Die Coiffeure Martin und Manuela Grob arbeiten in der Schweiz seit 27. April durchgehend und hoffen, dass das auch so bleibt © Coiffure Grob

01.02.2021

Martin Grob – Schweizer Coiffeur hofft, weiter offen bleiben zu dürfen

Seit 27. April arbeiten die Coiffeure in der Schweiz trotz Lockdown unter Einhaltung aller Covid-19-Hygieneauflagen in den Friseursalons. Das ist auch gut so, findet Martin Grob, Betreiber zweier Geschäfte in Zürich und Rapperswil. Über Skepsis gegenüber Urlaubern, verkürzte Meterabstände und nullverzinste Covid-Kredite ...

Im Telefoninterview mit Katja Ottiger

"Ich frage mich, wie die Deutschen und die Österreicher da wieder rauskommen wollen."

Martin, die Schweiz ist im 2. Lockdown, die Coiffeure sind offen. Bist du mit der Entscheidung des Bundesrates zufrieden?
Martin Grob: Unbedingt! Ich kenne eure derzeitigen Fallzahlen nicht, weiß aber, dass wir hier in der Schweiz höher liegen. Ich frage mich, wie die Deutschen und die Österreicher da wieder rauskommen wollen. Wenn Salons und Läden über Wochen zu sind, strömen die Leute nach der Wiedereröffnung umso mehr in die Geschäfte und die Zahlen steigen wieder. Schwingen die sich dann von Lockdown zu Lockdown? Der Staat kann sich das nicht mehr leisten, meine Tochter und ihre Generation wird das schon jetzt ihr Leben lang abbezahlen.

Gehen die Leute denn zum Friseur?
MG: In der letzten Woche war es eher ruhiger, aber wenn ich es hochrechne, wird das kein schlechter Januar werden. Die Leute sind froh, das Haus mal zu verlassen. Hoffen wir, dass wir offenbleiben dürfen. Ich bin müde im Kopf vom konstanten Reagieren, diesem Abwarten und der Planungsunsicherheit.

Aber wenn wir Friseure etwas gelernt haben, ist es noch flexibler zu sein. Immer wieder Anrufe von Kunden, die plötzlich in Quarantäne müssen und du ein 3-Stunden-Loch füllen musst, weil die Kundin Strähnen wollte, oder Mitarbeiter fallen spontan weg. Aber auch die Kunden sind flexibler geworden. Einen Termin zu verschieben war früher beinahe unmöglich, jetzt sind die meisten beweglicher.

Hast du Angst zu arbeiten?
MG: Nein, ich gehöre aber auch nicht zur Risikogruppe. Ich fahre ja auch Motorrad und weiß, dass mich in der ersten Kurve jederzeit jemand abschießen kann. Ich könnte auch morgens auf einer Eisfläche ausrutschen… Für mich gehören Leben und Tod zusammen - aber eigentlich sollte ich so etwas im Moment nicht laut aussprechen.

Wie sehen das deine Mitarbeiter?
MG: Ich habe eine Mitarbeiterin mit Vorerkrankungen, die ist zum Teil sehr vorsichtig. Die Jungen sind das Gegenteil, die müssen immer wieder mal zur Vorsicht angehalten werden.

Wobei bist du skeptisch?
MG: Wenn in der Schweiz jeder Urlauber willkommen ist und Skifahren erlaubt ist: im Wallis und im Berner Oberland explodierten ja die Zahlen bereits. Da stellt sich einem schon die Frage, wie es weiter geht. Ich möchte nicht die Regierung sein.

 „Der 2 m Abstand wurde auf 1,5 m reduziert.“

Hat sich gegenüber dem ersten harten Lockdown im Frühjahr, bei dem alle Geschäfte geschlossen waren, zum jetzigen euer Hygienekonzept ändern müssen?
MG: Nein, das wurde im Großen und Ganzen so beibehalten. Lediglich der anfangs bestehende 2 m Abstand wurde auf 1,5 m reduziert. Wir dürfen alle Stühle wiederbesetzen, was wir in unserem Geschäft in Zürich auch so handhaben. In Rapperswil haben wir nach wie vor jeden zweiten Sessel rausgenommen, da können die Kunden die Maske, wenn sie allein am Platz sind, z. B. beim Farbe einwirken lassen, auch einmal abziehen.

Habt ihr geöffnete Warteräume?
MG: Die Kunden kommen auf Termin, es ist eher selten, dass die Mutter mit der Großmutter kommt, aber wenn, dürfte sie warten.

Wie handhabt ihr gesichtsnahe Behandlungen?
MG: Bartschneiden mit Schutzmaske und zusätzlichem Visier. Wimpern Augenbrauenservice machen wir sehr verhalten. Schminken ist tot.

Welche Förderungen kannst du in Anspruch nehmen?
MG: Das Kurzarbeitergeld (nur für Mitarbeiter, nicht für Eigentümer), das 80 % vom Lohn ausmacht. Das Einzige, was ich habe tun müssen, war, die Mitarbeiter anzumelden, das Geld vom Kanton kam ziemlich zeitnah.
Und es gib den Nullverzinsten Covid-Kredit, den jeder unbürokratisch bei der Hausbank online beantragen kann. Die Höhe beträgt 10 % vom letztjährigen Umsatz, meines Wissens mit einer Laufzeit von 5 Jahren. Den Kredit habe ich noch nicht in Anspruch nehmen müssen, das Geld liegt unangetastet auf einem Extrakonto. Das beruhigt, man weiß ja nie, was kommt und gerade der Mietzins muss bei uns zu 100 % Prozent beglichen werden.
 

Martin, ich danke dir für deinen spontanen Einblick. Alles Gute nach Zürich!

Über Coiffure Grob:

  • 2 Salons: Rapperswil & Zürich / Schweiz, Inhaber: Martin und Manuela Grob
  • 14 Mitarbeiter | 3 Auszubildende
  • www.coiffuregrob.ch
  • www.szena.ch

Aktueller Stand 2. Lockdown in der Schweiz

Die Schweiz befindet sich seit 22.12.20 im 2. Lockdown, es gelten verstärkte Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus, die in der letzten Sitzung des Bundesrates am 27.01. nochmals nachjustiert wurden. Trotzdem sind u.a. Coiffeure, Massagenpraxen, Baumärkte, aber auch Schulen und Hotels und deren Restauration für die Gäste geöffnet. Der Einzelhandel steht still. Es besteht die Verpflichtung zu Homeoffice, mit wenigen Ausnahmen bis vorerst Ende Februar. Es gibt derzeit keine FFP2 Maskenpflicht in öffentlichen Bereichen oder ähnlichem. Der 2m Abstand aus dem 1. Lockdown im Frühjahr wurde auf 1,5 m herabgesetzt, ab 2 Leute in einem Raum herrscht Maskenpflicht.