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30.12.2011

Friseurschulbetreiber Lutz Leufen unter der Lupe

Seit Ende der 70er Jahre ist er im Geschäft, zunächst als Salonunternehmer in Deutschland, seit 1979 in Österreich. Er war insgesamt über 15 Jahre Trainer bei Wella und KPSS-Goldwell. Spätestens mit der Eröffnung seiner eigenen Friseurschule 1992 in Linz hat er sich im heimischen Ausbildungsbereich einen Namen gemacht.

Im Interview mit Katja Ottiger

Sie sind seit über 30 Jahren im Schulungsbereich tätig. Zuerst 9 Jahre für Wella, später 6 Jahre für KPSS-Goldwell und in der eigenen Schule, waren sozusagen Fachtrainer der „ersten Stunde“. Wie hat sich der Seminar- und Schulungsbereich in den letzten Jahren verändert?

  • Die fachlichen Voraussetzungen bei Unternehmern und Mitarbeitern haben sich verschlechtert.
  • Die „Großen“ Friseurunternehmen setzen auf Weiterbildung, die „Kleinen“ wollen nur kostenlose und geförderte Seminare. Wenn jemand fehlerhaft ausgebildet wurde, wird auch er, noch fehlerhafter ausbilden.
  • Die Eigenmotivation, speziell junger Mitarbeiter und derer Eltern, lässt immer mehr nach.
  • Die Industrie drückt uns immer neuere, bessere Produkte in die Betriebe, ist aber nicht in der Lage, die Vorteile Dieser ausreichend in den Vordergrund zu stellen. Auslobungen und Gebrauchsanweisungen sind großteils nicht- bzw. missverständlich, in leeren Phrasen ausgestellt. Das „Denglisch“ ist auch für Kunden nichtssagend, unsinnig und teilweise falsch.

"Das „Denglisch“ (auf Prdukten, Anm.) ist auch für Kunden nichtssagend, unsinnig und teilweise falsch."

  • Shows und Workshops haben sich nicht zu informativen Veranstaltungen entwickelt, sondern dienen Firmen, wie auch von Akteuren erwartet und verlangt, zur Selbstbeweihräucherung und nicht um brauchbare Infos zu vermitteln im Mode-, Anwendung- und Produkt-Bereich.
  • Da neben den Stylisten und Unternehmern schon Produkt - Unverständnis im Salonbetrieb herrscht, stehen die Berufsschullehrer vor einem Vakuum, unterrichten vorgeschriebenermaßen, nicht zeitgemäß und an den tatsächlichen Bedürfnissen vorbei.
  • Lehrer sollten für „ Ihre“ Schüler Trainer und Partner sein, der Frontalunterricht eingeschränkt und dafür in Gruppenarbeiten neue, zeitgemäße Ausbildung erreicht werden. Unsere jungen Mitarbeiter sollten nicht unterschätzt werden!
  • Die Ausbildungs- bzw. Unterrichtsformate sollten durch das BMU in Verbindung mit der Bundesinnung und der AK/Gewerkschaft runderneuert werden. Dabei sollte der „Klassenkampf“ beseitigt werden, zum Wohle aller Beteiligten.

Was ist Ihr Rezept, nach all den Jahren und diesen Eindrücken noch erfolgreich zu sein, nicht „einzustauben“ und innovativ zu bleiben?
Mitarbeiter, Mitbewerber, Kunden als Partner und Gleichgesinnte zu sehen und behandeln, interessiert sein an allen (vielen) Dingen und Infos unseres Berufes und des täglichen Lebens.

„Cut & Look“, nennt sich ein von Ihnen vor über 3 Jahrzehnten entwickeltes Schneidekonzept, dass auch heute noch erfolgreich vermittelt wird. Erzählen Sie uns davon!
LL: Am Anfang war die Werbeaussage: In 2 ½ Tagen vom Laien zum perfekten Haarschneider (wobei Haareschneiden nichts mit Kreativität zu tun hat, es ist Handwerk in Perfektion) – und es hat geklappt. Übung macht den Meister, wir geben die perfekten Linien vor (logisch und nachvollziehbar), an 7 (lebenden) Kundenmodellen pro Teilnehmer, in mittlerweise 2 Tagen, bei 4 Teilnehmern pro jeweils 1 Trainer. Und es funktioniert immer wieder!

"Niemand kann Andere motivieren, aber er kann Motive anbieten."


Sie haben auch immer wieder Vorträge zu den Themen Mitarbeiterführung und –Motivation gehalten. Was ist Ihr wichtigster Tipp im Umgang mit Mitarbeitern?
LL: Eine Wortspielerei: Niemand kann Andere motivieren, aber er kann Motive anbieten. Ich betrachte Mitarbeiter als Partner und Freunde, wer will schon mit Feinden und Gegnern zusammen sein.

Nach welchen Kriterien werten Sie die Bewerbungsunterlagen für Mitarbeiter und Partner aus?
LL: Ich habe einen (großen) Bauch! Info bringt viel, ist aber nicht alles.

Ihre wichtigsten Fragen im Bewerbungsgespräch?
LL: Liegen ich, das Team und die Bewerber auf einer ideologischen Ebene?

Welche Entwicklungs- / Aufstiegsmöglichkeiten bieten Sie Ihnen?
LL: Partner zu sein, Lernender und Trainer zu werden, viel Neues einzubringen, Loyalität und Menschlichkeit in einem sozialen Umfeld kennenzulernen, fachliche Perspektiven, Wege zur Selbstständigkeit.

Weiterentwicklung liegt Ihnen besonders am Herzen. Beispielsweise wurde eines Ihrer Projekte zur Unterstützung sozial benachteiligter und bildungsschwächerer Menschen 1998 mit der beachtlichen Summe von 1,5 Mio. Schilling vom Land gefördert. Was war der Grundgedanke hinter diesem Projekt?
LL: Ich wollte „Anderen“ und mir beweisen, dass mit einem guten Konzept und einem perfekten Trainingsprogramm, Ausbildung für alle, in weniger als 3 Jahren, mit Auszubildenden aus unterschiedlichen Bildungs- und Sozialstrukturen möglich ist. Es ist bewiesen worden! – der Erfolg hat die Förderer aber im nach hinein nicht interessiert!

"Ich würde aus Lehrern und Ausbildern Trainer bzw., Coaches machen."



Was würden Sie am derzeitigen Ausbildungssystem in Österreich gern verändern?
LL: Ich würde wie beschrieben, aus Lehrern und Ausbildern Trainer bzw., Coaches machen. Partner, die miteinander vieles bewegen wie WK, AK, BMU und Unternehmen. Dabei spielt das entsprechende Trainings- und Ausbildungsprogramm die wichtigste Rolle. Dieses muss für alle gleich (verständlich) sein!

Wie könnten das Interesse und die Begeisterung für den Friseurberuf in den heimischen Schulen und Gymnasien geschürt werden?
LL: Erfolgreiche und kommunikativ geschulte Friseurtrainer sollten in die Klassen gehen bzw. in der Berufsschule mit den Interessenten sprechen und sie über den Friseur aufklären.

Sie sind gebürtiger Deutscher. Was hat Sie hierher verschlagen und was mögen Sie an Österreich besonders gern?
1. Ich habe einmal in meinem Leben Glück gehabt, meine Frau hat mich kennengelernt, g`fangt, g´fressen und g`heirat! 
2. Essen, Trinken, Großzügigkeit - A bisserl was geht immer!

Wünsche an die Branche?
LL: Verbesserung des Ausbildungsniveaus – der Fisch beginnt beim Kopf zu stinken!

Worauf sind Sie rückblickend stolz, was empfinden Sie als Auszeichnung?

  • viele Menschen zu kennen, die sagen: „warum nicht“ und nicht: „ja, aber“
  • dass mich viele Friseure kennen, achten, kritisieren, Seminare bei uns buchen und mich um Aussagen zu Friseurthemen bitten
  • dass mich Marketingmitarbeiter kritisch betrachten, meiden und/oder negieren
  • Win Win - Situationen für Friseurunternehmer, Kunden, Mitarbeiter und mich geschaffen zu haben
     

Über Lutz Leufen

  • 1 Friseurschule "Lutz Leufen friseurtraining" | 1 Salon 
  • 7 Mitarbeiter | 2 Lehrlinge
  • Innovationen in den Bereichen Schneidetechnik, Seminaraufbau, Föhnsystem
  • Entwicklung der Glanztönung, Mutter aller heutigen „Tönungen“,
  • Angebot multiplizierbarer Schulungsmöglichkeiten für andere Unternehmen (Produktbereich, Trainingssysteme, Franchise im Schulbereich)
  • „AGM“ das Innovativste seit Erfindung der Dauerwelle – VOLUMEN FÜLLE GLANZ