18.05.2010
Haarausfall - oft ein existenzielles Problem: Kolumne Dieter Schneider
Immer wieder werden Friseure von ihren Kundinnen und Kunden auf das Thema Haarausfall angesprochen. Da ist Kompetenz gefragt und Vorsicht geboten. Ein Beitrag von Dieter Schneider.
Der schleichende Haarausfall - erkennbar bei Männern an zunehmenden "Geheimratsecken" und Kahlstellen am Hinterkopf - ist aber nicht nur ein genetisch bedingtes Männerproblem. Auch Frauen klagen zunehmend über Haarausfall, der über das Normale hinausgeht. Da ist schon einige Erfahrung und solides Fachwissen erforderlich, um mit den Kunden zu klären, was normal und was unnormal ist.
Wo ein Problem häufig auftaucht, bieten sich auch sofort "Problemlöser" an. Es gibt im Bereich der Kosmetik und Körperpflege kein Segment mit soviel unseriösen Angeboten wie das bei Mitteln gegen den Haarausfall. Diese angeblichen Haarwuchsmittel nutzen oft nichts und kosten einen Haufen Geld. Die Friseurbranche ist selten daran beteiligt. Die Industriepartner der Friseure sind mit ihren Versprechungen (in der Fachsprache: Auslobungen) zurückhaltender, wohl wissend, dass ein Friseurgeschäft Kunden verliert und Ärger bekommt, wenn irgendwelche Wundermittel keine Wunder wirken.
Ärgerlich ist freilich, wenn andere, wie z.B. Versandhandelsunternehmen - aber auch Apotheken - mit weniger Skrupeln das millionenschwere Geschäft mit Haarwuchsmitteln machen. Dagegen hilft nur kompetente und faire Information. Im Grunde bestehen für den Kunden dafür bessere Chanchen beim Friseur als bei einer 5-Minuten-Konsultation beim Hautarzt, bei der meistens ohne eingehende Befragung und Diagnose ein Mitetl aus der Apotheke empfohlen wird. Es macht aber keinen Sinn sich über diese akademischen "Mitbewerber" kritisch zu äußern. Oft sprechen die Kunden in einem Friseurgeschäft das Thema ohnehin erst an, nachdem die vom Doktor oder Apotheker empfohlenen Mittel nicht weiter geholfen haben. Deshalb bei Haarausfall:
Fragen Sie nicht nur ihren Arzt oder Apotheker, sondern auch ihren Friseur!
Plötzlich auftretender verstärkter Haarausfall kann bei Frauen hormonell bedingt sein (Schwangerschaft, Wechseljahre), oder aber bei Frauen wie auch bei Männern auf Krankheiten und deren Therapie (z.B. durch Chemo-Behandlungen) zurückzuführen sein.
Da sind Scheinkausalitäten nicht selten: Es wird etwas unternommen und die Haare kommen wieder. Sie wären aber auch wiedergekommen, wenn nichts unternommen worden wäre. Solche Fälle werden dann in der Werbung für angebliche Wundermittel gern herausgestellt. Auch Friseure sollten von erfolgreichen Behandlungen im Einzelfall nicht zu schnell auf eine generelle oder auch nur häufigere Wirkung des Mittels schließen. Grundsätzlich sollten Friseure mehr von pflegenden Haar- und Kopfhaut-Behandlungen und -Mitteln sprechen, die durchaus das Wachstum fördern können, als von Haarwuchsmitteln.
Es ist davon auszugehen, dass das Wissen um diese Dinge in einem Friseurteam nicht gleichmäßig vorhanden ist. Deshalb sollten in solchen Fällen erfahrenere Kollegen im Team zu Rate gezogen bzw. die Betreuung dieser Kunden an sie abgegeben werden. Das gilt dann besonders für das Thema: "Haarersatz", bei dem Kunden unter Umständen auch ein spezialisiertes anderes Geschäft empfohlen wird, wenn Haarersatz, Haarverlängerung oder Haarverdichtung im eigenen Geschäft nicht angeboten wird. Und noch etwas sollten sich Friseurinnen und Friseure zu Herzen nehmen:
Kunden mit schütterem Haar sind oft die dankbarsten Kunden, wenn sie das Gefühl haben, dass sie mit weniger vollem Haar trotzdem "für voll genommen werden".
Quelle:
Dieter Schneider "Viel Erfolg im Umgang mit Friseurkunden", Marktlücke Verlag
info@marktluecke-verlag.de