20.01.2012

Andrea Murauer: Branchenkennerin mit beeindruckendem Know-how

Sie ist Friseurin, Salonchefin und WIFI-Trainerin. Sie hat Sozial- und Wirtschaftswissenschaften studiert und coacht Unternehmen der Friseurbranche in den Bereichen Teambuilding, Burn-out-Prävention und Stressmanagement genauso, wie sie Kosten- und Auslastungsanalysen erstellt. Fakten: - 1 Salon in Zell an der Pram: 4 Mitarbeiter | 2 Lehrlinge - Unternehmensberatung "Im Fokus" - Gewinnerin des Diamond Ideas Award 2011 (Innovationspreis für Marketingideen der Intercoiffure Mondial)

Wie antworten Sie auf die Frage: Was machen Sie beruflich?
Situationsbezogen: Manchmal sage ich: Friseurin, manchmal sage ich: Coach und Trainerin und manchmal sage ich: Unternehmensberaterin

Wie war Ihr Werdegang?
Nach der Matura lernte ich Friseurin. Nach der Meister- und Unternehmerprüfung studierte ich Sozialwirtschaft. Nebenbei arbeitete ich als Friseurin und zum Teil schon für einen Friseurunternehmensberater. Nach dem Studium übernahm ich den Salon meiner Mutter und machte mich zeitgleich als Unternehmensberaterin für Friseure selbstständig. Mit den Jahren absolvierte ich noch verschiedene Ausbildungen, so dass mein Standbein als Unternehmensberaterin um Trainings und Coachings erweitert wurde.

Fangen wir mal bei der Salonunternehmerin an: Sie haben einen Salon mit 6 Mitarbeiterinnen in Zell an der Pram. Auf welche Stärken setzen Sie bei Mitarbeitern?
Engagement und Selbstverantwortung stehen ganz oben, weil meine Mitarbeiter sehr selbstständig arbeiten.

Sie beschäftigen in Ihrem Salon separat auch eine Naturfriseurin. Seit wann bieten Sie dieses Service an und wie wird es angenommen?
Das Ökologiebewusstsein war in unserem Salon immer schon groß und so hatten und haben wir auch Kunden mit einer ökologischen Einstellung.
Seit 8 Jahren bieten wir einen eigenen Bereich mit anderer Philosophie, Naturprodukten und anderer Arbeitsweise. Frau Hellwagner ist ausgebildete Haar- und Hautpraktikerin und leitet den Natursalon.
Pflanzenfarben und Naturprodukte werden von unseren Kunden sehr gut angenommen.

Auf Ihrer Website steht, dass Sie meist aus dem Hintergrund agieren. Stehen Sie, neben Ihren anderen beruflichen Tätigkeiten, noch im Salon, und wenn ja, wie häufig?
Ich arbeite nur freitags und samstags im Salon. Die anderen Tage halte ich Seminare, mache Beratungen oder Coachings.

Training & persönliche Weiterbildung scheinen Ihnen sehr wichtig zu sein. Wie unterstützen Sie hier Ihre Mitarbeiter?
Auch bei den Mitarbeitern ist mir Weiterbildung wichtig. Sie suchen sich selber die Schulungen und Seminare aus. Manchmal mache auch ich Vorschläge. Salonschulungen gehören ebenfalls zum fixen Bestandteil bei uns.
Wie viele Seminare die Mitarbeiter besuchen, hängt von ihnen selber ab. Ich habe noch nie: „Nein, das ist jetzt zu viel“ gesagt.
Mir ist wichtig, dass sie sich sowohl fachlich, als auch persönlich weiterbilden.

Ihr zweites Standbein: Sie sind auch selbständige Unternehmensberaterin, bieten Beratung, Coaching und Training an. Welche Unternehmen beraten Sie?
Bei den Beratungen und Trainings bin ich ganz der Friseurbranche verschrieben. Zum Coaching kommen auch Unternehmer aus anderen Branchen oder Personen, die sich beruflich verändern möchten.

Was sind die Schwerpunkte Ihrer Beratung?
Das hat sich mit den Jahren stark verändert.
Meist begleite ich Friseurunternehmen über einen gewissen Zeitraum (6 – 18 Monate). Früher habe ich viele Umsatzanalysen, Preis- und Kostenanalysen gemacht.
Mystery Shoppings und Standortanalysen wurden auch von vielen Unternehmen gewünscht.
Mitarbeiterauslastungsberechnungen und Provisionssysteme sind nach wie vor gut gebucht.
Seit einigen Jahren mache ich vermehrt Coachings im Business- und Karrierekontext:
Work-life-Balance, Zielfindung und Zielerreichung, Stressmanagement sind die Hauptthemen.
Bei den Friseurmitarbeitern mache ich hauptsächlich Trainings in den Bereichen:
Etikette, Kundenbegeisterung, Motivation, Umsatzverantwortung.
Neu hinzu kommt eine Seminarreihe mit einer Arbeits- und Gesundheitspsychologin zum Thema: work-life Balance und Stressmanagement.
So wie sich im Salon die Trends verändern, so verändern sich die Themen in der Beratung ebenso. Auch hier ist Weiterbildung genauso wichtig wie als Friseurin.
Auch in der Innung OÖ sind Sie aktiv, dort nehmen Sie die Gesellen- und Meisterprüfungen ab. In der Branche ist derzeit die Kritik am schlechten Nachwuchs ungebrochen. Können Sie diese Einschätzung teilen? Kann man behaupten, dass die Leistungen beim Nachwuchs in den letzten Jahren nachgelassen haben?
Ich nehme keine Meisterprüfungen ab. Ich halte die Vorbereitungskurse für die mündliche und die schriftliche Meisterprüfung.
Ob die Leistungen nachgelassen haben, kann ich nicht beurteilen. Ich sehe, dass die jungen Menschen motiviert sind, neue Wege zu gehen. Sie wollen sich beweisen und „ihre Handschrift“ hinterlassen. Dabei sind sie engagiert und motiviert. Das ist meine Erfahrung.

Als Lehrausbilderin: Was glauben Sie, wie könnten Interesse, Motivation und Begeisterung für die Friseurbranche in Schulen und Gymnasien geweckt werden?
Wir sind eine Modebranche, die Menschen verschönern und ihre Vorzüge hervorheben. Und nach Schönheit streben viele Menschen.
Meiner Meinung nach müsste man in Schulen genau damit werben: Als Friseur/in kann man:
• Menschen verschönern,
• ins Ausland gehen,
• als Visagisten, Stylisten oder Maskenbildner für Bühne und Shootings arbeiten,
• Trends mitgestalten,
• Ein eigenes Unternehmen gründen

Als Salonunternehmerin: Ihr wichtigster Tipp für die Mitarbeitermotivation?
Wertschätzen, loben, Eigenverantwortung geben, die Stärken der Mitarbeiter erkennen und fördern

Als Unternehmensberaterin: Ihr Tipp zur Verbesserung des Friseur-Images?
Bei sich selber beginnen und stolz darauf sein, einen Beruf auszuüben, wo Menschen verschönert werden und dies auch immer wieder in der Öffentlichkeit bekannt geben.

Friseursalon auf der einen, Unternehmensberaterin auf der anderen Seite. Wie wichtig sind Ihnen diese Betätigungsfelder persönlich und wie beeinflussen/ergänzen diese das jeweils andere?
Ich liebe beide Berufe.
Als Friseurunternehmerin bin ich mit ähnlichen Problemen konfrontiert, wie meine Berufskollegen. Der Salon ist meine „Spielwiese“, wo ich Dinge ausprobiere, die oft funktionieren und manchmal eben nicht. Dieser Erfahrungsschatz kann in der Beratung sehr hilfreich sein. Dennoch gehe ich unvoreingenommen in die Salons, da jeder Salon individuell ist. Ich sehe viele tolle Unternehmer/innen, die mit Engagement und guten Ideen ihre Unternehmen führen.
Ich erlebe, mit welcher Stärke und Souveränität Unternehmer/innen Probleme bewältigen und begeistert von ihren Berufen sind.
Beide Tätigkeiten beeinflussen mich sicher dahingehend, dass ich immer motiviert bin, neue Wege auszuprobieren.

Wie schaffen Sie Ihre persönliche Work-Life Balance?
Ich bin ein absoluter Outdoor-Fan. Ich brauche die Natur, die Stille, die Berge. Da fülle ich meine Energiespeicher optimal auf.
Und ich habe in meinem Terminkalender immer „Inseln für mich“.
Und – ganz wichtig: Ich liebe meine Arbeit. Sie stärkt mich, motiviert mich und macht mir Freude
 

Februar 2012


Interview:Katja Ottiger