacht.

Die aktuellen Erfolge unserer Lehrlinge beim Fondation Guillaume Young Generation Award sprechen für sich: Wir hatten drei Teilnehmer aus dem 2. Lehrjahr und von diesen belegte Vanessa Plachy Platz 4!
Als Sprungbrett oder Motivation finde ich Wettbewerbe, auch die Lehrlingswettbewerbe eine gute Sache.

Ein weiteres aktuelles Thema: Ausbildungsmüdigkeit. Was sagen Sie Unternehmern, die nicht mehr ausbilden möchten?
Da kupfere ich einfach etwas von unserem Unternehmensberater ab: All jene, die nicht mehr ausbilden, brauchen sich nicht wundern, wenn sie keine Fachkräfte mehr haben, wenn sie sie brauchen.
Das ist unsere Motivation für Ausbildung.

Was können wir tun, um Nachwuchs zu gewinnen?
In den Schulen hab ich schon einen Weg gefunden. Wir arbeiten hier eng mit „Lehrberuf info“ zusammen, die Plakate machen, sie an allen Schulen aushängen und auf denen wir groß vertreten sind. Nur leider ist es so, dass man Gymnasien damit nie erreichen wird. Die hängen das nicht aus. Sie sind natürlich erpicht darauf, ihre Schüler in den Oberstufen zu behalten, denn auch bei ihnen geht es um Lehrverpflichtungen.
Beim Thema Image sind aber die Köche für mich das beste Beispiel! Noch vor einigen Jahren wollte niemand Koch werden, doch auf einmal kommen die Starköche ins Fernsehen und jeder findet es cool. Dort müssen wir hin!

Welche Anforderungen haben Sie an Unternehmer, Berufsschulen, Innungen und Politik, um den Lehr-Beruf Friseur für möglichst viele Jugendliche attraktiv zu machen?
An die Unternehmer: Nachwuchs ausbilden und unsere Dienstleistung nicht unter Wert verkaufen. Das nimmt unserer Branche das Image weg.
An die Politiker: Sich informieren, was gutes Handwerk eigentlich Wert sein sollte und den Lehrberuf Friseur nicht immer als Buhmann her nehmen und in den Medien immer zuerst nennen, wenn es um schlecht bezahlte Berufe geht. Wir haben ein leistungsorientiertes Unternehmen, in dem man angemessen bezahlt wird. Auch das sollte zählen.
An die Innung: Sich der Zeit anpassen und erkennen, was im Markt gefragt ist und dieses Wissen auf die Prüfungen umlegen.

Sie selbst haben bei BUNDY BUNDY eine tolle Karriere gemacht. Ihr Tipp an junge Friseure?
Sucht euch euren Weg, Karriere mit Lehre zu machen.

Stehen Sie selbst noch im Salon?
Momentan leider nicht. Aber wenn meine Kollegin aus der Karenz zurück ist, hoffentlich wieder einmal in der Woche.

 

Das Interview führte Katja Ottiger

Juni 2014