20.04.2016

Christian Bernatzky kann sich alles erlauben

imSalon: Vor gut eineinhalb Jahren habt ihr erweitert. Was waren die Ideen zum neuen Salon?
Christian Bernatzky: Den Salon gibt es eigentlich nur, weil ich den Raum gefunden habe. Ich wollte gar keinen zweiten Salon - das war eher ein Zufall. Ich habe diese alte Schlosserei gefunden, die zwanzig Jahre lang leer stand. Hier war gar nichts, es war völlig leergeräumt, es gab keinen gescheiten Boden, es war alles sehr altmodisch. Ich habe mich auf der Stelle verliebt und sogar der Makler hat sich gewundert, dass ich sofort zugeschlagen habe.

"Bei uns ist alles willkommen, was die Menschen zusammenbringt..."

Herausgekommen ist euer haaremacher loft. Ein Raum in dem ihr nicht nur frisiert, sondern auch Veranstaltungen habt.
CB:
Ich wollte einen multifunktionalen Raum. Einen Raum, in dem Menschen zusammenkommen können, egal ob das ein Flohmarkt, eine Diskussionsrunde oder ein Kochabend ist. Der Friseur kann hier wieder das kommunikative Zentrum sein, wo alle hinkommen. Die vielen Dinge und die ganzen Informationen, die wir bekommen, die möchten wir teilen. Das ist für uns ein ganz wichtiges Thema.

Wer sind die Leute, die das nutzen?
CB: Das ist unser erweiterter Freundeskreis oder auch Menschen, die über Kunden kommen. Unser Nachbar hier ist Schuster und er träumt schon lange davon, Kurse in Lederverarbeitung anzubieten. Bei uns kann er das machen. So lange es uns Spass macht und es zu unser Philosophie passt, ist bei uns alles willkommen, was die Menschen zusammenbringt.

Wie finanziert ihr die vielen Projekte? CB: Der Raum selbst finanziert sich sowieso durch den Friseur. Bei unseren Ideen geht es nicht darum, Geld zu verdienen - wir bereichern uns damit, mit Menschen zu arbeiten. Natürlich, wenn jemand hier ein Vermögen macht, soll er mir gerne was abgeben. Aber wenn es kleine Projekte sind und die Leute wenig Geld haben, dann verdiene ich nicht daran.

Was einem sofort auffällt: Die vielen schönen, kreativen Details im Salon. Woher habt ihr die vielen Ideen? Und wo kriegt man solche Einrichtung?
CB:
Einiges ist zusammengesucht, aber der Rest ist selbstgebaut. Ich habe mich mit einem Handwerker eineinhalb Monate hier eingesperrt und gebaut. Wir haben viel Eisen gekauft und mal geschaut, wo es gut hinpasst. Das Grundkonzept stand zwar, aber vieles ist einfach beim Arbeiten entstanden.

Woran muss man denken, wenn man die Einrichtung für so einen Raum selber macht?
CB:
Unsere Friseurtische haben alle Rollen - daraus kann man eine große Tafel machen, wenn man sie zusammenschiebt. Die Lampen haben wir auch nicht vom Saloneinrichter, sondern von einem der Lichttechniker vom Landestheater machen lassen. Der wusste, dass man Licht anders denken muss.

Und eure Mitarbeiter? Von der Friseurin zur Moderatorin zur Verkäuferin? Machen die da mit? CB: Wenn es ihnen Spass macht, passt das. Wir haben uns hier einen richtigen Lebensraum geschaffen, in dem alle ihre eigenen Ideen einbringen. Das spürt man auch. Wir haben das ganze Haus hier gemietet, haben hier unseren urbanen Garten und bauen auch Gemüse an. Es gibt eine Wohnung als Büro und in der zweiten Wohnung wohnt ein Mitarbeiter. Da bringt sich jeder irgendwie ein, wie es sich eben ergibt. Manchmal liegt auch einer nur hinten im Garten in der Hängematte oder bäckt uns allen was.

Was hat es mit dem "haaremacher Cuvee" auf sich? CB: Ein lieber Freund ist Weinhändler, der hat uns angeboten, uns ein eigenes Etikett zu machen. Und bei Veranstaltungen brauchen wir eh immer Wein, daher hat das gut gepasst.

"Oft nimmt man nur eine Abzweigung und da passiert dann viel Neues"

Was für eine Marke passt zu einem Salon wie euch?
CB:
Ich war immer mit Sebastian verheiratet, von klein auf, auch durch meine Schwiegereltern. Ich habe Seminare gehalten, habe den "Elvis Faktor" entwickelt und habe die Friseure abgeholt und erklärt, wie man Farbe kommuniziert. Das war sehr erfolgreich, wir hatten bis zu 27 Seminare im Jahr. Jetzt habe ich eine Veränderung zugelassen.
Dann ist Davines gekommen und hat dieses Gemeinschaftliche, dass man gemeinsam etwas erreicht für die Umwelt. Wir bauen gerade die Davines Education gemeinsam auf und neue Dinge ergeben sich. Oft nimmt man nur eine Abzweigung und da passiert so viel Neues.

Ihr sprüht vor Kreativität und Tatendrang - nutzt ihr das auch für eigene Kollektionen?
CB:
Wir sind durch mit allem. Man kann irgendwann einen Schnitt nicht mehr anders machen und die zehnte Kollektion von einer Firma ist auch immer nur eine Variante. Kollektionen sind so krampfhaft, wollen immer optimieren, und das ist auch gefährlich, denn die Frisur soll ja zum Kunden passen und nicht zu einer Kollektion.

Auf eurer Webseite liest man, Frauen brauchen keinen Schönheitswahn und Bildbearbeitungs-Ästhetik..
CB:
Die Frage soll immer sein: Was erwartest du von deinem Haar. Was tust du? Machst du täglich Sport, musst du in der Arbeit immer gut aussehen, hast du drei kleine Kinder, hast du Zeit für dein Styling? Das ist wichtig bei einer Frisur. Du musst den Menschen verstehen.
Die Trendsetter, die Stylischen, die jeder Mode nachjagen, die müssen wir nicht befriedigen, die kommen auch nicht wieder, die verzeihen keinen Fehler.
Wir haben emotionale Kunden, die sich bei uns wohlfühlen und mit uns auch durch einen schlechten Tag gehen. Das passt auch zu uns und zu unseren Veranstaltungen. Jeder, der etwas Wertvolles beitragen kann, ist bei uns willkommen. Und "wertvoll" ist nicht in Geld aufzurechnen, sondern ist das, was uns besser fühlen lässt.

Du hast vor einigen Jahren für ein Buch die Frisuren gestylt. Das war das "Glatzenbuch" von Wolfgang Zenz. Eine echte Herausforderung?
CB:
Wolfgang war ein Kunde von uns und fragte, was man mit seinen schütteren Haaren noch machen kann. Ich habe gelacht und gemeint, naja, was soll man schon machen, mit der Maschine drüber. Er war enttäuscht und hat lange überlegt und im Internet recherchiert, nach Frisurenvorschlägen für Glatzen. Dann hat er das Buch einfach selbst herausgebracht und entstanden sind schöne Geschichten über Männer und ihre Glatzen, das das perfekte Geschenk und Mitbringsel ist.


"Als Friseur hat man nichts zu verlieren"

Was ist das Schönste am Friseurberuf?
CB:
Die Freiheit zu haben, genau das zu leben, was man sein will. Wisst ihr, warum sind so viele Friseure schwul? Sind sie nicht - es gibt überall gleich viele Schwule, aber als Friseur darfst du dich präsentieren wie du willst, das ist der Unterschied. Man darf anders sein. Niemand nimmt dich so richtig ernst und dadurch hat man auch nichts zu verlieren. Das Schlimmste, was dir passieren kann, ist, dass einer am Ende sagt "Na eh kloar.. Friseur!".

Das Interview führte Katriina Janhunen

Fakten:

  • haaremacher altstadt seit 1993 in Salzburg
  • haaremacher loft seit 2014 in Salzburg
  • 6 Mitarbeiter und 4 Lehrlinge