07.05.2014

Jury-Geflüster

Teil der internationalen Trend Vision Award Jury zu sein ist eine große Ehre und mit international hochkarätigen Persönlichkeiten zu arbeiten, war mein persönliches Messehighlight in Frankfurt. Dennoch ist es herausfordernd die Arbeit von hochmotivierten, handwerklich sehr begabten Talenten aus aller Welt zu bewerten und mitzuentscheiden, ob jemand ganz vorne oder eben doch hinten liegt. [b][/b]

Im Laufe des Wochenendes wurde ich mit vielen Fragen bombardiert, etwa: „Auf was hast du geachtet?“, „Waren alle Juroren einer Meinung?“ oder auch „Geht das überhaupt korrekt zu, wird da nicht geschummelt?“ Ich hoffe mit nachfolgendem Bericht ein wenig Aufklärung zu schaffen, wie es wirklich zugeht, in jedem Fall und dafür stehe ich voll ein, geht es korrekt und sehr fair zu. Schummeln gäbe es mit mir nicht überhaupt finde ich das einen sehr abwegigen Gedanken, aber ich wurde es mehr als einmal gefragt und von daher …
 

Freitag 2.Mai
8:00 Jurorenbriefing


Um 8:00 geht es los … Wir sind im neuen Wella World Studio in Frankfurt … Jurorenbriefing! Ich bin in der COLOR-Jury zusammen mit Sonya Dove (US), Josh Wood (UK), Markus Droste (D) und Igor Zaharov (EST). Es gibt auch eine Jury für ‚Young Talent‘, deren Ablauf der gleiche ist.

Raphaela Kirschnick mit Juroren Markus Droste/ Sonya Dove und mit Josh Wood

Die Kriterien sind eindeutig: Zu bewerten sind fachliche Leistung, der Weg vom Vorher zum Nachher, das Gesamtbild und die Trendklarheit. Die Gewichtung ist unterschiedlich, Technik und Weg bestimmen 70% des Ergebnisses wohingegen das Gesamtbild (Zeitgeist, Make-up, Mode, etc.) 30% ausmachen sollen.
Um 8:30 lernen wir die 15 Finalisten (aus ursprünglich 80 Ländergewinnern) samt ihrer Modelle kennen. Die Modelle sind unfertig und werden im „Vorher“-Look fotografiert. Der Vorher-Look hängt am Spiegel - seitlich, von hinten und von vorne dokumentarisch festgehalten.
 

9:00 – 14:00 Life Contest der TeilnehmerInnen


Dann geht es los, von 9:00 bis 14:00 – 5 Stunden – haben die Teilnehmer Zeit zu blondieren, färben, schneiden, schminken, einkleiden und stylen. Ich beobachte, bin begeistert von den unglaublich vielen Farbtöpfen, die zum Einsatz kommen. Mancher Teilnehmer hat 8 verschiedene Farbtöpfe vor sich stehen. Voll konzentriert arbeiten alle StylistInnen an ihren Modellen vor sich Schmierzettel, auf welchen die wildesten Farbrezepturen gekritzelt sind und man sieht, jeder Schritt sitzt.

Wir von der Jury schauen zu, machen Notizen und bestaunen die Farb-Produkte, die es in Asien gibt, Nuancen aus Südamerika, die wir nicht kennen. Zwischendurch diskutieren wir über die unterschiedlichen Techniken, erfragen Sichtweisen anderer oder bereinigen eigene Unsicherheiten, ob was wie geht. Alles in allem macht sich jedoch jeder sein eigenes Bild.

14:00 – 15:00 Konzepte


Um 14:00 ertönt ein Gong! Jetzt müssen alle Tools zur Seite gelegt werden, die Stylisten verlassen den Raum. Die schwerste Aufgabe beginnt, die Köpfe anschauen, Ergebnisse beurteilen, das Vorher-Foto am Spiegel hilft den Weg zu rekapitulieren. Es ist totenstill im Raum, jeder Juror ist hochkonzentriert. Ab und zu ein ‚wow‘ oder ‚hmmm‘ durchschneiden die Stille. Als wir alle mit unseren ersten Schritten fertig sind geht es in den finalen Bewertungsschritt. Nacheinander präsentieren die Stylisten am Model ihre Idee, ihre Trendinterpretation und Vision. Das macht das Ganze noch schwerer denn jetzt lernen wir den Stylisten persönlich kennen und wir sind alle begeistert ob der Professionalität, die in der Vorbereitung steckt. Es werden Moodboards gezeigt, die Auswahl der Farben und die unglaublich innovativen Farbmischungen erläutert, Bilder gemalt, auf die man in Londoner Straßen trifft. Stoffe werden gezeigt, die aus heimatlichen Trachten entnommen sind, sogar Videos wurden produziert und das eigene Verständnis vom Friseurberuf wird zum Ausdruck gebracht. Wirklich berührt aber hat mich das Statement der Teilnehmerin aus der Ukraine: „Ich habe Elemente aus unserer Heimat mit Elementen aus dem Westen kombiniert, denn ich möchte zeigen, dass wir zusammen passen, zumindest in unserer Branche gibt es Harmonie.“

Wir passen zusammen, das ist eine sehr smarte Aussage, die ich nach diesem erlebnisreichen Tag nur bestätigen kann. Das Iryna Fraiuk aus der Ukraine gewonnen hat hat nichts mit diesem Statement zu tun, sondern mit einer unglaublichen Arbeit, die sie auf dem Kopf Ihres Modelles geleistet hat. Aber das Statement zeigt, dass visionäres Denken im Kopf und im Herzen beginnt und mit den Händen zum Ausdruck gebracht werden kann. Das haben alle Teilnehmer bewiesen und ich möchte allen zu ihrem Mut gratulieren.
 

16:00 Die Bewertung


Abschließend zieht sich jeder einzelne der fünf Juroren zurück und füllt seinen Bogen im Privaten aus. Dieser wird dann verdeckt abgegeben, das Urteil ist gefällt.

Samstag 3.Mai Die Entscheidung


Erfahren wer gewonnen hat, habe auch ich erst am Samstag live während der Verleihung. Das Ergebnis spiegelt meine Wertung wider und ich stehe voll und ganz dahinter. Ukraine, UK und Taiwan haben die Color-Kategorie gewonnen, aber auch alle anderen Teilnehmer haben eine grandiose Leistung vollbracht.

Gewinnerin Iryna Fraiuk | Ukraine

Ich möchte Wella für diesen außergewöhnlichen Event danken, denn er markiert einen weiteren Meilenstein auf dem Weg hin zu einem besseren Image, auf dem Weg hin zu einer Darstellung, was man als Friseur erreichen kann und vor allem wie nah wir uns international eigentlich sind.
 

Raphaela Kirschnick

Fotocredit: Wella Professionals (ganz oben)
Martin Steiger für imSalon.at

Mai 2014