30.01.2015

La Femme Très Chic: Rudolf Meidl im Interview

155 Jahre lang wurde das Geschäft von Rudolf Meidls geführt... Wie man mit so viel Tradition umgeht und sich dennoch neu orienteiern kann, verrät uns Rudi Meidl der Vierte.

Fakten

Friseurunternehmer seit 1980

2 eigene Salons | 1 Franchisepartnerin

25 Mitarbeiter | 10 Lehrlinge

Friseur Weltmeister




imSalon: Sie haben den von Ihrem Urgroßvater im Jahre 1860 gegründeten Betrieb in Steyr in vierter Generation übernommen - von ihrem Vater. Alle Salonbesitzer vor Ihnen trugen denselben Namen: Rudi Meidl. Wurde Ihnen mit dem Namen auch ihre berufliche Bestimmung in die Wiege gelegt?
Wir waren vier Geschwister. Aber es hieß von klein auf: Rudi übernimmt mal das Geschäft. Und vor 50 Jahren wurde meist ohne Widerspruch gemacht, was die Eltern sagten. Also wurde ich Friseur – so einfach ist das. Klar war für mich von Beginn an jedoch, dass, wenn ich mich mal für etwas entschieden habe, daraus auch etwas besonderes mache!

imSalon: Hatten Sie als Rudi der IV. familienintern einen speziellen Rufnamen?
Nein. Ich war einfach Rudi.

imSalon: Wie schaute es mit den Frauen der Familie aus? Haben ausschließlich die Männer das Unternehmen geprägt oder gab es auch weibliche Verantwortlichkeiten?
Meine Mutter war Friseurin, ebenso die Schwester meines Vaters und eine meiner Schwestern (diese hat auch eine frühere Filiale von mir übernommen), meine zweite Schwester war Kosmetikerin im Salon, meine erste Frau war Rezeptionistin und auch für die gesamte Administration zuständig, meine jetzige Frau ist Salonmanagerin in Steyr, meine Tochter ist Make-up-Artistin und managed als Geschäftsführerin perfekt das Back Office... und mich!
 

„Tradition heißt nicht die Asche bewahren, sondern das Feuer hüten“



imSalon: Sie haben Ihre Lehre im Familienunternehmen gemacht, sind erfolgreicher Friseur und Unternehmer geworden, Ihnen eilt der Ruf voraus, sehr weltoffen und „lebensweise“ zu sein. Wie geht man mit gewachsenen Traditionen und der Verantwortung für ein Familienwerk um?
Ein geliebtes und gelebtes Zitat sagt alles: „Tradition heißt nicht die Asche bewahren, sondern das Feuer hüten“. Andererseits habe ich bei meinen beiden Kindern nie Druck ausgeübt, in den Betrieb einzusteigen. Mein Sohn ist nach seinem WU-Studium Key Account Manager in der Industrie. Meine Tochter arbeitet als Managerin in meinem Betrieb, hat aber keine Friseurlehre absolviert, was aber keine Rolle spielt, da heute sowieso andere Kriterien zählen. Wir feiern heuer das 155jährige Meidl-Jubiläum, das Vierteljahrhundert DESSANGE in Österreich – und es wird auch weiterhin Gründe zum Feiern geben.

imSalon: Sie sind auch ausgebildeter Kaufmann, haben infolge aus dem einen Salon in Steyr insgesamt vier gemacht, später einige davon verkauft und einen Franchise Vertrag mit Dessange Paris abgeschlossen. Wie hat Ihr Vater all diese Veränderungen gesehen?
Es schien, dass mein Vater NIE und nimmer in Pension gehen würde. Er ging aber. Mit 60 - weil er mir vertraut hat. Mit diesem Tag hat er sein Leben umgedreht und gelernt zu leben, das Leben zu genießen. Heute ist er 95 und sehr stolz darüber, was sein Sohn so auf die Beine gestellt hat.

imSalon: Sie waren Produktmanager für L‘Oréal und Bühnen-Akteur. Schließlich haben Sie in Wien mit dem Dessange Flagship-Store ein Beauty-Universum geschaffen. Was macht die Marke für Sie so besonders?
Als ich noch auf der Suche nach meinem persönlich Stil war, informierte ich mich beruflich hauptsächlich in London, Bologna und Paris. Entdeckte, dass der englische Frisuren“stil“ nicht wirklich meins ist, auch Paris zog ich Bologna vor, merkte, dass bei den diversen „großen“ Pariser Trendsettern für mich DESSANGE mit Art-Director Bruno Pittini herausstach – und fand dort mein fachliches zuhause. Mit entscheidend war sicher die Persönlichkeit von Jacques Dessange, aber auch diese unvergleichliche Stilsicherheit. Das coiffé/dècoiffé. Das lässige, aber nicht nachlässige...

imSalon: Französischen Frauen wird besonderer Chic und Schönheit nachgesagt. Was bedeutet Schönheit für Sie?
Attraktivität durch spielerischen Zugang zur Mode, Leichtigkeit, Lebenslust, Humor, Intelligenz,... auch zu sich und seinen (vermeintlichen) Mängeln stehen – und ja, gegen erotische Ausstrahlung hab’ ich auch nichts!
 

"Ich könnte schon als kleiner Franzose durchgehen"



imSalon: Sie sind immer wieder in Paris. Wie französisch sind Sie?
Ja, Ich könnte schon als kleiner Franzose durchgehen. Die Sprache spreche ich. In Summe habe ich schon mehr als ein Jahr in Frankreich verbracht. Meine Lieblingsstadt ist Nizza. Paris fehlt zu meiner Lieblingsstadt das Meer. Fühlen tu ich mich als Europäer.

imSalon: Sie haben viel preisfrisiert und etliche Titel gewonnen. Heute wird man eher Markenbotschafter als Frisierchampion, um sich zu beweisen. Welche Rolle hat Preisfrisieren heute?
Preisfrisieren ist gut, um Perfektion und Zeitmanagement zu lernen. Showfrisieren ist gut für die Kreativität, auch für die Persönlichkeitsentwicklung, Selbstvermarktung - it’s Showtime! Und wenn sich jemand etwas beweisen will/muss, hat er auch abseits von Laufsteg und Bühne viele Möglichkeiten. Die Zeiten ändern sich. Und das ist gut so.
 

"Wer für seine Erfolgserlebnisse nichts tut, hat sie nicht verdient."



imSalon: Haben Sie Nachwuchsprobleme in Ihren Salons?
Ich bin in der glücklichen Lage, sowohl in Wien als auch in Steyr Lehrlinge zu haben, die so richtig Freude machen. In Steyr muss ich leider pro Jahrgang 5 bis 10 hochqualifizierten Bewerberinnen absagen, in Wien ist die Luft deutlich dünner.

imSalon: Sehen Sie ein Imageproblem der Branche und wenn ja, was müssen wir tun?
Vielleicht hilft der Vergleich mit der Gastronomie – auch hier hat die Gesamtbranche ein Imageproblem, trotz höchster Präsenz mit diversen Koch-Gastro-Sendeformaten im Fernsehen (im Gegensatz zu uns Friseuren), aber die Spitzengastronomie ist Imagemäßig ganz, ganz oben (Spitzenfriseure auch!). Wer sagt die Branche habe kein Imageproblem, leidet unter Realitätsverlust. Meine Gegenmittel? Professionalität! Vorbildwirkung in Sachen Frisur, Make-up, gepflegter JobDress, Auftreten, Sprache,... und alles im positiven Sinn, bitte! Auch hohe Bezahlung für hohe Leistung. Denn - wer für seine Erfolgserlebnisse nichts tut, hat sie nicht verdient.