29.06.2013

Michael Gotschim: Hoch, hoch die Preise!

Michael Gotschim ist praktisch im familieneigenen Salon aufgewachsen, hat teilweise seine Lehre dort gemacht und steht seit 2000 an der Spitze des Traditionsunternehmens. Im Lauf der letzten Jahre hat der Friseurweltmeister kontinuierlich das Portfolio seines Geschäftes ausgebaut. Mit seiner kompetenten Beratung und Hilfestellung im Umgang mit Perücken und Zweithaar ist das Unternehmen Gotschim für viele Betroffene vertrauensvoller Partner. Ein weiteres erfolgreiches Standbein des Unternehmers ist sein Onlineshop [url=http://www.flexohair.eu t=new]Flexohair[/url], über den er Extensions, Produkte und Zubehör vertreibt. [i]Fakten:[/i] 17 Mitarbeiter | 7 Lehrlinge | 1 Salon in St. Pölten mehrmaliger Grand Prix Sieger | 1990 Weltmeister im Team

Das Unternehmen Gotschim ist ein Familienunternehmen mit 80jähriger Tradition. Wann haben Sie zum ersten Mal in einem Salon mitgearbeitet?
Ich bin praktisch damit auf die Welt gekommen. Das erste Mal mitgeholfen hab ich im Volksschulalter, da brauchte ich dringend Geld für einen Mickey Mouse Band. Das erste Mal frisiert habe ich mit 15.

Von Beruf Friseur – das war klar?
Ja! Ich hab die Lehre bei meinen Eltern gemacht und war ein Jahr bei der Gruppa l‘Ultima in Wien. An meinem ersten Lehrtag hab ich zum Papa gesagt: Ich werde mal Weltmeister und hab dann sofort mit dem Preisfrisieren angefangen. Entweder ganz oder gar nicht! Und das war knochenhart: Fünf Jahre lang hab ich 5x die Woche trainiert. Und so einige Preise dabei gewonnen. Das Preisfrisieren sehe ich auch heute noch als beste Schule.

Seit 2000 führen Sie die Geschicke des Familienunternehmens allein. Ihr Geschäft beinhaltet Perückenstudio, Freiluftsalon und eine im Aufbau begriffene Shu Uemura–Oase. Zusätzlich betreiben Sie den Online Shop Flexohair, vertreiben Extensions & Produkte (s.: www.flexohair.eu). Eine einträgliche Geschäftsidee im Internet?
Eigentlich kann man das niemandem wirklich empfehlen. Man muss sich sehr bewusst machen, was auf einen zukommt und eine sehr lange Anlaufzeit in Kauf nehmen. Früher, als die ersten Internet-Shops da waren, ist noch ein bisschen was gegangen. Aber um heute auf die erste Seite zu kommen, muss man in Suchmaschinen investieren und mit den Preisen runter, um das beste Angebot zu haben. Wir haben zwei Jahre gebraucht, bis der Shop gelaufen ist. Ich hab an die 50.000 € investiert, bis ich sagen konnte: Jetzt funktioniert´s. Wir machen das meiste über Amazon, schicken dort einmal im Monat die Ware hin. Dafür brauchst du Mitarbeiter, die das alles regeln, musst Werbung schalten, dir überlegen, wie verschicke ich die Sachen und wie organisiere ich die Rücknahme?

Sie nutzen das Internet als Informations- und Verkaufsplattform. Wie warten Sie Ihre Webseiten?
Ich hab eine Mitarbeiterin, die sich eigens um die Internetseite vom Salon kümmert und den Onlineshop managt.

Wie wichtig ist ein professioneller Webauftritt für ein Salonunternehmen?
Mittlerweile Lebensnotwendig. Gerade wenn man spezielle Dienstleistungen oder auch Produkte verkaufen möchte, ist das ohne Homepage nahezu unmöglich. Keine zu haben, ist, wie vor 20 Jahren die Frage: Hab ich einen Telefonanschluss oder nicht?
Wobei die beste Imagewerbung immer noch die Weiterempfehlung ist. Wenn die nicht passt, musst du Billigangebote machen und da kannst du gleich einen Billigsalon fahren und Billigsalon heißt: Schuften wir ein Tier und ständig Mitarbeiter verlieren, weil das auf Dauer keiner aushält. Da kann ich nur sagen: Hoch die Preise! Die Branche ist viel zu billig! Auch die Hochpreisigen sind letzten Endes zu billig. Der Installateur verlangt in der Stunde 85 €! Wenn wir das auch hätten!!!
In England, beispielsweise, haben sie keinen Friseurmangel! Da ist der Friseur derjenige, der das Geld nach Hause bringt, weil sie entsprechend verlangen. Dahin sollten wir auch kommen!

Wie hochpreisig sind Sie? Sie nehmen gerade Shu Uemura in Ihren Salon auf. Eine hochpreisige Marke… Ist die Wahl der richtigen Produkte entscheidend für den Preis-Leistungserfolg?
Eindeutig! Die Frage aber ist, was ist hochpreisig? Wir nehmen für schneiden, färben, föhnen im Schnitt 100 €. Das ist besserer Durchschnitt. Aber das Leidige bei der Haarpflege ist ja, dass ein Lippenstift für 25 € für viele Frauen Standard ist, die teure Hautcreme ebenso. Aber ein Shampoo um 25 € ??? Da verziehen sie schnell den Mund.
Bezüglich Shu Uemura: Ich hab´s anfangs nicht geglaubt, aber Herr Baumgartner hat zu mir gesagt: „Probier es mit Shu Uemura!“ Ich hab´s probiert und kann nur sagen, meine Mitarbeiterinnen waren sofort begeistert und die Kunden ebenso. Da haben wir welche, die für ihre Pflegeprodukte mitunter 140 € ausgeben. Man muss nur richtig argumentieren und das ganze auch entsprechend zelebrieren.

Was erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern?
Begeisterung – das ist alles. Den Rest bring ich ihnen bei.

Und wie erhalten Sie diese Begeisterung?
Ich versuch, das Spielerische nicht zu verlieren und Interessen zu wecken. Ich habe ausschließlich Mitarbeiterinnen und was soll ich sagen, sie sind „Mädels“ mit allem, was dazugehört: die Begeisterung fürs Schminken, für neue Produkte, neue Techniken. Und das muss man honorieren und immer wieder mal Neues bieten. Ein neues Produkt z.B., und sagen, schau, das ist doch genau das Richtige für dich – das funktioniert, das taugt ihnen.
Natürlich, die eine Seite mit den Zahlen muss auch stimmen, aber auf der anderen sind eben auch Spaß und Begeisterung entscheidend.

Wie halten Sie es mit Weiterbildung bei Ihren Mitarbeiterinnen?
Die Lehrlinge haben 1x die Woche Training – nach der Arbeitszeit! Das ist Bedingung und das sage ich immer gleich vorher. Wenn jemand keine Motivation hat, dann kann ich ihn nicht brauchen. Da trennt sich ganz schnell die Spreu vom Weizen. Und für alle zusammen machen wir regelmäßig flächendeckende Schulungen, da holen wir uns gute Akteure ins Geschäft, wie Serge Moreau, Edinger und BertramK.

Was fragen Sie im Bewerbungsgespräch?
Warum wollen Sie Friseurin werden?
Machen Sie eine Schnupperwoche?

Wünsche an die Branche?
Hoch, hoch die Preise!
Billigpreiskonzepte machen die Branche kaputt. Unternehmensberater, die Billigkonzepte aufziehen, sind der Schaden für die ganze Branche. Denn dann kommen unsere Kunden zu uns und fragen, warum das bei uns keine 30 € kostet.
Wir Friseure sollten uns alle zusammentun und innerhalb von 5 Jahren gemeinsam die Preise um 50% hochziehen! Letztlich geht es auch um den Überlebensfaktor und um das Image!

Juli 2013


Interview: Katja Ottiger