Christian Bernatzky, Raphaela Kirschnick, Christian Öhlböck | Credit: Martin Steiger

01.10.2021

Zwei Salzburger bringen das Bon Vivant nach Österreich

Christian Bernatzky und Christian Öhlböck repräsentieren seit 5 Jahren Davines Österreich, sind alte Freunde mit viel Liebe für Friseur, Italien und das Bon Vivant ...

Christian Bernatzky und Christian Öhlböck sind die Geschäftsführer der Increase GmbH, die seit 5 Jahren die italienische Kult-Marke Davines vertreibt.

Im Gespräch mit Raphaela Kirschnick

Als Friseur und erfolgreicher Saloninhaber bist du jetzt zusätzlich Industriepartner, quasi auf der anderen Seite. Was machst Du anders? 
Christian Bernatzky: Die Großindustrie wurde in den letzten Jahren mehr und mehr aufgekauft und dabei wurde die persönliche Ebene leider mitgeschluckt. Genau dieses familiäre Zusammengehören hat mir gefehlt, das haben ich bei Davines wiedergefunden, weswegen ich die Marke bereits vor 7 Jahren in meinen Salon aufnahm. Diese Verbindung mit den Friseuren, diese Community, die wir schon mal hatten, die aber zwischendrin verloren gegangen ist, die möchte ich wiederhaben und jetzt als Händler auch geben.

Wie unterstützen das die Produkte?
Christian Bernatzky:  Wir haben Produkte, bei denen eine Idee, ein Sinn dahintersteckt, bei denen man weiß, warum sie entwickelt wurden und bei denen die Inhaltsstoffe bewusst gewählt wurden. Ich begann mit einer kleinen Linie von Davines, Naturaltech, da hab ich gemerkt, wow, da steckt so viel mehr drinnen, da will ich mehr von haben.

Du warst branchenfremd, wie bist du dazu gestossen?
Christian Öhlböck: Ja, ich war vollkommen branchenfremd. Christian schneidet mir seit meinem 17. Lebensjahr die Haare, daraus hat sich eine enge Freundschaft entwickelt. Christian kam irgendwann auf mich zu und meinte, es gäbe da einen Rohdiamanten, denn solle ich mir mal anschauen. Ich komme aus dem Handel, hab das große Ganze aus betriebswirtschaftlicher Sicht betrachtet, durchgerechnet und überlegt, welche Möglichkeiten sich daraus ergeben könnten. Wir waren uns schnell einig, dass wir uns das zutrauen. Das war vor 5 Jahren.

Was habt ihr denn vor für die nächsten Jahre?
Christian Öhlböck:
Die ersten Jahre waren reiner Aufbau der internen Strukturen. Wir sind jetzt soweit, dass wir alle Bedürfnisse wie Lager, Vertrieb, Schulung der FriseurInnen gut abdecken können und wettbewerbsfähig sind. Die nächsten fünf Jahre wird es darum gehen, neue Kunden zu gewinnen und die Marke wirklich präsent zu machen. Ich möchte nie wieder von einem österreichischen Friseur hören „Davines? Kenn ich nicht!“. Unser Ziel ist es, langfristig 3,5% Marktanteil zu haben, maximal 250  KundInnen, um dann nur noch qualitativ in die Tiefe zu arbeiten.

„…mein privates Leben geht nicht mehr mit dem zusammen, was ich jetzt im Laden von der Industrie einkaufe.“

Wie kann ich mir den typischen Davines Kunden vorstellen?
Christian Bernatzky:
Das ist breitgefächert. Auf der einen Seite spüren wir den Trend zu kleineren Salons, haben viele One-(Wo)Man-Shows, die sehr stark sind und großartige Arbeit machen. Und es gibt große Salons mit mehreren Mitarbeitern, es ist alles dabei. Vor allem sind es Friseure, die sich denken, mein privates Leben geht nicht mehr mit dem zusammen, was ich jetzt im Laden von der Industrie einkaufe.

Was ist das?
Christian Bernatzky:
Mich hat das Nachhaltige gecatcht. Bei Davines hat die Gewinnmaximierung nicht oberste Priorität, Nachhaltigkeitsprojekte sind ebenso ein Teil unseres täglichen Strebens die Welt ein klein wenig zu verbessern, „Sustainable Beauty“ eben. Derzeit haben wir unser Bienenprojekt beeInside (imSalon berichtete). Das Schöne ist, dass die Friseure, die zu uns kommen, sich genau für solche Themen interessieren und diesen Weg gemeinsam mit uns mitgehen wollen.

Wie viele Mitarbeiter beschäftigt ihr aktuell?
Christian Öhlböck:
Wir sind insgesamt zu neunt. 4 davon sind im Außendienst unterwegs, das ist wichtig, um Kunden vernünftig zu bedienen, vor allem in der Größe, wie wir es vorhaben. 

Gibt es eigentlich bei einer Marke wie Davines regionale Cluster?
Christian Öhlböck:
Das ist interessant, wir beobachten das sehr stark mit unserer neuen Linie der festen Shampoos. Die kommen in Städten viel besser an.
Christian Bernatzky: Einige Kunden am Land haben sensationelle, umweltbewusst ausgebaute Salons, teilweise in Regionen, wo man es gar nicht erwarten würde. Es gibt aber auch immer wieder Salons, die bereits etwas in die Jahre gekommen sind bzw. von der jungen Geration übernommen wurden und neu zu denken sind. Wir gestalten solche Wege gemeinsam mit unseren Kunden. Wir haben einige Kunden gewonnen, die vom Herz und der Energie her auf unserer Wellenlänge waren, aber der Salon halt nicht. Dann unterstützen wir sie dabei, das so zu gestalten, dass es unsere gemeinsame Philosophie widerspiegelt.  

Davines und italienisches Design, wie überträgt man das?
Christian Bernatzky: Zum Beispiel hat Matheo Thun für Davines ein eigenes Regaldesign entworfen. Das ist sehr filigran, die Regale kannst du in den Salon reinstellen und es ist sofort etwas Besonderes. Die Regale funktionieren nach einem modularen Konzept, dadurch wird die Präsentation der Produkte viel zugänglicher.

Ihr unterstützt in Salonfragen?
Christian Öhlböck:
Es geht um das gemeinsame Denken und darum Anregungen zu geben. Wir haben sehr viele junge Friseure, die jetzt gerade mal mit der Selbstständigkeit anfangen. Jungunternehmer sind häufig mit Fragestellungen konfrontiert, die sie herausfordern, manchmal sogar überfordern. Wir können da unser Know-how einbringen, weil wir ja selbst auch Salons haben. Vor einem Jahr haben wir das in einem betriebswirtschaftlichen Seminar zusammengefasst.

„Vertrauen, das ist die schönste Form der Kundenbindung“

Das heißt du gibst auch Seminare darüber?
Christian Öhlböck: Ja, wir haben ein betriebswirtschaftliches Zahlenseminar für Friseure, das findet einmal im Jahr statt. Die klassisch, betriebswirtschaflichen Themen sind bei allen Betrieben sehr ähnlich.
Christian Bernatzky: Das waren im ersten Lockdown wirklich viele. Gerade die Kleinen, die keinen Steuerberater haben, riefen bei mir an, weil sie nicht wussten, wo sie sich hinwenden können. Das Schöne war dieses Vertrauen, der Austausch hat uns aneinandergeschweißt.

Christian Öhlböck: Man schafft dadurch ja auch wahnsinnig großes Vertrauen, das ist die schönste Form der Kundenbindung. Deswegen haben wir unsere Firma ‚Increase‘ getauft, weil uns dieses gemeinsame (Zusammen-)Wachsen wichtig ist.

Thema Seminare, die fachliche Seite, was sind da eure Pläne?
Christian Öhlböck:
Wir geben halbjährlich unser Seminarprogramm raus und versuchen auch dort mehr zu tun. Wir haben neben unseren Eigenen, ganz tolle italienische und deutsche Trainer, die gerne nach Österreich kommen.

Was machen die Italiener besser oder anders als wir?
Christian Bernatzky: Die machen wunderschöne Haarfarben. Davines Italien hat in den letzten Jahren ganz stark den Fokus auf die Mask with Vibrachrom gelegt und möchten in diesem Segment eine wesentliche Rolle in der Zukunft spielen.
Christian Öhlböck: Für mich ist das Besondere der „Bon Vivant“-Way, der bei Davines gelebt wird. Es ist dieses Lebensgenießende, das spürt man, wenn man nach Parma fährt. Das einfließen zu lassen bereichert oft in herausfordernden Situationen. Für Friseure, die sehr haptische und emotionale Menschen sind, sehr gefühlsbetont, kulturell, genau da passt diese Lebensphilosophie.

Wie verteilt sich der Umsatz auf die Produktgruppen Farbe vs. Pflege?
Christian Öhlböck:
Davines hat sich in vier Geschäftseinheiten aufgeteilt:  Colour-Space, der Well-Being-Space, der Styling-Space und der Retail-Space. In Österreich haben wir einen Anteil von 43% im Colour-Space, wir verdienen beinahe jeden zweiten Euro mit Haarfarbe.

„Ich rede friseurisch…“

Christian Bernatzky: Bei Haarfarbe ist unser großer Vorteil, dass ich einfach Friseur bin und mit jedem friseurisch rede, womit relativ schnell auch Vertrauen aufgebaut wird. Ich arbeite jeden Tag im Salon, der auch unsere Academy ist. Wir laden die Friseure immer hierher ein, um in der Praxis die Marke live zu erleben. Viele senden ihre Mitarbeiter für zwei Tage in meinen Laden. Die arbeiten dann mit uns erleben, wie tickt die Farbe und das sie der Farbe angstfrei vertrauen können. 

Christian Öhlböck: Das Christian Friseur ist, macht uns sehr authentisch. Kunden wissen das zu schätzen. Genau das gleiche gilt auch bei allen betriebswirtschaftlichen Punkten. Das ist das, wo wir uns optimal ergänzen. So können wir aufs Individuum Friseur eingehen und das ist mir sehr wichtig.

Gerät man da an seine Grenzen?
Christian Bernatzky:
Noch lange nicht. Selbst wenn wir 200 Kunden haben, werden wir noch alle persönlich kennen, wenn das nicht mehr geht, dann ist Kundenaufnahme-Stopp.

Ihr kennt alle Kunden persönlich?
Christian Bernatzky: Ja, w
ir kennen alle Kunden wirklich persönlich, waren in jedem Laden drin und das ist einfach schön.

„Was wir nicht wollen, sind Cherry Pickers.“

Muss man als Neukunde groß einsteigen?
Christian Bernatzky: Wir schnüren für jeden ein individuelles Paket. Natürlich wünschen wir uns Kunden, die mit uns als Hauptmarke arbeiten. Was wir nicht wollen, sind Cherry Pickers. Aber es ist uns klar, wenn ein Friseur auf 30m2 steht, dann bringt es nichts ihn vollzustellen. Wir schnüren die Pakete schon so, dass es auch Sinn macht.
Christian Öhlböck: Wir werden oft mit dieser Fragestellung konfrontiert und dazu gibt es ein Schlagwort, das ist „the best fit“. Was für den einen gut passt, muss für den anderen lange nicht gut sein. Dafür begleiten wir Kunden von Anfang an. Beim Beginn der Zusammenarbeit schaut der Außendienst mindestens zweimal die Woche zum Reality Check vorbei, bis wir dann diesen Best-Fit haben, der für den Friseur funktioniert. Es gibt keine Zwänge, das möchte niemand mehr.

Wie hoch ist der Verkaufsanteil im typischen Davines Salon?
Christian Öhlböck:
Das variiert, der Durchschnitt liegt bei 12%. Wir haben Kunden, die haben einen Anteil von 18% und dann gibt es welche mit 6%. Wenn wir merken, der Retailverkauf ist nicht so erfolgreich wie sich der Kunde das wünscht, dann setzen wir uns zusammen. Wir bieten auch ein spezielles Seminar an, der Elvis Faktor. Darin besprechen wir verkaufsfördernde Maßnahmen und Möglichkeiten, um den Anteil zu erhöhen.
Christian Bernatzky: Es ist eigentlich traurig, 10% sind traurig.

Was macht Davines aus?
Christian Bernatzky:
Optik! Du hast vorher gefragt, was können die Italiener gut, also die Italiener haben einen Schick. An Davines Produkten geht niemand dran vorbei, man will es einfach angreifen. Dann macht man es auf und es riecht gut. Das sind zwei Faktoren, die sehr vorteilhaft sind neben der sensationellen Wirksamkeit.

Christian Öhlböck: Ich finde die Narrative großartig. Sie erzählen sehr viele Geschichten von der Marke. Die Friseure erzählen sie gerne weiter. Kunden merken, das ist eigentlich genau das, was sie wollen und was sie sich in ihrem Leben erwarten. Und dann haben sie ein Produkt, das zu ihnen, zu ihrem Lebensstil passt. Das wird dann wie eine Liebesbeziehung, man braucht es beim Friseurtermin gar nicht mehr verkaufen, weil der Kunde sowieso davon überzeugt ist. Wir sind totale Gegner vom klassichen Verkaufen. Der Weg ist mit einer überzeugten Leichtigkeit darüber zu reden, dann geht das ganz automatisch.

Wie ist eure Preispositionierung?
Christian Bernatzky: Wir liegen in einem guten, gehobenen Durchschnitt mit 22 Euro für ein Shampoo.

Wie sieht es aus mit Rabatten?
Christian Öhlböck: Wir machen nicht diese Preistricks, schlagen 30% auf die Produkte drauf, um sie dann wieder abzuziehen. Das ist ein doofes Spiel.  Wir belohnen Loyalität am Jahresende in Form von Ausbildung und Gutschriften auf Produkte.

Wie stimmt man sein Team auf diese Schiene ein?
Christian Bernatzky: Das Davines Village in Parma ist großes Vorbild. Dort werden alle Mitarbeiterinnen zusammengebracht, da wird alles entwickelt und produziert, da wachsen die Inhaltsstoffe zum Teil im Garten.
Christian Öhlböck: Jeder einzelne Mitarbeiter bekennt sich zur Carta Ethica und commited sich zu Grundwerten und der Firmenphilosophie. Auch wir agieren genau so, wie es dort drinnen steht. Unser Team, jeder Einzelne ist da großartig.  

„…der Konsument, der uns im positiven Sinne zwingt, bewusster zu werden!“

Was sind positive Bewegungen, die ihr im Markt wahrnehmt?
Christian Bernatzky: Bewusstsein! Menschen wollen wissen, was im Produkt, das du aufträgst, drin ist und wie sich das verhält. Das ist der Konsument, der uns im positiven Sinne zwingt, bewusster zu werden.

Du bist seit 5 Jahren in dieser Branche. Was hat dich in der Branche überrascht?
Christian Öhlböck:
Im Endeffekt sind es die gleichen Spielregeln: wir versuchen unsere Kunden zufrieden zu stellen und glücklich zu machen. Positiv überrascht hat mich diese persönliche Ebene, auf der man mit Friseuren kooperieren und arbeiten kann. Mittlerweile sind viele Freundschaften entstanden. Man spricht nicht nur über das Geschäft. Unsere Kunden schätzen dieses persönlich aufeinander zugehen sehr.

Wie würdet ihr euch gegenseitig beschreiben?
Christian Bernatzky: Ich kann mich immer auf ihn verlassen. Verlässlich ist das, was er heute nicht nur für mich, sondern auch für all unsere Kunden ist. Und er kümmert sich um so viel Dinge, da mach ich mir oft Sorgen um ihn selber mache, aber er ist einfach ein Arbeitstier aus Leidenschaft.
Christian Öhlböck: In unserer Unterschiedlichkeit sind wir uns immer einig, das ist das, was uns zwei so auszeichnet, und was ich bei Christian so sehr schätze, dass ich mir wenige Situationen vorstellen kann, wo wir keine gemeinsame Lösung finden. Der Spaß an der Arbeit und der Spaß am Tun, das ist für uns persönlich die oberste Maxime.
Christian Bernatzky: Wir nehmen uns nicht immer ernst, aber respektieren uns immer!
Christian Öhlböck: Ja, das haben wir in den letzten Jahren auch gut bewiesen, wir haben ja nicht nur Davines aufgebaut, wir haben zusätzlich noch zwei weitere Betriebe miteinander.
Christian Bernatzky: Genau, wir haben eine kleine Prosecco-Bar in Salzburg und in Dornbirn einen Friseursalon!

Na das ist doch was, dann komme ich das nächste mal in eure Prosecco Bar, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Spaß miteinander.