01.10.2015
Christoph Schobel steht gern in der zweiten Reihe
Läuft es im Westen besser? Wenn ja, warum? Ist das Innungs-Image dort frischer oder wirkt es nur so? Ein Gespräch mit Christoph Schobel, stellvertretender Innungsmeister in Vorarlberg.
Er steht auf seinen Job. Er bildet Lehrlinge aus. Er brennt für die Branche und interessiert sich für alles, was sich in dieser abspielt. Und trotzdem – oder gerade deshalb - ist er seit beinahe 20 Jahren in der Innung tätig, in zweiter Reihe versteht sich. Immer mit einem Lächeln im Gesicht und innere Ruhe ausstrahlend. Er hat Ideen, er hat Meinungen, er handelt.
Fakten
Lehre bei Edmund Herburger
seit 1999 Friseurunternehmer
1 Salon HAARSCHARF – hair.style in Höchst
6 Mitarbeiter | 2 Lehrlinge | 88 m2 | 12 Schneideplätze
Jugendtrainer des Wirtschaftsförderungsinstitutes in Dornbirn, Modebeirat der Friseurinnung
1996 Aufnahme Innungsausschuss der Vorarlberger Friseurinnung
Vorsitzender Gesellenprüfung | Beisitzer Meisterprüfungskommission
seit 2010 Innungsmeisterstellvertreter der Vorarlberger Friseure
imSalon: Du machst deinen Job mit Begeisterung und Engagement. Wolltest du immer Friseur werden?
Witzigerweise meinte meine Volkschullehrerin einmal zu mir, sie findet es super, dass ich Friseur geworden bin, weil ich schon in der ersten Klasse zu ihr gesagt hätte: Ich möchte einen tollen Job, bei dem ich kreativ arbeiten kann und immer Leute um mich herum habe.
Aber als es soweit war, war ich nicht sicher, ich habe mir verschiedenes angeschaut, aber es hat mich nichts angesprochen. Als Mädchen hätte ich es sofort gewusst: entweder in einem Plattenladen verkaufen – Musik ist mir immer sehr wichtig gewesen - oder Friseurin werden. Aber ich fragte mich, was mein Vater davon halten würde.
„Ein glücklicher Friseur mehr verdient, als ein unglücklicher Arbeiter!“
imSalon: Oh. Wäre das nicht „männlich“ genug gewesen, du hast ja auch drei Brüder?
Vielleicht glaubte ich das. Mein Vater hat mir jedenfalls aufgezählt: weniger Geld, samstags arbeiten, die Vereinbarkeit mit einer Familie… Aber er meinte auch, dass ein glücklicher Friseur mehr verdient, als ein unglücklicher Arbeiter! Es ist ein anderes Arbeiten, wenn du das, was du tust, gern machst. Und was mir an dem Job von Anfang an gefallen hat, ist, wenn du in einem Salon stehst, bist du der Christoph vom Team. Da bist du Jemand. Für sehr viele Leute. In einem Großbetrieb, in der Industrie, wäre das anders.
imSalon: Wie waren denn die Reaktionen deiner Freunde?
Meine Nichtfriseur-Freunde haben mir einen Spitznamen gegeben: der Frise – der Friseur.
Und wenn ich irgendwo neu war, musste ich den erklären. Ich mochte immer schon verrückte Frisuren, habe viel an mir selbst ausprobiert. Deshalb wurde ich öfters angesprochen, hatte gleich ein Gesprächsthema und war stolz, zu sagen: ja, ich bin Friseur! Und das ist das, was auch heute für die Friseure so wichtig wäre: Stolz und Selbstbewusstsein nach außen zu tragen!
imSalon: Apropos Image – ihr habt mal einen eigenen Werbefilm für Vorarlberg gemacht.
Ja, das haben wir als Projekt mit der Berufsschule gemacht. Wir haben den jungen Leuten die Idee vorgestellt und gefragt, was ihnen wichtig wäre, was sie ansprechen würde und haben über 2 Monate Ideen gesammelt. Dann zehn Werbefirmen eingeladen und sie gebeten, etwas vorzustellen. Dann kamen einige von denen wieder, ihr Ergebnis präsentieren. Vor uns von der Innung, vor der Wirtschaftskammer und zwei Lehrlingen, als Sprachrohr der Jugendlichen. Der Imagefilm ist gut angekommen. Bei solchen Entscheidungen muss man junge Leute mit ins Boot holen.
imSalon: Dich sieht man regelmäßig auf Branchen-Veranstaltungen, du interessierst dich, du engagierst dich. Mit 26 Jahren bist du in der Innung eingestiegen. Wie kam das?
Es gab mal den Tag der Frisur, ähnlich dem Valentinstag. Ich durfte damals im ORF live eine ältere Frau mit langen Haaren frisieren. Ich habe ihr einen Kurzhaarschnitt gemacht, der ist ihr super gestanden und mit dem hat sie wirklich viel jünger ausgeschaut hat. Dadurch ist Peter Schenk (ehem. LIM Vorarlbergs, Anm.) auf mich aufmerksam geworden und hat mich gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte.
imSalon: Was hat die Innung damals für dich ausgestrahlt? Welches Image hat sie dir vermittelt?
Peter Schenk war immer schon eine starke Persönlichkeit und für mich waren in der Innung immer Leute, die etwas bewirken können und mitreden und das fand ich interessant.
"Wir haben keine Grabenkämpfe und ein gutes Networking."
imSalon: Mit Blick auf die gesamte österreichische Innungslandschaft – wie zufrieden bist du mit deren Arbeit?
Das lässt sich von außen schlecht beurteilen. Bei uns läuft alles recht rund. Ich mach das jetzt seit 20 Jahren und ich wäre nicht mehr dabei, wenn es nicht dieses gute Team gäbe! Da sind Freundschaften entstanden, wir machen gemeinsame Unternehmungen, treffen uns privat. Da gibt es kein Konkurrenzdenken, sondern es geht um die Sache an sich. Wir haben keine Grabenkämpfe und ein gutes Networking. Sei es mit den Medien, der Wirtschaftskammer, der Arbeiterkammer – einfach mit allen. Wir stehen in ständigem Kontakt mit Entscheidungsträgern, sind bei vielen öffentlichen Veranstaltungen dabei, ob es die Festspiele sind, Veranstaltungen im Landhaus, Messeeröffnungen. Einfach dort, wo du die Leute triffst.
"Friseure müssten ein bisschen mehr klappern über das, was sie machen."
imSalon: Weil du es gerade angesprochen hast. Ihr setzt auffallend auf Medienpräsenz. Allein bei eurer jährlichen Casino Veranstaltung gibt es TV, Fachpresse, ortsansässige Tagesblätter. Es wird über die Branche hinaus berichtet.
Wir haben einen guten Kontakt zum Medienhaus, ob Tagespresse oder ORF. Berichten ist wichtig! Bei der letzten Haarmania wurde es wieder gesagt - ich glaube, es war Unternehmensberater Thomas Keitel – „Ihr Friseure müsst ein bisschen mehr klappern über das, was ihr macht, ihr müsst drüber reden!“
imSalon: Und trotzdem gab es auch in diesem Jahr bei der Haarmania leider keine entsprechende Medienpräsenz… Anderes Thema: Hättest du Ambitionen zum Innungsmeister?
Nein. Stellvertreter ist für mich völlig ausreichend. Ich mag es, mitzureden, bin aber gern an zweiter Stelle. Innungsmeister sein ist ein Fulltimejob. Ich sehe ja, was Günther (Plaickner, Anm.) investiert. Wenn du unterwegs bist „just shaking hands for friends“ mag das gehen, aber wenn du wirklich für die Branche was durchsetzen möchtest, reicht das nicht. Als Ausschussmitglied sind die Termine übersichtlich und ich muss mich nicht im Geschäft einschränken.
imSalon: Du bildest seit vielen Jahren aus, Nachwuchs und Image sind dir wichtig. Wie machst du das mit der Aus- und Weiterbildung?
Ich möchte, dass diejenigen, die bei mir gelernt haben, am Arbeitsmarkt die besten Chancen haben, deswegen lege ich Wert auf Basis. Bei mir lernen sie step by step die Basis, immer eins nach dem anderen, darauf kann ich man aufbauen. Im Salon läuft das meiste über interne Salonschulungen. Und wir machen viel mit dem Team gemeinsam, z.B. die Messe Top Hair in Düsseldorf. Und wir sind natürlich jedes Jahr bei der Frisurenshow im Casino dabei.
imSalon: Du bist auch Gesellenprüfer. Haben deine Lehrlinge bei der Gesellenprüfungen eigentlich einen Vorteil?
(Lacht) Nein, Null. Wenn man will, ist es ein Vorteil, dass ich sehe, was andere Salons machen und wo wir stehen und das miteinander vergleichen kann. Vielleicht bin ich dadurch im Vorfeld ein wenig schärfer mit ihnen.
imSalon: Du kannst nicht alle behalten, die du ausbildest. Wie fühlt es sich an, wenn sie dein Geschäft verlassen?
Wenn es so ist, dass ich jemanden nicht behalten kann, dann ist es genauso tragisch, wie bei jemanden, der sich entscheidet, zu gehen. Du hast Zeit und Energie investiert und das tut schon weh, vor allem dann, wenn sich jemand entscheidet, den Beruf zu verlassen. Da leide ich. Und das kann ich nicht nachvollziehen, für mich ist es echt der schönste Beruf.
imSalon: Was sind die Gründe, warum jemand den Job verlässt?
Ganz klassisch: Schwangerschaft und Karenz.
Der Verdienst.
Samstags arbeiten - das ist gerade für die jungen Leute ein Problem.
Und der Wunsch nach Veränderung. Da muss man sie ziehen lassen, auch wenn du noch so sehr willst, dass es anders wäre, weil sie Begabungen wegwerfen. Da leide ich. Aber ich lasse jedem die Türen offen, auch wenn er weg bleibt. Ich hab sie ausgebildet, ich weiß, da stimmt die Basis, auf die kann ich immer wieder aufbauen.
imSalon: Warum eigentlich jedes Jahr das Casino?
Wir haben zwei Großveranstaltungen im Jahr. Die Landesmeisterschaft im Frühjahr und die Frisurenshow. Das Casino bietet eine guten Rahmen, das ist edel, lässig.
imSalon: Was werden die größten Herausforderungen der Branche in den nächsten Jahren sein?
Die Lehrlingszahlen nehmen ab, überall. Egal, wer und aus welcher Branche zu mir zum Haareschneiden kommt, alle klagen darüber, keine Lehrlinge zu bekommen. Hier sind wir leider auch populär und werden immer zuerst genannt. Da muss sich was ändern.
"Wir machen Trailer für Jugendliche, aber eigentlich müssten wir die genauso für die Eltern machen"
imSalon: Hast das Gefühl, dass die Innungen genügend für das Image tun?
Ich denke, alle versuchen am Image etwas zu machen. Aber manches sollten wir mehr hinterfragen.
Wir machen Trailer für Jugendliche, aber eigentlich müssten wir die genauso für die Eltern machen, die den Kindern immer sagen, lern was Gescheites. Denn wir brauchen nicht nur Architekten, sondern auch die Leute, die die Häuser bauen.
Und für einen jungen Menschen ist Geld ein wichtiger Faktor. Wir müssen beim Lohn nachjustieren. Wenn bei mir jemand ausgelernt hat, zahl ich automatisch über Kollektiv, damit dies kein Grund ist, zu gehen. Und wir müssen die Preispolitik entsprechend korrigieren. Wie Peter Zöllner sagt: „Ihr müsst mit den Preisen jedes Jahr kontinuierlich nach oben gehen!“
imSalon: Ein schönes Schlusswort. Christoph, ich danke dir für deine Zeit!