20.05.2016

Daniel Doujak will weg von "friseurig"

Der junge Friseur-Späteinsteiger Daniel Doujak bringt Branchen-Klischees auf den Punkt: Konservative Innungsarbeit, Akkordarbeit im Halbstundentakt, schlechtes Image und Lehrlingsausbeutung,...

Fakten

Friseur seit 2010

Salon in Wien seit 2014

Mitarbeiter: 4

Styling für ATV/Puls4, Austrias Next Topmodel, Vienna Fashion Week, Sängerin Bella Wagner, Designerin Sabine Karner,...



imSalon: Du bist gerade 27 geworden und hast schon deinen eigenen Salon. War Friseur immer dein Traum?
Daniel Doujak: Meine Mama ist Friseurin, also bin ich schon ein bisserl damit aufgewachsen. Es war aber nie wirklich eine Option, wegen der Arbeitszeiten und auch, weil man nix verdient. Meine Mama meinte damals: „Mach was Gscheiteres“. Mit 14 ist man eigentlich viel zu jung, um zu entscheiden, was man das ganze Leben lang machen soll.
So war ich in einer Privatschule und hab Sozialmanagement mit Krankenpflege gelernt – mein Einstieg war ein Praktikum auf der Kinderonkologie und da wusste ich, dass ich zu sensibel dafür bin. Im Nachhinein finde ich es aber wichtig, dass ich das gemacht habe, weil die Friseur- und Modebranche ja doch extrem oberflächlich sein kann. Wenn man etwas Anderes gesehen hat, weiss man alles Andere mehr zu schätzen.

imSalon: Wie waren die Reaktionen, als du dich dann für eine Friseurlehre entschieden hast?
Meine Mama war im ersten Moment schockiert. Sie hat mich immer gefördert, auch finanziell, und ich denke, sie war ein bisserl enttäuscht. Natürlich wollte sie mich immer beschützen und irgendwann sollte man ja mal etwas haben. Ich war 18 und hatte eigentlich nix.
Ein paar Freunde haben große Augen gemacht, als sie gehört haben, dass ich Friseur werde. So nach dem Motto „Aha, na wennst meinst“. Es war sicherlich nicht positiv belastet. Sogar als ich mich für die Berufsschule in Wien angemeldet habe, haben sie mich, mit meinen guten Zeugnissen, angeschaut, als wüssten sie nicht, was ich da will.

imSalon: Wie hast du deinen Einstieg in die Branche erlebt?
Das war mitunter der Grund, warum ich mich selbstständig gemacht habe. Die meisten Salons haben für mich arbeitstechnisch überhaupt nicht gepasst. Ich wollte immer Zeit haben für die Leute und auch mal lässigere Sachen machen können. Wie man sich das eben vorstellt, bevor man anfängt. Es war dann ganz anders: Überall Halbstundentakt, die Lehrlinge machen die Strähnen, 26 Kunden am Tag. Da habe ich gesagt: "Nein, das taugt mir doch nicht". Wenn ich nicht die Möglichkeit gehabt hätte, mich selbstständig zu machen, hätte ich mit dem Beruf aufgehört.
Egal wie die Salons sich nach außen hin zeigen, ist es innen doch immer das Gleiche: Du arbeitest wie eine Maschine. Das ist echt schade, weil es ist ein cooler Beruf und es ist definitiv viel Geld in der Branche, die Leute sind auch bereit zu zahlen.
 

"Das Friseur-Klischee kommt nicht von ungefähr"



imSalon: Wie siehst du das Image der Branche?
Wenn ich eingeladen bin, kommt natürlich immer die Frage nach dem Beruf. Es war immer extrem schwierig für mich zu sagen, dass ich Friseur bin. Friseur-Sein ist so negativ behaftet – entweder man ist eine Klischee-Tunte oder ein bisschen ungebildet. Damit ist der Beruf behaftet und das finde ich echt schade. Mittlerweile ist es zwar besser geworden, aber viele stellen sich den Beruf anders vor: Du, den ganzen Tag, inmitten von Trockenhauben auf 20m2.
Ich bin ja viel in London und dort ist es ganz anders. Schau bei uns doch mal auf Friseur-Messen, da war ich einmal und nie wieder. Dieses typische „Friseur-Bild“: Feuerrot gefärbte Haare und vorne einen schwarz eingefärbten Zopf, angeklebte Wimpern und Gelnägel. Das Klischee kommt halt nicht von ungefähr.

imSalon: Wie siehst du bei den ganzen Klischees die Friseur-Innung - kann die da etwas verändern?
In der Ausbildung, der Berufsschule und auch bei den Prüfungen gehört viel überarbeitet. Die Leute von der Innung finde ich sehr unmodern. Wenn ich mir ansehe, was sie für Salons haben und mir dann überlege, dass sie befugt sind, Prüfungen abzunehmen. Ich bin bei der Meisterprüfung zweimal durchgefallen, weil es ihnen zu modern war, was ich gemacht habe. Wenn es nicht ihr Stil ist, lassen sie dich durchfallen - das ist aber nicht, was sie zu bewerten haben, das ist Geschmacksache. Mir gefällt auch nicht alles, aber man sieht eine Technik dahinter.
Das ist so konservativ, was schade ist, weil wir so einen modernen Beruf haben. Die Karin (Anm. Dopplinger, Innungsmeisterin Wien) macht das eh super, aber es ist ja nicht nur sie. Es ist ein ganzer Rattenschwanz an Menschen, die einem auch nicht weiterhelfen, wenn man als Unternehmer Fragen hat.
 

"Lehrlinge werden oft nur als Hilfskräfte ausgenutzt"



imSalon: Was könnte man machen, damit schon Lehrlinge moderner ausgebildet werden?
Lehrlinge werden oft nur als billige Hilfskräfte verwendet - da muss man echt dahinter sein, dass man dagegen vorgeht. Bei mir selbst war das auch so: Wenn ich mich nicht selbst um meine Weiterbildung gekümmert hätte, hätte ich im Betrieb nichts gelernt, außer Waschen und Strähnen. Es gibt auch überhaupt keine Förderungen. Du kriegst eh kaum Geld und musst dir dann auch noch alles selbst zahlen. Das kann die Innung wohl reformieren. Wenn es eine bessere Ausbildung gäbe, würden auch bessere Kräfte nachkommen.

imSalon: Kommen wir zurück zu deiner Meisterprüfung. Du warst fertig und hast dann mit Stuhlmiete begonnen.
Ich war 23, ohne finanzielle Mittel, und wollte nicht nur ein kleines Geschäft. Sesselmiete bot mir eine Möglichkeit der Selbstständigkeit. Man geht damit kein allzugroßes Risiko ein, denn sollte es nicht klappen, melde ich das Gewerbe wieder ab und fange an zu arbeiten. Ich konnte ja nicht damit rechnen, dass es so gut klappen würde und hatte immer das eigene Geschäft im Hinterkopf. Stuhlmiete war für mich immer nur eine Zwischenstation. Wenn man kreativ ist, will man ja doch etwas Eigenes machen und bei Stuhlmiete ist man immer an ein Konzept gebunden.
 

"Ich wollte, dass die Leute vorbeigehen und nicht erkennen, dass es ein Friseursalon ist"



imSalon: Jetzt hast du schon seit bald 2 Jahren deinen eigenen Salon und er ist richtig schön...
Ich habe über Jahre getüftelt, wie es aussehen soll, hatte die Einrichtung im Kopf und habe den Raum dazu gesucht. Das war gar nicht so easy.
Während meiner Lehrzeit habe ich viel mit Freunden zuhause trainiert. Das war lustig, denn alle meinten dann: „Im Geschäft ist es cool, aber zuhaus ist's immer so gemütlich“. So kam ich auf die Idee, den Salon wie eine Wohnung einzurichten. Das ist gut aufgegangen, ich kriege tolles Feedback. Für mich ganz wichtig, wenn jemand vorbeigeht und hineinschaut, soll nicht erkennbar sein, dass es ein Friseur ist. Nach wie vor fragen Leute, was das hier sei. Damit beindruckt man Kunden, weil man sie überrascht.

imSalon: Was ist das Schwierigste am ersten eigenen Salon?
Mitarbeiter! (lacht) Das ist ein ganz schwieriges Thema. Alles andere war nie ein Problem, ob Finanzierung, Umbau, Anmeldungen, auch Kunden. Das kostet alles nicht so viel Energie, aber gute Mitarbeiter zu finden ist eine echte Challenge. Und das, obwohl es mir immer extrem wichtig war, dass meine Mitarbeiter angenehme Arbeitszeiten haben und wirklich gutes Geld verdienen. Den Umgang mit Mitarbeitern, das lernst du nirgendwo, da war ich echt ein Nackerpatzerl. Es war ein Lernprozess, dass man auch leicht einfährt, wenn man zu nett ist.

imSalon: Und das Schönste?
Dass mir keiner vorschreibt, wie ich arbeiten soll und in welcher Zeit. Das ist für meine Kreativität das Wichtigste. Ich kann auch sein wie ich will, ich muss mich nicht an einen Style oder einen Dresscode anpassen. Ich kann meine Kunden betreuen, wie ich das für richtig halte. Das ist das Lockere an unserem Beruf: Jeder ist ein Typ, und kann das mit seinem Auftritt unterstreichen.
 

"Jeder ist ein bisserl seines Glückes Schmied und hat selbst in der Hand was er daraus macht"



imSalon: Du machst ja auch Kollektionen für Designer, stylst Moderatoren, Musikvideos und Fernsehshows wie chinesisches Reality-TV. Wie kommt man so jung zu so einem Netzwerk?
Manchmal muss man einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, um die richten Leute kennenzulernen. Mein Vorteil war, dass ich außerhalb vom Beruf viele freiwillige Sachen gemacht hab. Auch Sonntags und oft welche, die nicht bezahlt waren. So kam ich zu Austrias Next Topmodel und zur Fashion Week und wenn man das öfter macht, lernt man die Designer und die Presse kennen. In unserem Beruf trifft man viele unterschiedliche Leute, man muss nur ein bisschen Netzwerken können, dann rutscht man da schon rein. Wenn die Designer dann größer werden und mehr Geld haben, erinnern sie sich natürlich an dich und kommen wieder auf dich zu. Jeder ist ein bisserl seines Glückes Schmied und hat selbst in der Hand, was er daraus macht.
 

"Als Friseurkette kannst du nicht schnell genug auf Trends reagieren - und viele interessiert es auch gar nicht"



imSalon: Du schreibst in Frauenzeitschriften zu Frisurentrends. Wo informierst du dich selbst?
Früher war ich oft im Ausland, gerade in London, wo viele Kulturen zusammenkommen, aber mittlerweile läuft so viel über Social Media Kanäle. Vor ein paar Jahren hatte man nicht alles am Smartphone, aber jetzt z.B. mit Instagram sehe ich sofort, was die in L.A. machen und setze das bei mir um. Das ist mein Vorteil als kreativer, kleiner Salon, denn bei großen Friseur-Ketten kannst du nicht schnell genug reagieren. Du kannst nicht hunderte Mitarbeiter in kurzer Zeit umschulen und viele interessiert das auch gar nicht. Die machen es so, wie sie es immer machen.
 

"... das Lebensgefühl in London, wo Friseur nicht "friseurig" ist..."



imSalon: Welche Marke passt zu dir?
Ich habe TIGI bei mir im Salon. Mir haben die Stylingprodukte voll getaugt und TIGI ist das, was man sich unter einer Friseurmarke gar nicht vorstellt. Sei es die Farbe, die Optik, der Geruch, das ist sehr untypisch. Ich wollte genau das, ich wollte nichts Friseurtypisches. Auch in der Weiterbildung gefällt mir dieser Brit-Style, den sie mitbringen und dieses Lebensgefühl in London, wo Friseur nicht "friseurig" ist. Es kommt viel Image mit, das sich überall durchzieht und mit das Allerwichtigste ist.
TIGI deckt bei mir leider nicht alles ab, weil viele meiner Kunden auf Nachhaltigkeit wert legen und sich mit Inhaltsstoffen sehr gut auskennen. Man muss natürlich nicht auf den Biotrend aufspringen, aber die Nachfrage war sehr gross. Es war eine schwierige Suche, weil viel Schindluder getrieben wird - mit Bio und Fairtrade sollte man sich wirklich intensiv beschäftigen. Jetzt haben wir OOLABOO: Naturkosmetik und sehr exklusiv.
 

"Wenn ein Mann eine Pagenlänge hat und eine Frau auch - warum soll er weniger zahlen als sie?"



imSalon: In deinem Salon gibt es Unisex-Preise. Das ist auch ungewöhnlich..
Wir arbeiten generell aufwandsabhängig, denn oft ist ein kurzer Schnitt viel aufwändiger zu schneiden als Spitzenschneiden bei langen Haaren. Laut Gesetz darf ich zwischen Mann und Frau auch gar nicht differenzieren. Das finde ich absolut gerechtfertigt, denn wenn ein Mann eine Pagenlänge hat und eine Frau auch – warum soll er weniger zahlen als sie?

imSalon: Du hast noch viele Jahre in der Branche vor dir - was sind deine Pläne?
Unser Konzept kommt gut an und wir sind auf Wochen hinaus ausgebucht. Ich möchte hier aber nicht mehr Mitarbeiter und Kunden, denn dann wird es ungemütlich. Daher ist mein 5-Jahres-Plan auf jeden Fall ein zweites Geschäft.

Das Interview führte Katriina Janhunen