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24.02.2022

Catrin Mayerhofer-Trajkovski: 1,5 Jahre Lehrzeit und jederzeit kündbar

Mit der Aqua Lehre bietet das AMS eine Ausbildung für alle ab 18. Jahren, die in einen Lehrberuf einsteigen möchten. Auf Basis eines Praktikumsvertrags kann in nur 1,5 Jahren der Friseurberuf erlernt werden. Personalkosten für den Salon entfallen, lediglich eine monatliche Gebühr von ca. 450 Euro muss bezahlt werden.

Im Interview mit Juliane Krammer

Können Sie einmal kurz umreißen: Was ist die Aqua Lehre?

Catrin Mayerhofer-Trajkovski: Die Aqua-Lehre hat zum Ziel, den Fachkräftemangel zu reduzieren. Dafür hat das AMS ein passendes Programm gestrickt, dass Personen ab 18 Jahren in Anspruch nehmen können. Konkret geht es hier um eine Ausbildung, die eine verkürzte Lehrzeit bietet. Der Vorteil für Arbeitgeber besteht darin, dass das Verhältnis zwischen Aqua-Lehre-Teilnehmer jederzeit aufgelöst werden kann, wenn die Zusammenarbeit nicht so gut funktioniert. Für die Teilnehmer selbst, ist der große Vorteil, eine Ausbildung, für die ich nicht den Prozess der klassischen Lehre durchzulaufen habe.Teilzeitkräfte können übrigens auch die Aqua-Lehre in einem Unternehmen machen. Bei 25-30 Stunden nimmt die Ausbildungszeit 2 Jahre in Anspruch.

Was muss ich als Unternehmen tun, um Interessierten meinen Betrieb für die Aqua-Lehre anzubieten?

CMT: Das ist ganz einfach: Handelt es sich um Niederösterreich, ruft man bei mir an und da nehme ich die Stellenbeschreibung auf. Dann läuft alles von selbst. Ich suche passende Bewerber und halte den Betrieb am Laufenden. Wir agieren wie eine Personal-Leasing Firma und sehen auch den Lernfortschritt ein, wenn ein Aqua-Lehre Vertrag in Kraft tritt.

Wie viele Friseurbetriebe sind im Programm?

CMT: Im Moment nutzen es 10 Friseur-Salons. Z.B. bei dm funktioniert das Modell wahnsinnig gut.

Welche Kosten fallen für die Unternehmen an?

CMT: Es gibt eine einmalige Einreichgebühr von € 400. Aber umgerechnet sind das € 450-480 im Monat. Weitere Personalkosten fallen nicht an.

Wie läuft das Recruiting ab?

CMT: Meldet sich ein Betrieb, fragen wir die Kriterien ab – welches Profil ist wichtig, wo befindet sich der Betrieb … etc. Dann stellen wir das online, versenden die Anforderungen an unsere Kooperations- und AMS-Berater. Danach erfolgen Zubuchungen vom AMS – wir sind hier online miteinander verbunden. Die vermerkten Personen kontaktieren wir dann und laden diese potenziellen Teilnehmer zu unserem Standort ein. In diesem Gespräch wird die Aqua-Lehre noch einmal erklärt. Denn es muss verstanden werden, auf was man sich bei dieser Kooperation einlässt und welche Punkte zu erfüllen sind, um diese Art der Ausbildung zu machen. Wir überprüfen außerdem kognitive sowie didaktische Kompetenzen, genauso auch die Konzentrationsfähigkeit. Weiters braucht es in jedem Fall B2 Niveau, wenn es um die sprachlichen Fähigkeiten geht, weswegen es eine kleine Überprüfung der Rechtschreibung gibt. Der Teilnehmer muss verstehen, was er liest.  Fallen die Ergebnisse gut aus, erkundigen wir uns in puncto Förderungen. Jede Förderung ist eine Individualförderung und dann machen wir uns schon an die Bewerbungsunterlagen. Die Firmen müssen somit nichts anderes tun, als sich die Lebensläufe anzusehen.

Gibt es noch zusätzliche Goodies für Unternehmen?

"Wer sich entschließt, eine Aqua Lehre zu buchen und mit einem Kooperationspartner wie uns zusammenarbeitet, der bekommt eine tolle Dienstleistung, um die richtige Person für den Betrieb zu finden."

CMT: Wer sich entschließt, eine Aqua Lehre zu buchen und mit einem Kooperationspartner wie uns zusammenarbeitet, der bekommt eine tolle Dienstleistung, um die richtige Person für den Betrieb zu finden. Zusätzlich besteht auch die Möglichkeit, TeilnehmerInnen „schnuppern“ zu lassen. Noch bevor die Aqua-Lehre startet. Da kann man schon herausfinden, ob die Chemie passt.
 

Wo finden Sie die BewerberInnen für die Aqua-Lehre?

CMT: Das ist unterschiedlich. Entweder das AMS weist hier Personen zu oder ich finde diese bei Kursinstituten – das sind in der Regel 90%. Aber auch das Frauenhaus meldet sich bei uns oder sogar Justizanstalten. Alle Personen, die ausgebildet werden wollen, sind bei uns als BewerberInnen richtig aufgehoben. Das wichtigste ist der Wille, ob mit Handicap oder einer speziellen persönlichen Vorgeschichte – das kriegt man alles in den Griff! 25% sind Wiedereinsteigerinnen und 70% haben Migrationshintergrund.

Das klingt ja besonders verführerisch: Verkürzte Lehrzeit. Warum nicht gleich diese Art der Ausbildung zur/m FriseurIn machen?

"Die Aqua-Lehre bietet eben denjenigen, die aufgrund unterschiedlicher Umstände, nicht die klassische Lehre machen konnten und so schnell wie möglich Fuß in der Berufswelt fassen möchten, eine Chance."

CMT: Prinzipiell rate ich jüngeren Personen und auch denjenigen, die 18 Jahre sind, die klassische Lehre zu machen. Das System hat sich ja gut bewährt. Die Aqua-Lehre bietet eben denjenigen, die aufgrund unterschiedlicher Umstände, nicht die klassische Lehre machen konnten und so schnell wie möglich Fuß in der Berufswelt fassen möchten, eine Chance.

Zur Ausbildung gehört die Teilnahme an Theorie-Kursen. Wir wird das bei FriseurInnen gehandhabt? Gehen diese in die Berufsschule?

CMT: Das AMS gibt eine gewisse Anzahl an Theoriezeiten vor. Es sollten 33% der Ausbildung Theorieeinheiten umfassen. Aber es kommt immer darauf an: Die Theorie wird immer in Abstimmung mit der Firma sowie dem Bundesgesetzblatt festgelegt. Kurse, die gemacht werden, brauchen aber das „Oecert“ als Zertifizierung.

Sie unterstützen Firmen in Niederösterreich. Können sich auch Unternehmen mit Sitz in den restlichen Bundesländern melden?

CMT: Die Aqua-Lehre ist in jedem Bundesland anders geregelt. Das AMS hat 9 Landesgeschäftsstellen. Somit gibt es 9 Formen der Ausführung. Aber die gesetzliche Grundlage ist ein Praktikumsvertrag. 

Wie viele Personen hättest du aktuell in der Pipeline, die in Niederösterreich eine Aqua-Lehre in einem Friseur-Salon starten möchten.

CMT: Aktuell sind das 7-12 Personen, die den Beruf Friseur bzw. Kosmetik- und Fußpflege gerne erlernen möchten.

Vielen Dank für das spannende Gespräch und alles Gute für die Zukunft!