

24.09.2025
Wer nicht wagt, verliert: Noah Wild über Preisrevolution und Marken-Reload
Motiviert mutig geht Wild Beauty Geschäftsführer Noah Wild in die Zukunft und setzt auf neue Wege, überarbeitete Marken und allem voran den Friseur…
Lieber Noah, eure erst 2022 lancierte Marke Yours Truly wird komplett neu positioniert. Ein mutiger Schritt – wie geht es dir damit?
Noah Wild: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Ehrlichkeit und Mut gehören zum Leben. Mit Yours Truly hatten wir eine super Idee, aber der Zeitpunkt war der falsche – und ein bisschen Glück hat auch gefehlt. Umso motivierter und überzeugter bin ich, jetzt eine Idee zu haben, die in die Zeit passt.
Was hätte anders bzw. besser laufen können?
NW: Im Nachhinein kann man immer sagen, man hätte hier mehr Zeit und vor allem Geld sparen können. Dann wären wir aber auch nicht in der Lage gewesen, etwas Eigenes zu machen. Darüber bin ich froh, denn der Markt und auch die Marke haben es verdient.
„Erschwinglich“ beschreibt eine wichtige Säule der Marke: Ein Shampoo liegt bei 14,50 € und damit deutlich unter vielen anderen Marken. Das ist ein ganz neues Segment für euch – wie wollt ihr das vertrieblich bedienen?
NW: Wir wollen damit eine ganz neue Zielgruppe erreichen. Es ist ja nicht unser Ziel, unseren bestehenden KundInnen einfach Produkte zu einem Drittel des Preises anzubieten. Davon hätte der Friseur, der gut verkauft, wenig: konkret, weniger Umsatz und geringere Provisionen für Mitarbeitende. (►Mehr zum neuen Yours Truly erfahren!)
Also geht auch der Außendienst in neue Salons?
NW: Wir machen das als Branche oft falsch, indem wir allen FriseurInnen alles verkaufen wollen. Es gibt da draußen aber einen großen Markt. Die Aufgabe des Außendienstes ist es, genau zu schauen, wo welche Potenziale liegen.
Na klar, jede*r ist heiß auf Neuheiten – man sieht es ja bei der IAA. Und dennoch weiß der BMW-Verkäufer: Der eine ist Kunde für den 7er, der andere für einen 5er, der nächste für einen 3er.
Es gibt ja auch eure große Marke Paul Mitchell. Was tut sich hier?
NW: Sehr viel, denn diese Marke hat sich neu erfunden und wurde einmal eben von links auf rechts gedreht. Das ist natürlich ein toller Moment für uns.
„Paul Mitchell soll keine Geschichte der Vergangenheit, sondern der Zukunft sein.“
Was ist passiert?
NW: Wir haben eine neue Generation in Amerika. Mit John Pauls Tochter Michaeline DeJoria und unserem neuen Präsidenten Jason Yates haben wir ganz neue und vor allem junge Leute. Es war Zeit, die Marke neu zu denken, um auch für jüngere Salons attraktiv zu bleiben. Paul Mitchell soll keine Geschichte der Vergangenheit, sondern der Zukunft sein.
Was ist neu?
NW: Paul Mitchell hat jetzt ein komplett neues Erscheinungsbild. Das ist ein großer Motivationsmoment fürs Team, denn wir können uns mit gestärktem Fokus auf unser Kerngeschäft besinnen. Für uns ist das ein Riesenschritt. (► Mehr zum neuen Paul Mitchell erfahren)
Gab es einen besonderen Aha-Moment in dieser Entwicklung, wo du sagst: Boah, da hat mich die Jugend voll überrascht?
NW: Ich bin ein recht kritischer Typ, aber als man mir die letzten fünf Generationen von Paul Mitchell gezeigt hat, dachte ich mir: „Wir hatten immer eine große Idee, aber stets die gleiche Optik. Wir haben nie etwas gewagt. Jetzt machen wir etwas richtig Krasses, das niemand so erwartet hat.“
Begleitet einen da auch ein wenig Angst?
NW: Mut hast du nur, wenn du an die Zukunft glaubst. Diese Rieseninvestition ist ein klares Bekenntnis zur Marke und zur Branche. Ich bin ein Freund von Dynamik – deswegen finde ich das erst mal cool und eine Mega-Chance für uns.
Der Markt fragmentiert sich immer mehr. Vor allem der Zuwachs bei Solo-Selbstständigen und Barbershops stellt viele vor Herausforderungen. Wie ist hierfür die Strategie der Wild Beauty?
NW: Einen Männerbereich in einem Salon können wir abbilden, aber Barbershops benötigen einen ganz eigenen Vertriebsweg und auch andere Produkte. Der klassische Barber hat Bock auf Labels, die kein Mensch kennt, möchte anders betreut werden und lebt in einer ganz eigenen Community. Das können wir derzeit nicht bieten. Theoretisch ist das eine große Chance für den Großhandel, aber auch der bekommt es nicht gebacken.
„Solo-Stylisten arbeiten zwar alleine, wollen aber auch dazugehören – darin liegen Chancen.“
Und Solo-Selbstständige?
NW: Solo-Selbstständige finde ich superinteressant – wir müssen hierfür Vertrieb neu denken. Direktvertrieb ist zu kostenintensiv, um diese Strukturen abzudecken. Wir brauchen neue Betreuungsmodelle und stellen uns parallel bereits breiter auf, zum Beispiel mit dem gerade eingeführten WhatsApp-Bestellservice. Diese Leute arbeiten zwar alleine, wollen aber auch dazugehören – darin liegen Chancen.
„Für uns als Familienunternehmen gibt es nur eine Zukunft: mit den FriseurInnen.“
Stichwort Zukunft! Du warst von Anfang an großer Unterstützer unseres Zukunftskongresses und hattest auch bereits für 2026 zugesagt. Wir müssen dennoch aufgrund fehlender Sponsoren den Termin absagen. Wie kann die Branche weiterhin politisch bleiben?
NW: Ich finde das sehr schade. Für inhabergeführte Familienunternehmen, hinter denen noch ein Gesicht steht, ist es einfacher, an die Zukunft der Branche zu glauben. Die Konzerne da draußen haben viele Baustellen – aber nur eine davon ist der Friseur. Für uns als Familienunternehmen gibt es nur eine Zukunft: mit den FriseurInnen.
„Die Zerfledderung der Branche wird weiter fortschreiten…“
Wir wollen weiterhin politisch bleiben. Welche Chancen siehst du?
NW: Ohne FriseurInnen haben wir als Unternehmen keine Zukunft. Deswegen ist es für uns essenziell, an der Zukunft des Friseurmarktes zu arbeiten. Politik ist ein undankbares Feld; wir haben es betreten, jetzt darf das nicht wieder einschlafen. Ich finde es schade, dass Industrieunternehmen sich nicht mehr zur Zukunft der Branche bekennen. Mein Vater (Anm.: Reinhold Wild) hätte gesagt: „Die dümmsten Kälber suchen sich ihren Schlachter selber.“ Die Zerfledderung der Branche wird weiter fortschreiten, obwohl wir gerade alle Impulsgeber – von Verbänden bis Lieferanten – versammelt hatten. Messen und Kleinevents werden das nicht abdecken. Aber es ist nicht aller Tage Abend – und gemeinsam schauen wir weiter nach vorn.
Das machen wir. Vielen Dank, Noah, für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg mit den Neupositionierungen.

