Joe Weissbacher Credit: Chaos Hairconcept

25.10.2021

Joe Weissbacher: Falsche Arbeitsmarktpolitik – Leistung unerwünscht?

Wochenendarbeit, Kinderbetreuung, Arbeitsbewilligung, Teilzeit, Work-Life-Balance…! Konsumnachfrage und die Arbeitsbereitschaft der Mitarbeiter klaffen zunehmend auseinander. Wozu das führen könnte, skizziert Joe Weissbacher

Kommentar von Joe Weissbacher

Friseure suchen händeringend nach Mitarbeitern, vor allem Vollzeit und am Wochenende.  Aktuell habe ich eine gute Bewerbung für eine Vollzeitstelle mit 5 Jahren Berufserfahrung, allerdings aus Bosnien und deshalb erhält sie keine Arbeitsbewilligung.  Politisch gewollt? Bewirbt sich dieselbe Person als Zimmermädchen oder Pflegehilfskraft, bekommt sie wahrscheinlich die Arbeitsbewilligung.

Friseur ist kein Mangelberuf. Das mag theoretisch stimmen, aber die Praxis ist anders. Erstens führt das AMS auch gelernte Friseurinnen in der Statistik, die bereits vor Jahren aus dem Beruf ausgeschieden sind und nicht mehr in dieser Branche arbeiten wollen oder können. Zweitens gibt es viele Teilzeitmitarbeiter, die nicht am Wochenende arbeiten können oder wollen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Kinderbetreuung am Nachmittag aber vor allem nach 17 Uhr und auch am Samstag nicht vorhanden ist. Bedingt durch den hohen Frauenanteil ist eine flächendeckende Kinderbetreuung aber zwingend notwendig, dass Frauen in diesen Berufen ihre Arbeitszeit erhöhen können. Auch das ist ein Grund, warum es so viele Teilzeitkräfte in unserer Branche gibt. Weil anders Familie und Beruf nicht vereinbar ist.

Ich bin Friseurunternehmer und wie viele Handwerksbetriebe spüren auch wir den zunehmenden Fachkräftemangel. Der gesellschaftlich und politisch geförderte Work-Life-Balance Trend wird zunehmend zur Belastung für Dienstleistungsbranchen. Weniger arbeiten und mehr Geld wird auf Dauer nicht funktionieren. Die Konsumenten wollen am Freitag und Samstag zum Friseur, sonntags ins Gasthaus oder in die Bar, aber Personal will an den nachfragestärksten Zeiten nicht mehr arbeiten, sondern Freizeit genießen. Homeoffice und flexible Arbeitszeiten bringen hier auch keine Abhilfe, denn die Dienstleistung kann nicht online erbracht werden. Tatsache ist, dass die Konsumnachfrage und die Arbeitsbereitschaft der Mitarbeiter zunehmend auseinanderklaffen.

Leider schafft es Österreich nicht, eine Zuwanderung von arbeitswilligen Fachkräften zuzulassen. Aus populistischen Gründen wird arbeitswilligen Fachkräften der Zugang zum Arbeitsmarkt verwehrt. Niemand nimmt einem Arbeitslosen einen Job weg. Wir werden den Fachkräftemangel schon bald überall im Alltag spüren. Man muss nur nach Großbritannien blicken und man erkennt die Vorboten, von dem, was auch uns schon bald blüht. Fazit, fehlen die Fachkräfte wird das Angebot eingeschränkt und der Preis dafür weiter steigen. Wollen wir das wirklich?
 

Joe Weissbacher, Friseurunternehmer