Credit: Alois Müller

26.09.2018

Thomas Wenzel – Investitionen in Tondeo und Jaguar

Als Good Cop stehen Emotionen, Pepp und 100% Solingen auf dem Programm! Am 1. Oktober 2017 übernahm Thomas Wenzel die Geschäftsführung der Marken Tondeo und Jaguar unter dem Dach UST (United Salon Technologies).

Am 1. Oktober 2017 übernahm Thomas Wenzel die Geschäftsführung der MarkenTondeo und Jaguar unter dem Dach UST (United Salon Technologies). Der erfahrene Manager, gebürtige Ruhrländer und Vater dreier Kinder lebt in Düsseldorf.

Raphaela Kirschnick traf Thomas Wenzel in Solingen zum sehr geradlinigen und offenen Gespräch über Scheren, Messer, Handwerk und schnittige Strategien…

Ich habe gestern mit Staunen Ihren Lebenslauf gelesen, Sie haben ja so ziemlich alles gemanagt: Shampoo, Reifen, Tee, Schnaps, Schokolade, Porzellan, Armaturen, Türen, Kosmetik, Kondensmilch, Turnschuhe, Tütensuppen, jetzt Scheren. Sind Sie eines morgens aufgewacht und haben sich gefragt was noch im Portfolio fehlt und sich bei Tondeo beworben?
Thomas Wenzel: (lacht herzlich) Ganz so war das nicht. In der Werhahn-Gruppe wurde jemand gesucht, der schnell verfügbar war – und so sind sie dann auf jemanden wie mich gekommen, der normalerweise kurzfristige Einsätze macht.

Also sind Sie 2019 wieder dahin?
TW:
Nein, ich habe gar nicht lange überlegen müssen länger zu bleiben; zumal ich die meiste Zeit meiner beruflichen Laufbahn im Bereich Beauty tätig war. Es passt also sehr gut.

Was ist Ihr erster Eindruck von der Friseurbranche?
TW:
Bunt, schillernd, interessante Typen. Sie ist viel kommunikativer als jede Branche, die ich bisher kennengelernt habe.

Christian Strasoldo war knapp ein Jahr dabei, als er an Sie übergab. Man hört, seine Aufgabe war es „Aufzuräumen“.
TW:
Er hat die Struktur im Unternehmen neu aufgestellt. Das Thema Kosten stand im Vordergrund. Auf dieser Basis muss ich mich jetzt weniger um Kosten kümmern, sondern kann nach vorne blicken, die Zukunft gestalten und überlegen, wo wir investieren.

Sie sind also jetzt der „Good Cop“?
TW:
Wir investieren im Moment sehr viel – es geht hier zum Teil um sechsstellige Beträge und es gab eine gute Vorarbeit von Herrn Strasoldo.

Was ist die größte Herausforderung für UST?
TW:
Wir haben drei Dinge, die im Vordergrund stehen! Erstens ist die Positionierung der Marke Tondeo im Premiumbereich emotionaler zu gestalten und eindeutig zu schärfen. Tondeo‘s Nähe zum Friseur werden wir weiter stärken.

Der zweite Fokus ist die Marke Jaguar so peppig zu halten, wie sie ist. Die Marke wächst auch in schwierigen Jahren und da dürfen wir nicht den Fuß vom Gaspedal nehmen. Wir investieren in Tondeo, aber nicht zulasten von Jaguar.

Im dritten Bereich müssen wir in Sachen Produktivität und Lieferperformance noch besser werden. Hier investieren wir massiv. Die großen Beträge fließen alle ins Werk.

„Wir wollen 100% Solingen sein.“

 

Die Produktion bleibt also in Solingen?
TW:
Definitiv. Wir werden vielleicht sogar Randbereiche zurückholen. Wir wollen 100% Solingen sein.

Ist Preispositionierung ein Thema?
TW:
Preispositionierung ist in der heutigen Zeit immer ein Thema. Im hochpreisigen Bereich diskutiert natürlich keiner, ob eine Schere 550 oder 530 Euro kostet. Wenn man aber mit regelmäßigen Preiserhöhungen Preisschwellen überschreitet, dann ist das schon ein Thema.

Welche Preisschwellen gibt es bei Scheren?
TW:
Bis 100€ ist immer der Einstieg, z.B. für Azubis. Das Mittelpreissegment geht bis etwa 300€. Dann geht es schon über in Premium mit bis zu 700€ und darüber.

Gibt es Verkaufszahlen pro Segment?
TW:
Wir sind gerade dabei, unsere Zahlen durch eine Studie mit einem unabhängigen Marktforschungsinstitut auf den neuesten Stand zu bringen.

Bei vielen Dingen spart der Friseur und dann gibt er für die Schere 200€ aus?
TW:
Ja, das macht er ganz richtig (lacht). Das ist das Hauptwerkzeug des Friseurs, das hat er immer in der Hand. Oft legt die ganze Familie von Azubis zusammen, damit sie sich eine wirklich tolle Schere kaufen können. Es gibt aber auch einen großen Teil, der empfänglich ist für Preisangebote.

Letzte Woche gab es den großen Hype um den Calligraphen und Frank Brormann. Er hat gezeigt, dass Haare mit einem Scherenschnitt fransig werden. Was sagen Sie einem Friseur, der jetzt an der Schere zweifelt?
TW:
Wir sagen erstmal: Das ist Quatsch. Ganz einfach. Die Schere wird seit Jahrhunderten verwendet. Eine gute, qualitative, gut geschliffene Schere macht die Haare nicht kaputt. Das ist einfach nur Marketing.

Die Bilder sind natürlich einprägsam!
TW:
Wir arbeiten auch seit Jahren mit solchen Mikroskop-Bildern. Es kommt doch darauf an, was man drunter legt. Natürlich gibt es Strukturen, die fransig aussehen, aber man kann deshalb nicht sagen, dass jede Schere das macht. Das hängt immer davon ab, ob das Haar trocken oder nass ist und ob die Schere geschliffen oder stumpf ist.

„Der Profi-Scherenmarkt hat einen Wert von 13-15 Millionen Euro pro Jahr…“

Wie groß ist eigentlich das Markt-Potential für Scheren/ Messer?
TW:
Unsere Marktforschung zeigt, dass der gesamte deutsche Profi-Scherenmarkt einen Wert von 13-15 Millionen Euro pro Jahr hat. Das ist nicht so viel und der Tool-Markt ist extrem konservativ. Wenn hier jemand 10% des Marktes holen will, dann muss er schon extrem gut sein, da werden die Investoren nicht glücklich.

Hat es bei Ihnen die Nachfrage nach Messern erhöht?
TW: Überhaupt nicht. Man muss immer unterscheiden, was ein Hype in den sozialen Netzwerken macht und was davon dann tatsächlich im Verkauf sichtbar ist. Ein paar haben angerufen und gefragt, was denn nun mit ihrer Schere sei, aber 99,9% haben nicht gefragt.

Was ist denn Ihre Friseurerfahrung?
TW:
Früher, als kleiner Junge habe ich Messerhaarschnitte gehasst, das hat immer nur geziept. Das war meine schlimmste Friseurerfahrung! Heute gehe ich alle 4 Wochen zum Friseur und das gerne.

Was wünschen Sie sich für die Branche?
TW:
Das Produkt, das der Friseur verkauft, hat zu wenig Wertschätzung. Das ist schade, wenn man überlegt wieviel Kreativität, Begeisterung und Handwerkskunst dahintersteht. Was mich wirklich fasziniert ist die Anzahl engagierter Friseure, die man auf der Straße gar nicht unbedingt kennt oder sieht. Das sollte kommuniziert werden, diese großartigen aktiven Menschen in unserer Branche.

Herr Wenzel, vielen Dank für Ihre Offenheit, ich wünsche weiterhin viel Erfolg und Spaß in dieser bunten Branche.