20.03.2020
Kathi Strassl: Kurzarbeit oder Kündigung – im schwammigen Bürokratie-Labyrinth
Jetzt ist es offiziell, bis zum 13.04. müssen Friseursalons in Österreich geschlossen bleiben. Seit 16.03. sind diese bereits zu. Seitdem kämpft die Wiener Salonunternehmerin Kathi Strassl verzweifelt um Klarheit zu Kurzarbeit versus Kündigung und schafft Vorbereitungen dafür, die nächsten 4 Wochen zu überleben…
Im Telefoninterview mit Raphaela Kirschnick
Kathi, du beschäftigst dich seit Tagen intensiv mit nächsten Schritten für dein Personalmanagement. Dein Tipp: Kurzarbeit oder Kündigung?
Kathi Strassl: Nach meinen aktuellen Informationen und Gesprächen, die ich heute bereits führen konnte, ist es sinnvoll bis Montag abzuwarten. Die offiziellen Informationen zur Kurzarbeit sind ja noch immer sehr schwammig. Werden zum Beispiel die Arbeitgeberbeiträge zur Gänze übernommen? Bis Montag soll dies alles final geklärt sein.
Ist Kündigung dann eine Alternative für dich?
KS: Kündigung ist der letzte Ausweg. Aktuell wird die Kurzarbeit ja von allen Seiten empfohlen. Mir wurde gesagt, Kündigung ist gefährlich, weil keiner weiß, was es für Konsequenzen hat und ob dann alle Förderungen greifen. Der Staat will ja Kündigungen vermeiden. Offenbar gibt es wohl auch einen Unterschied zwischen Wiedereinstellungsgarantie und -vereinbarung. Da gibt es so viele Feinheiten und keiner kennt sich wirklich aus.
Was empfiehlst du Deinen Kollegen?
KS: Bis Montag abzuwarten.
Was erwartest Du Dir am Montag?
KS: Ich will hören, was genau zur Gänze im Kurzarbeitsmodell übernommen wird. Wir verlieren ja nichts, wenn wir bis Montag warten, es kann ja noch immer alles rückwirkend beantragt werden.
Was ist dir wichtig?
Ich kann nur hoffen, dass die Rücküberweisungen vom AMS (Anm. Redaktion: Kurzarbeitszahlungen werden vom Arbeitgeber vorgestreckt) dann sehr schnell kommen. Aber das ist halt auch noch nicht fix.
Wie kommunizierst Du mit deinen Mitarbeitern?
KS: Über unsere Mitarbeiter-Facebookseite! Aber ich informiere nur, wenn ich etwas Handfestes habe, lasse mir alles absichern, um sie nicht zu verunsichern. Ich halte an all meinen Mitarbeitern fest und mag eigentlich niemandem kündigen.
Was sagen deine Mitarbeiter?
KS: Die sind sehr gechillt, auch weil ich Ihnen ein gutes Gefühl gebe. Sie vertrauen darauf, dass ich das Beste für Sie und das Unternehmen erzielen will.
Wie kommuniziert ihr mit Kunden?
KS: Es ist uns unmöglich jeden anzurufen, auch wenn wir jetzt wissen, dass wir vielleicht am 14. April wieder öffnen. Wir stehen nach Öffnung wieder rund um die Uhr zur Verfügung.
Apropos 14.04., hast Du Wünsche für „Danach“.
KS: Jetzt geht es erstmal darum zu überleben. Danach benötigen wir vielleicht Preiserhöhungen. Wir können ja den Kopf nicht zweimal schneiden und färben. Ich hoffe auf das Verständnis unserer Kunden, wenn wir kurzfristig Preise anheben.
Es promoten derzeit viele Gutscheine, um Liquidität zu verbessern, ein Konzept für Dich?
KS: Ich stelle mir die Abwicklung sehr schwer vor, aber schau ich mir noch an. Gutscheine müssen ja in die Registrierkasse eingegeben werden, dann fällt Umsatz an und Steuern, damit muss ich mich noch auseinandersetzen. (Anm. Redaktion: Gutscheine sind Barumsätze im Sinne der Registrierkassenverordnung ohne Umsatzsteuer. Diese wird erst ausgelöst, wenn mit Gutschein eine Leistung bezahlt wird)
Kommt Mietreduktion für dich in Frage?
KS: Auch wieder so eine schwammige juristische Geschichte, wo noch Verfassungsrechtler draufschauen. Ich sende noch heute ein nettes Schreiben an die Hausverwaltung, da ist noch nicht das letzte Wort gesprochen.
Welch andere Maßnahmen hast Du ergriffen?
KS: Mein Konto habe ich gesperrt für alle Einziehungsaufträge und Ausgänge, außer jenen, die ich freigebe. Das ist ganz wichtig, denn was weg ist, ist weg. L’Oréal hat bereits Zahlungsziele verlängert, auf andere Industriepartner warte ich noch.
Was glaubst du, was die Politik aktuell bezweckt?
KS: Ich habe das Gefühl, dass man bewusst Kollateralschäden in Kauf nimmt. Die Unternehmen, die keine 8% Eigenkapital haben, werden durch das Raster fallen, weil sie keine Ressourcen haben, so wie in der Natur, der Stärkere überlebt. Schwache Unternehmen werden schlichtweg aussortiert. Das ist wie bei den Krankenhaus-Betten in Italien, auf 1 Bett kommen 3 Schwerstkranke, der mit den besten Überlebenschancen erhält das Bett.
Düster, düster. Und was machst du den lieben langen Tag, wenn du nicht telefonierst oder Interviews gibst?
KS: 90% des Tages kümmere ich mich darum Informationen einzuholen und wenn ich dann Zeit habe schneide ich Blumen und lebe meine kreative Energie draußen aus, ich habe bereits den tollsten englischen Garten.
Danke Kathi und bleib gesund.