Credit: Markus Wache | imSalon

01.03.2023

Helmut Maier: Wir müssen weg vom Schwarz-Weiß Denken

dm hat viel zu feiern: eine neue Kollektion, einen Farbumstieg und 1.300 Mitarbeiterinnen*Mitarbeiter. Helmut Maier erzählt wie dm den Herausforderungen der Branche begegnet und was er sich wünscht.

Helmut Maier im Gespräch mit Raphaela Kirschnick

Helmut, ihr startet diese Woche mit eurer neuen Kollektion. Um was geht es?
Helmut Maier:
Wir haben uns stark weiterentwickelt in unserer Bildsprache. Es geht sehr stark um Inspiration, sowohl von Mitarbeitern als auch Kunden. ‚Spüre die Kraft der Inspiration‘ ist der Untertitel und steht passend zu unserer Farbumstellung ganz im Zeichen von Farbe.

Und das wird nun gefeiert!
HM:
Der Wunsch unserer Mitarbeiter ist immer auch ein Event zur Kollektion zu haben. Wir zelebrieren unsere Kollektion und Farbumstellung in der Schwarzkopf Akademie, weil wir ab 2. März mit Schwarzkopf Professional Farben arbeiten. Die Location und der Rahmen sind dem Anlass würdig. Es sind 100 Menschen geladen, darunter Stylisten, Management und die Presse.

Es können nicht alle Mitarbeiter dabei sein?
HM:
Nein, aber die einzelnen Teams feiern in den Friseurstudios und sind via Livestream dabei. Begleitend gibt es eine interaktive Chatbetreuung. Da freue ich mich irrsinnig drauf.

dm ist 150 Friseurstudios, 1.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und davon rund 200 Lehrlinge.

Wie viele Friseurstudios und MitarbeiterInnen hat dm aktuell?
HM:
150 Friseurstudios, 1.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und davon rund 200 Lehrlinge.

Und alle färben ab 1.3. ausschließlich mit Schwarzkopf Farben?
HM:
Mit zwei Ausnahmen, Eos Pflanzenfarbe und Magma von Wella.

Was bewegt ein Unternehmen wie dm zur Farbumstellung?
HM:
Wir haben uns für einen Wechsel entschieden, nicht weil wir unzufrieden waren, sondern weil Veränderungen dazu geführt haben. Das war ein jahrelanger Prozess. Wir beobachten den Markt, testen immer wieder Produktneuheiten und reagieren auf Bedürfnisse von Kunden sowie Mitarbeitern, um am Puls der Zeit zu sein.

Wie viele Marken habt ihr getestet?
HM:
Einige, das war sehr interessant. Und es ist mir wichtig zu betonen, dass alle Marken auf hohem Niveau waren, es gibt ja keine schlechten Marken am professionellen Markt. Wir haben dafür einen Kriterienkatalog zusammengestellt und unseren Anspruch definiert.

"Man muss mit unserer Größe umgehen können."

Was waren wichtige Kriterien?
HM
: Man muss mit unserer Größe umgehen können. Das ist sehr wesentlich und das kann nicht jedes Unternehmen stemmen, egal, ob es um Lieferumfang oder Weiterbildung geht. Und natürlich zählen auch hohe Qualität, breites Portfolio, etc..

Wer war in den Entscheidungsprozess eingebunden?
HM:
Unsere Mitarbeiter haben ½ Jahr getestet. So etwas hat es bei dm noch nicht gegeben. Es gab unzählige Bewertungsbögen, woraufhin nur noch wenige übriggeblieben sind und am Ende die Wahl auf Schwarzkopf Professional fiel.

Bei 1.300 Mitarbeitern stelle ich mir eine Farbumstellung, einen echten Kraftakt vor. Wie habt ihr das organisiert?
HM:
Wir hatten die Wahl zwischen schrittweise oder auf einen Schlag. Wir haben uns für den „einmal und dann richtig“-Weg entschieden. An 8 Standorten schulen wir seit vergangenem Oktober in Seminaren alle Mitarbeiter. Das war eine große Herausforderung, aber wir haben es geschafft, alle Mitarbeiter sind auf die neue Farbe geschult.

Und was, wenn es im Alltag Probleme geben sollte?
HM:
Wir haben ein Powerprogramm aufgebaut. Parallel gibt es eine auf uns zugeschnittene E-Plattform mit integrierter Colorationsschule. Den ganzen März hindurch, und darüber hinaus, werden all unsere Trainerinnen und SKP Trainer regelmäßig in den Studios vor Ort sein. Es gibt eine Hotline für akute Fragen, die während unserer Öffnungszeiten besetzt ist und jeden Mittwoch gibt es in der Früh eine Sprechstunde. Ich bin überzeugt, wir sind sehr gut vorbereitet.

Was ist die häufigste Farbdienstleistung?
HM:
Weißabdeckung mit/und unterschiedlichste(n) Braunnuancen, gefolgt von Blond in allen Facetten, dann rot/violett/kupfer und flugs kommen wir zu den Kreativtönen.

Sprecht ihr mit Kunden über den Farbwechsel?  
HM:
Wir fokussieren auf die Kommunikation über die Kollektion, die auf allen Kanälen gespielt wird. Ich möchte auch gar nicht, dass der Kunde denkt, wir hätten vorher mit einer schlechten Farbe gefärbt, das war nicht der Fall.

"... im Januar eine Preiserhöhung von 9 %"

Gibt es bei euch Preisanpassungen?
HM:
Wir haben im Januar eine Preiserhöhung von 9 % gehabt.

Ist heuer noch eine weitere Preisanpassung geplant?
HM:
Aktuell ist es nicht geplant. Preise erhöhen wir nur, wenn es nicht mehr anders geht. Wir versuchen, Preiserhöhungen der Hersteller zusätzlich abzufedern und nicht alles weiterzugeben.

Wie geht die Branche deiner Meinung nach aus den schwierigen 3 Jahren hervor?
HM
: Also was mich freut, es geht bergauf. Es ist eine Leichtigkeit zurückgekehrt, man merkt einfach, dass Kundinnen das Handwerk und die Qualität unserer Dienstleistung wieder mehr zu schätzen gelernt haben.
Ich finde, die Branche ist zusammengerückt, man legt Karten offen auf den Tisch und versucht gemeinsam etwas zu erreichen.  Wir müssen anerkennen, dass wir alle unterschiedliche Positionierungen und Konzepte haben. Man kann nicht das eine über das andere stülpen. Ich glaube, das ist wichtig. Jeder hat seine Berechtigung und muss seine eigenen Entscheidungen treffen.

"Wir sehen uns als Ausbildungsbetrieb."

Gibt es Bestrebungen bei dm, euch neu zu positionieren, zu Spezialisierungen oder andere Konzepte zu fahren?
HM: Wir sind gerade mitten im Strategieprozess. Wir beanspruchen eine Qualitätsführerschaft und setzen ganz klar auf Qualität und das beste Preis-Leistungs-Verhältnis. Und was uns ganz wichtig ist: Wir sehen uns als Ausbildungsbetrieb. Und nehmen das sehr ernst, gerade in Zeiten wie diesen.
Aber wir beobachten den Markt und müssen immer wieder Entscheidungen treffen, ob etwas Neues für uns interessant ist.

"Ob das duale System noch zeitgemäß ist, das sollte man nicht schwarz-weiß sehen."

dm ist in Österreich einer der größten Friseur Ausbildungsbetriebe. Die Lehrlingssituation ist dramatisch, wo siehst du Potenzial für Veränderungen und welche Initiativen wünschst du dir?
HM:
Damit beschäftigen wir uns viel. Ob das duale System noch zeitgemäß ist, das sollte man nicht schwarz-weiß sehen. Es gibt nicht die eine Wahrheit, auch wenn viele diese für sich beanspruchen. Ich bin ein Freund des dualen Ausbildungssystems, Menschen können sich auf die errungene handwerkliche Qualifikation verlassen, das ist wichtig. Ob es 3 Jahre Lehrzeit braucht und inhaltlich noch up to date ist, gehört überdacht.

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Was wünschst du dir?
HM:
Ich würde mir wünschen, dass wieder mehr über die schönen Seiten des Handwerks berichtet wird und nicht immer alles nur auf den Lohn reduziert wird. Natürlich müssen wir darüber reden, vor allem wie wir Nachwuchs- und Mitarbeitermangel in den Griff bekommen. Es braucht ein wettbewerbsfähiges Gesamtpaket. Und, denkt man an Awards und unsere Events: kaum eine Branche feiert sich so wie wir.

Kampf um Lehrlinge und Übertrumpfen der Arbeitgeber. Wie reagiert ihr auf solche Entwicklungen?
HM:
Mir ist da einiges viel zu einseitig. Viele Arbeitgeber geben jetzt Samstag frei und tun so, als ob keiner mehr offene Salons am Samstag will. Das beobachten wir bei den dm Friseurstudios überhaupt nicht. Es gibt sehr wohl Kunden, die am Samstag kommen wollen oder an gar keinem anderen Tag können. Wir machen diesen aber auch attraktiver für unsere Mitarbeiter und arbeiten aktuell an einem Compensation-Paket mit Benefits für besondere Arbeitsverhältnisse. Wir bieten unseren Mitarbeitern unterschiedliche Arbeitszeitmodelle. Und natürlich auch eine 4 Tagewoche. Ob diese nun von Montag bis Donnerstag ist oder von Mittwoch bis Samstag, kann individuell in unseren Studios entschieden werden.

"Der Arbeitsmarkt bleibt schwierig, wir sollten aber alle realistisch bleiben."

Welche Entwicklungen im Markt findest Du bedenklich?
HM:
Es werden Mitarbeiter mit unrealistischen Gehaltsangeboten angesprochen. Und dann kommt die Realität und der Friseur hat das Kleingedruckte im Jobinserat übersehen. Da sind einige jetzt wieder zu uns zurückgekommen, weil es dann doch alles anders war als versprochen.  Das finde ich keine schöne Entwicklung. Wir zahlen übertariflich und bieten gute, realistische Provisionsmodelle an.
Der Arbeitsmarkt bleibt schwierig, wir sollten aber alle realistisch bleiben. Wir bei dm haben gute Ansätze und Lösungen und was wir jetzt nicht lösen können, daran arbeiten wir.

Helmut, vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei eurem Kraftakt Farbumstellung.