Credit: Zur Verfügung gestellt von Denise Bredtmann

12.03.2021

Denise Bredtmann: einige Lehrlinge haben bereits ihre eigenen AssistentInnen

Abgrenzung, Loslassen und Frauenquatsch, dramafreies Führen und Beauty-Assistenten für die Lehrlinge. Denise Bredtmann sieht die Welt immer klarer und setzt dabei auf Zuhören und ihren neuentdeckten männlichen Teil.  

Denise du warst diese Woche bei unserem ersten Clubhouse Talk zum Weltfrauentag mit dabei. Wie fandest du’s?
Denise Bredtmann: Ich fand’s ganz toll! Eigentlich bin ich ja nicht so auditiv veranlagt, aber die Unterschiedlichkeit der anwesenden tollen Frauen finde ich sehr inspirierend.

Das Frauenthema ist auch in unserer Branche ein Großes, wie siehst du das?
DB: Männer können sich schlichtweg gut abgrenzen, vor allem Hetero Männer. In der Regel wollen die alle irgendwann hinterm Stuhl weg und streben oft all die Positionen wie Bühne, Innung oder Verbandsarbeit an.

Und die Frauen? 
DB: Frauen sind in das Netz der Verpflichtungen eingebunden. Da können Männer einfach viel schneller weg.

Was meinst du konkret mit Abgrenzung?
DB: Naja, Männer haben viele dieser Themen nicht. Wenn ein Mann etwas anderes machen möchte, macht er das einfach. Männer haben diese Selbstverständlichkeit „Nein!“ zu sagen und das haben Frauen leider nicht. Frag doch mal Topmänner, wie viel sie hinterm Stuhl stehen und dann frag die gleiche Frage eine Frau.

Das ist eine spannende Frage.  Adhoc würde ich auch sagen, dass das eher Frauen sind. Du stehst nicht mehr so oft hinterm Stuhl? 
DB: Korrekt, ich habe oft versucht das zu reduzieren. Ich finde das ja schön, du bekommst wahnsinnig viel zurück, wenn du am Kunden arbeitest, aber ich musste und muss es in Zukunft reduzieren, um Zeit für viele andere wichtige Aufgaben zu haben und auch effiziente und liebevolle Gespräche führen zu können.

Denise du bist erfolgreiche Salonunternehmerin, Trainerin, stehst auf der Bühne und hast als Produkterfinderin den gryvvel etabliert… Wie grenzt du dich ab?
DB: Ich bin sehr spirituell und praktiziere nun seit einigen Jahren den japanischen Buddhismus und seit einem Jahr schamanische Heilarbeit und lasse mich mit „Psychodrama“ professionell coachen.Ich habe die Corona Zeit genutzt, um männliche Teile in mir zu aktivieren und quasi den Turbolader eingeladen.

Wieso männliche Teile in dir? Was ist dabei dein Ziel? 
DB: Mein Ziel war schon immer weise zu sterben! Das habe ich mir schon als Jugendliche vorgenommen und bin noch immer meilenweit davon entfernt. Aber ein Diamant entsteht durch Druck und Dunkelheit und das war die Corona Zeit für mich.

Wie hast du als Mutter die vergangenen 20 Jahre erlebt? War es einfach für dich, dich zu behaupten? 
DB: Das Gute war, Michael und ich haben uns in der Kindererziehung abgewechselt. Ich finde es ja enorm wichtig, dass Kinder „Mutter- und auch Vatersaft“ trinken. Mein Mann war eine wichtige Unterstützung und für unsere Tochter Charleen war das toll (hoffe ich;-))So konnte sie viele männliche als auch weibliche Anteile in sich vereinen.

Wie siehst du das Thema in der nächsten Generation?
DB: Die nächste Generation ist viel, viel selbstbewusster. Das ist im gemischten Team eine große Führungsaufgabe. Ich muss auch die „Älteren“ an diese Denkweise heranführen und das mit den Jüngeren vereinen.

Was ist das Besondere an der jungen Generation?
DB: Die Insta-Generation nimmt sich Zeit. Sie freut sich, wenn sie 300€ für eine Balayage nehmen kann und postet das wie wild. Die Lehrlinge können heutzutage schon unglaubliche Umsätze schreiben und sind da stolz drauf.

„… einige Lehrlinge haben bereits ihre eigenen AssistentInnen“

Das heißt ihr setzt eure Lehrlinge richtig für Farben ein? 
DB: Ja und einige Lehrlinge haben ab jetzt ihre eigenen AssistentInnen. Wir haben dafür jetzt ungelernte Beauty-AssistentInnen eingestellt, die den Lehrlingen assistieren.So können sich auch die Lehrlinge besser vermarkten und die schreiben bei uns schon richtig ordentlich Umsatz.

Wie kommt das im Rest des Teams an?
DB: Da prallen gerade Welten aufeinander. Meine Arbeit ist jetzt das Team in Einklang zu bringen. Dramafreies Führen ist für mich das Schlüsselwort!

Dieses Arbeiten ist für die jungen Leute dann auch lebenserfüllend?
DB: Nein, der Freizeitwert ist enorm hoch geworden. Die Lehrlinge fordern Planbarkeit für ihre Freizeit, das gibt ihnen Sicherheit. Dazu benötigt man Regeln, denn meine MitarbeiterInnen sollen nach dem Arbeiten ja noch Kraft haben. Wir haben jetzt, dank Corona, ein 6 ½ Stunden Tagesarbeitsmodell und Schichten eingeführt, so können wir die MitarbeiterInnen gut einteilen. Da hat Corona vieles positiv beeinflusst. Für mich als Chefin bedeutet das viel Klarheit in Planung und Umsetzung zu haben.

„…Likes im analogen Leben zu erhalten“

Wie kommunizierst du diese Klarheit?
DB: Ich nehme mir aktuell viel Zeit für Gespräche, um die Likes im analogen Leben zu erhalten.Das möchte ich fest installieren.

Viele „ältere Chefs“ erwarten, dass Lehrlinge so sind, wie sie selbst früher waren… Wie änderst du dich als Chefin?
DB: Naja, da kontere ich mit einer ganz blöden Metapher: ‚Der Köder muss dem Fisch schmecken‘. So blöd, wie die Aussage auch sein mag, es passt. Letztendlich, wenn ich gute Lehrlinge haben möchte, muss ich schauen, was ich für diese tun muss. Und das erlange ich persönlich durch Zuhören.

Zuhören ist eine weibliche Stärke? 
DB: Ja! Das ist sicher eine weibliche Stärke. Und wenn man gut zuhört, kann man auch viel schneller reagieren.

„Das Geheimnis des Erfolgs: Es muss passen, auch wenn ich nicht da bin.“

Und wie schaffst du es, dir jetzt trotzdem den Rücken freizuhalten?
DB: Das Geheimnis des Erfolgs: Es muss passen, auch wenn ich nicht da bin. Darauf muss ich mich verlassen können. Für mich ist da mein Mann Michael ein großes Vorbild, wie man sich abgrenzen kann. Weißt du, Frauen sind im Jetzt und Männer antizipieren und bereiten sich vor, so wie im Krieg.

Jetzt kommt das martialische? 
DB: Ja, wir müssen lernen besser zu kämpfen oder auch anders zu kämpfen. Ich finde, Metaphern sagen viel über einen aus. Vor zehn Jahren fand ich Kriegsmetaphern furchtbar, obwohl mein Mann einige von ihnen verwendet hat. Jetzt finde ich sie aber passend. Und da betone ich, was ich vorhin gesagt habe: Frauen glauben fest daran, sie könnten nicht vom Stuhl weg. Aber das ist Quatsch!

Denise, wie bist du durch die Corona Zeit gekommen?
DB: Ui, das war natürlich schwierig, aber die Corona Zeit war insoweit klasse, dass wir unglaublich viel Zeit mit unseren Lehrlingen verbringen konnten und viel innovatives aufgebaut haben. Zum Beispiel erstellten wir einen gemeinsamen TikTok-Kanal „HAARZUBIS“. Wir lernen da wahnsinnig viel von unseren Lehrlingen, aber sie kriegen eben auch viel von uns zurück.

Wie lief die Ausbildung im Lockdown?
DB: In der Corona Zeit haben wir von mittwochs bis samstags an Trainingsköpfen trainiert, trainiert, trainiert und das hat den Lehrlingen gutgetan. Aber im ersten Lehrjahr? Halleluja, das ist schon echt schwierig. Jetzt wo die Geschäfte offen haben, sind unsere obersten Prioritäten: Arbeiten, Umsatz generieren und uns alle unterstützen. Da bleibt die Ausbildungspflicht auf der Strecke. Im Lockdown konnten wir das nachholen. Das war auch notwendig, richtig und wichtig, aber es ist ein Kraftakt.

Denise, Du bist wie immer sehr inspirieren, vielen Dank und ich freu mich auf mehr von dir!

 

Wer ist Denise Bredtmann

Friseurunternehmerin aus Wuppertal mit 2 Salons

East Side (8 MitarbeiterInnen)

West Side (20 MitarbeiterInnen)