20.10.2015

Vom Mechaniker zum Furore-Friseur: Flamur Sopjani

Der Innsbrucker Flamur Sopjani hat heuer mit seiner Austrian Hairdressing Award - Disqualifikation für Aufsehen gesorgt und hat mit uns über Männerberufe, Einheitspreise und Gendergrenzen geredet.

Fakten

geboren 1991 in Innsbruck

Lehrzeit bei Greta Kahn

seit 2012 wieder bei Greta Kahn

10 Mitarbeiter

7 Lehrlinge

zweiter Greta Kahn Salon ab November 2015



imSalon: Du bist jetzt schon seit einigen Jahren bei Greta Kahn. Davor warst du aber Mechaniker. Wie kommt das?
Flamur Sopjani: Ich war damals 17 und Mechaniker zu sein war mir viel zu wenig kreativ. Darum habe ich mich umgesehen und auch in einem Friseursalon geschnuppert. Dort habe ich sofort gemerkt: Das ist genau meines!

imSalon: Von der Werkstatt in den Salon - war das ein bisschen ein Kulturschock?
Es war sehr befreiend, weil die Leute in der Werkstatt schon sehr plump waren. Auch, wie die Leute dort miteinander umgehen, das war schon unangenehm. Beim Friseur taugt mir das einfach mehr.
 

"Am Anfang dachten alle, ich mach nur Scherze"



imSalon: Wie hat dein Umfeld reagiert?
Meine Familie war positiv überrascht. Am Anfang dachten alle, ich mach nur Scherze, aber als sie gemerkt haben, dass ich es ernst meine, standen sie voll hinter mir. Was meine damaligen Kollegen dachten, weiss ich nicht. Ich hab sie nicht mehr gesehen.

imSalon: Was rätst du jemandem, der von einem typischen Männerberuf in einen typischen Frauenberuf wechseln will?
Auf jeden Fall, sich einfach zu trauen! Man sollte sich den Job vorher mal ansehen und einen Salon suchen, in dem man auch wirklich was lernen kann. Das ist verdammt wichtig in diesem Job, dass man im richtigen Salon landet.

imSalon: Deine Kollektion zum Austrian Hairdressing Award 2015 wurde disqualifiziert. Du hattest in der Kategorie Männer eine Frau im Bild. Was ist die Geschichte dahinter?
Ich wollte eine Kollektion zum Thema Toleranz machen, weil heutzutage sich immer noch viele schwer tun, sich zu outen. Jeder soll sein können wie er ist. Meine Freundin war da die Inspiration - sie sieht sehr männlich aus und war in der Kollektion das Modell. Dass die Kollektion disqualifiziert wurde, hat mich aber schon schockiert. Ich dachte, in Wien ist man da weiter.

imSalon: Hast du die Regel nicht gekannt oder war das Absicht?
Doch, das war schon Absicht, ich kannte auch die Regeln, aber ich dachte, es wird schon gehen und die werden schon nicht so streng sein. Ich wollte damit auch die Regeln hinterfragen, weil Gendergrenzen heutzutage doch kein Thema mehr sein sollten. Die Disqualifikation sehe ich nicht als Niederlage und beim nächsten Mal bin ich auf jeden Fall wieder dabei. Ich möchte was Extravagantes machen und probieren herauszustechen.
 

"Ich liebe dieses grafische, millimetergenaue Arbeiten"



imSalon: Apropos Zukunft - was sind deine Pläne?
Greta Kahn eröffnet bald einen zweiten Salon, direkt neben dem jetzigen. Darin werden wir auch drei abgetrennte Barberplätze haben. Das Barbering möchte ich mir auf jeden Fall mal ansehen. Ich habe jetzt schon gut 70% Herrenkunden und ich liebe diese ganz grafischen, genauen Sachen. Dieses millimetergenaue Arbeiten, bei dem man alles sieht. Vielleicht spezialisier ich mich auch richtig aufs Barbering. In Innsbruck gibt es nicht so viele, die sich darauf spezialisiert haben. Ich denke auch, dass das Barbering nicht nur ein Trend ist, sondern bleiben wird.

imSalon: Was wird es im neuen Salon geben?
Wir werden im Preis keinen Unterschied mehr zwischen Männern und Frauen machen, sondern alles nach Zeit abrechnen. Wenn jemand nur schnell in zehn Minuten nachgeschnitten wird, zahlt er auch nur zehn Euro. Wir stellen eine alte Schultafel auf und da kann jeder seinen Namen draufschreiben und wieder gehen - wie Nummern ziehen. Also wie ein echter Barbershop - schnell kommen und schnell gehen. Zu gemütlich mit Sofas wird es auch nicht eingerichtet sein und wir haben keine Farbe und keine Produkte.
 

"Den Kunden taugt unser Fotostudio total"



imSalon: Ihr habt über eurem Salon ein eigenes Fotostudio, das ihr nutzen könnt...
Ja, da fotografieren wir auch oft Kunden nach dem Styling. Die sind extrem fasziniert davon, denen taugts total. Die Kunden freuen sich, weil sie was ausprobieren durften und auch die Fotos mit heimkriegen. Das Studio ist auch super für uns - wir alle im Team lieben unseren Beruf, sind kreativ und können da auch privat viel probieren und rausholen.

imSalon: Hilft das, groß rauszukommen?
Sicher. Was mir aber am meisten taugen würde, wäre Bühnenarbeit. Da würde ich mich echt gerne drauf spezialisieren und groß rauskommen. In Innsbruck ist das aber alles sehr klein und die Leute sind teilweise noch so konservativ. Vielleicht muss man weg von hier.

Das Interview führte Katriina Janhunen