17.05.2011

Christa und Julia Wessely: Die Branche in allen Ehren!

2001 eröffnet Christa Wessely ihren Salon in der Wiener Innenstadt. Zwei Jahre später steigt Tochter Julia nach Matura und zweijähriger Kurzlehre ins Unternehmen ein. 2007 eröffnen sie unter gemeinsamer Führung den Salon Cut´n curl in neuen, größeren Räumlichkeiten am Salzgries. Der gemütliche Schneidetempel bietet neben Qualität und Dienstleistung auf höchstem Niveau einen Schulungsraum und eine kleine Bibliothek, in der Kunden und Mitarbeiter jederzeit schmöckern und Bücher gegen eine charitative Spende ausleihen können. - Fakten: 7 Mitarbeiter | 4 Lehrlinge Anzahl - 2004 wählt "woman" cut´n curl auf Platz 7 der besten 300 Friseure Östereichs.

Ihr Unternehmens-Motto?
style your life, live your style!
Wir freuen uns, wenn die Kunden glücklich und erholt den Salon verlassen, wenn wir zusehen können wie sie im Spiegel erstmals ihre wahre Schönheit entdecken und ein nachhaltig schönes Erlebnis gestalten können.

5 Begriffe die Ihre Unternehmensphilosophie beschreiben!
- Spaß an der Arbeit
- Veränderung als Leidenschaft
- Ehrliche und einfühlsame Beratung- wirklich zuhören und verstehen wollen
- Mehr bieten als erwartet wird
- Der Mensch zuerst

Auf welche Stärken setzen Sie bei Mitarbeitern?
- Teamfähigkeit
- Soziale Kompetenz
- Allgemeinbildung
- Wissensdurst
- Gelebte Liebe zum Beruf
- Bereitschaft sich weiter zu entwickeln
- Flexibilität in denken und handeln
- Kommunikationsfähigkeit

Sie selbst bilden sich ständig bei Paul Mitchell Seminaren weiter. Wie wichtig ist Ihnen die persönliche und fachliche Weiterentwicklung Ihrer Mitarbeiter und wie ermöglichen Sie die Weiterbildung? Gibt es interne Trainingsabende, Produktschulungen…?
Wie schon in der Frage formuliert, gehen persönliche und fachliche Weiterentwicklung immer Hand in Hand. Beides ist uns sehr wichtig. Seminare sind bei uns Belohnung und nicht Bestrafung. Als Paul Mitchell Flagship Salon mit eigenem Seminarraum sind wir immer einer der ersten Salons der über die neuesten Trends Bescheid weiß und viele Seminare werden für unsere Mitarbeiter von uns finanziert. Bedingung für eine Finanzierung unsererseits sind individuell vereinbarte Ziele, die der Mitarbeiter erreichen kann. Auch internationale Seminare werden von uns finanziert, unter der Bedingung sie für die Kollegen 14 Tage später wiederzugeben. So ist immer der gesamte Salon auf dem aktuellsten Wissensstand.
14tägig finden Trainingsabende statt, die schwerpunktmäßig oder themenspezifisch aufgebaut sind. Diese Abende geben Lehrlingen aber auch Stylisten die Möglichkeit ihr Können zu festigen.
Produktwissen wird von den Mitarbeitern hauptsächlich selbst erarbeitet und dann von uns überprüft.

Nach welchem Schema entlohnen Sie Ihre Mitarbeiter und welche Aufstiegsmöglichkeiten bieten Sie ihnen?
Wir haben ein 5 Schritte Karrieresystem, in dem Stylisten die Möglichkeit haben sich weiterzuentwickeln. Basisgehalt ist immer der Kollektivvertrag. Sobald der erste Schritt der Selbsterhaltung überschritten ist, werden Provisionen ausbezahlt. Der Prozentsatz dieser steigt mit der Karrierestufe. Außer dem Dienstleistungsumsatz werden auch die besuchten Seminare und die gewonnen Neukunden berücksichtigt. Mit jedem Karriereschritt gewinnt der Stylist überdies Annehmlichkeiten wie zum Beispiel eine 4 Tage Woche oder persönliche Assistenten.
- Unterstützung unsererseits erhält der Stylist durch einen ansteigenden Haarschnittpreis mit jedem Karriereschritt, diversen Werbemaßnahmen zur Neukundengewinnung und Systemen zur Stammkundenbindung.
- Weiters werden Verkaufsprovisionen ausbezahlt.

Nach welchen Kriterien werten sie Bewerbungsunterlagen aus?
Äußere Form, Sprache und Rechtschreibung, Foto, Referenzen.
Für das Jahr 2010 sind Castings geplant, da wir wissen, wie wichtig die persönliche Begegnung ist.

Sie bilden selbst auch Lehrlinge aus. Wie zufrieden sind Sie mit den Jugendlichen, die sich für einen Job interssieren?
Wir missbilligen es, wenn der Friseurberuf die zweite Wahl ist. Wir bilden junge Menschen aus, die aus Leidenschaft unseren Beruf ergreifen wollen.
Die Allgemeinbildung entspricht oft nicht unseren Vorstellungen. Bei unseren Castings gibt es immer auch einen schriftlichen Test über Politik, Geographie, Geschichte, Mathematik und Englisch.
Menschlich betrachtet können wir beobachten, dass viele junge Menschen alleine in einer immer komplizierteren Welt stehen und keine Unterstützung von zu Hause bekommen. Wir begrüßen es deshalb durchaus, wenn Lehrlinge sich mit ihren Eltern vorstellen kommen, und wenn diese in weiterer Folge die Karriere ihres Kindes mit Interesse verfolgen und sich im Austausch mit uns offen zeigen.


Sind Sie mit der Ausbildung der Lehrlinge in Österreich zufrieden oder wo sehen noch Entwicklungspotential?
- Mit dem neu eingeführten Praxistest in der Mitte der Lehrzeit ist ein guter Anfang zur Verbesserung der Ausbildungsqualität gemacht, die definitiv notwendig ist. Gesellen, die sich kurz nach der Gesellenprüfung bei uns beworben haben, konnten unseren Ansprüchen an Fachwissen und Fertigkeiten nicht gerecht werden. Die Aktualität der Praxisteile der Prüfung wagen wir in Frage zu stellen. Wir wünschen uns eine individuellere Prüfung der Betriebe, die auf die wirklich aktuellen Lehrinhalte eingeht. Somit könnte man einzelnen Betrieben, die viel Weiterbildung anbieten, mehr Lehrlinge ermöglichen. Und würde umgekehrt, Betrieben, die junge Menschen ausbeuten, schneller Einhalt gebieten.
- Die neue Berufsmatura finden wir nicht wirklich praktikabel und nicht realistisch umsetzbar, da eine Lehre ja mitunter deshalb gewählt wird, weil sie praxisbezogen ist. Und weil der Zeitaufwand einer berufsbegleitenden Ausbildung ein demotivierendes Ausmaß erreichen kann. Ein Entgegenkommen in punkto Zeitmanagement geht immer zu Lasten des Lehrherren. Unser Ansatz wäre, das Niveau der Berufsschulen zu heben, bzw. im Rahmen dieser einen Maturalehrgang einzuführen. Eventuell mit einer Verlängerung der Lehrzeit um 6 Monate.
- An der sozialen Unausgewogenheit des österreichischen Gesetzes (Alle Rechte beim Lehrling, wenn Probleme – sehr schwer einzugreifen)

Sie bieten Ihren Kunden den Service der online-Terminvereinbarung. Wie einfach ist das Konzept in der Umsetzung, wie wird es von den KundInnen aufgenommen, ist es eine Erleichterung im Salonalltag?
2-5 Kunden pro Tag sind Online-Anmeldungen. Das unterstützt uns indem wir weniger Zeit am Telefon verbringen. Die Anwendung ist sehr benutzerfreundlich und hat uns auch Neukunden gebracht. Der klare Vorteil liegt für den Kunden in der zeitlichen Unabhängigkeit.

Immer wieder begeistern Sie mit tollen Marketing-Aktionen, wie beispielsweise das Charity Bücherregal, interessante Menükarten (Preislisten mit speziell zusammen gestellten Angeboten). Woher holen sie sich Ideen?
Unser Charity Regal war ursprünglich keine Marketing Idee, sondern kam aus dem puren menschlichen Bedürfnis, anderen zu helfen. Der Begründer der Organisation für junge Mädchen in Äthiopien ist ein Kunde von uns, dessen Geschichte uns berührt und beeindruckt hat. Die Idee das Bücherregal dafür einzusetzen kommt aus der großen Lesefreude von Christa. Kunden können in unserem Salon gemütlich schmökern, das Buch ausleihen und dafür Spenden. Gekauft werden dann Bücher für die Mädchen in einer neu erbauten Schule. (Mehr zur Organisation, s. unten).
Viele Anregungen für Marketing kommen von der Firma Paul Mitchell mit dem Artistic Director Robert Cromeans aus den USA, aber auch von unserem Paul Mitchell Betreuer Alexander Brendel. Weiters gehen wir immer mit offenen Augen durch die Stadt, tauschen uns mit Kollegen aus und übertragen auch Ideen aus anderen Branchen auf unseren Salon (zB viel aus der Gastronomie).

Sie kochen regelmäßig für Ihr Team. Wie beeinflusst dies das Wir-Gefühl der Mitarbeiter?
Unser Ziel dahinter, für die Mitarbeiter zu kochen ist, ihnen eine gesunde Mahlzeit zu ermöglichen, die ihnen Kraft für den Tag gibt. Es ist unser sozialer Beitrag für das Team und wird von uns zur Verfügung gestellt. Das Wir-Gefühl wird insofern gestärkt, als immer 2-3 Mitarbeiter gemeinsam essen.

Worauf sind Sie in unsere Branche besonders stolz?
Stolz sind wir im Allgemeinen auf unseren Beruf, und das geben wir Kunden und Mitarbeitern weiter. Und wir sind stolz in unserem Beruf neue Maßstäbe zu setzen!

 

Mehr über Christa Wessely Frisuren unter: www.cutncurl.at

Weiteres zum Thema Charity: www.project-e.eu


Jänner 2010


Interview: Katja Ottiger