Credit: Zur Verfügung gestellt von Gert Bachmayr

10.08.2015

Gert Bachmayr lebt Demokratie in Linz

Bei Gert Bachmayrs Hnetz ist man ständig auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern und expandiert nun sogar mit einer eigenen Akademie - dahinter steckt aber nicht das Streben nach Ruhm und Geld. Was ihn antreibt und warum er sich selbst nur den "Hausmeister" nennt, das hat er uns im Interview erzählt...

Fakten

  • 3 Salons in Linz und Linz-Urfahr
  • Derzeit im Bau: Akademie mit täglichem Seminarbetrieb ab 2016
  • Familienbetrieb seit 1937
  • 40 Mitarbeiter, davon 13 Lehrlinge

imSalon: In deinen drei Salons steht Lehrlingsausbildung ganz oben. Du bildest sogar mehr aus, als du behalten kannst - wie kommt es dazu?
Gert Backmayr: Wir haben selbst einen sehr hohen Lehrlingsbedarf und ich denke, das in jungen Menschen viel Potential steckt. Lehrlinge zu behalten ist ausserdem immer eine schwierige Sache. Die Kunden verstehen nicht, warum ein fertiger Lehrling letzte Woche nur waschen durfte und heute selbst schneidet. Wir haben den Vorteil durch die mehreren Filialen, dass sie wechseln können, wenn sie fertig ausgebildet sind. 

imSalon: Du nennst deine Angestellten "Kollegen". Anderen Saloninhabern ist es wichtig "Chef" oder "Meister" genannt zu werden. Wie trägt dein Stil zum Arbeitsklima bei?
Immer wenn jemand fragt, wer ich sei, antworte ich nur, ich sei der Hausmeister. Ich stelle den Rahmen zur Verfügung. Mehr nicht. Ich habe keinen Grund mich hervorzutun, weil wir bei uns alles gemeinsam entscheiden. Einmal im Jahr haben wir eine große Besprechung, bei der wir über Öffnungszeiten, Urlaubssperren, Feiern, Ideen usw abstimmen. Wir haben auch unterm Jahr ein Ideenbuch, in das jeder reinschreiben kann - wenn es eine gute Idee ist, wird sie umgesetzt und obendrauf gibt's 50€ von mir.

"Ich habe nur die Basis geschaffen - seither ist es wie ein selbstreinigendes System"

imSalon: Gibt es auch Kollegen, die mit dieser Verantwortung nicht umgehen können?
Ich will da nicht als Chef eingreifen und Leute schikanieren. Ich brauche auch keine strengen Einteilungen machen. Ist jemand mit der Arbeit früher fertig, ist mir auch recht wenn er früher geht. Ich habe nur eine Basis geschaffen, in der man sich bewegen kann und seither ist das mehr so etwas wie ein selbstreinigendes System: Wenn jemand sich darin nicht wohlfühlt, wird er von selbst wie ein Wimmerl herauseitern. 

imSalon: Welche Fragen stellst du bei Vorstellungsgesprächen?
"Was hast du heute gefrühstückt?" (lacht) Nein, es ist mir nicht wichtig, bestimmte Fragen zu stellen - ich will nur herausfinden, was das für ein Mensch ist und seinen Charakter erforschen. Ich mache auch nur die Vorselektion. Danach kommen die Bewerber zu uns in den Salon und die Mädels entscheiden schließlich, ob es passt oder nicht. Da ist uns dann auch egal, ob jemand einen tollen Kundenstock mitbringt. 

imSalon: Gab es da auch mal schräge Erlebnisse?
Vor Jahren habe ich es mit einem Wordrap versucht. Da war eines der Stichworte "Extasy". Das erste, was einem Bewerber dazu einfiel war "voi geil!". 

imSalon: Euer nächster großer Schritt ist eine eigene Akademie für Visagistik, Make-up,...
Ja, wir haben uns überlegt, was wir besser können, als die Anderen - was können wir den Anderen beibringen. Unser Top-Bereich war immer Flechten, Hochstecken, Hochzeit und Visagistik. Schneiden und Färben machen alle, daher haben wir unseren Fokus auf Make-up. Ab 2016 werden wir in täglichem Betrieb Seminare für Friseure, Visagisten, aber auch Endverbraucher machen. Auch unsere Lehrlinge sollen einen Tag in der Woche nur in unserer Akademie verbringen und fokussiert lernen. 

imSalon: Woher kommt dieses ganze Engagement - was treibt dich an?
Die Qualität der Lehrlinge wird immer schlechter, weil der große Mittelteil fehlt und man sich um die wenigen wirklich guten streiten muss. Ich möchte mich als Lehrbetrieb damit auch aufwerten und als Profi-Ausbilder positionieren. 

imSalon: Neben der Akademie stylt ihr auch viel für den ORF, für Fotoshootings und habt über 100 Hochzeiten im Jahr. Sind die vielen Möglichkeiten ein Motivationsschub für Bewerber und Lehrlinge?
Ich glaube, die Bewerber wissen das gar nicht - ich habe da nicht so viel Aussenauftritt. Ich will meinen Mitarbeitern einfach viele neue Aufgaben geben, damit ihnen nicht langweilig wird. Der Hintergedanke an unseren neuen Projekten ist nie das Geld gewesen, sondern die Abwechslung für meine Mitarbeiter. 
Ich weiss noch, wie Marco Inmann und ich als junge Friseure mit dem Auto nach Bologna gefahren sind und über unsere Zukunft nachgedacht haben. Er wollte immer der berühmteste Friseur werden - ich wollte der sein, der am meisten verdient. Mittlerweile denke ich, gut verdienen ist wichtig.. aber nicht um jeden Preis. Natürlich muss alles kostendeckend funktionieren, aber darüber hinaus ist es mir egal, so lange meine Mitarbeiter Spass daran haben. 

imSalon: Dein Grossvater hat 1937 deinen jetzigen Betrieb gegründet. War es darum immer klar, dass du Friseur wirst?
Nein, gar nicht. Meine Eltern waren beide Friseure und meinten immer "Werd ja nie Friseur, mach was gscheits!". Meine Schwester und ich gingen also beide aufs Gymnasium und haben beide abgebrochen.. und sind Friseur geworden. Manchmal überlege ich, ob das nur ein perfider Plan unserer Eltern war, mit umgekehrter Psychologie zu arbeiten. Denn am Ende haben sie sich doch über unsere Wahl gefreut. 

imSalon: Wo sieht du die Branche in der Zukunft?
Ich wünschte, die Branche würde stolzer auf ihre Dienstleistungen sein und sich nicht diskriminieren lassen. Wir müssen kommunizieren, dass wir einen höheren Preis wert sind. Andererseits wird sich das wohl von selbst lösen, denn bei unserem Lehrlingsmangel wird es immer weniger wirklich gut ausgebildete Friseure geben. Dadurch werden die Preise automatisch steigen..

Das Interview führte Katriina Janhunen