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12.07.2024

Schwarzarbeit bleibt Kavaliersdelikt - Diese Maßnahmen könnten helfen

Von Schönheitspflege, Friseur, Massage über Hausbau bis zur Autoreparatur … Österreicherinnen und Östereicher lassen das besonders oft und ohne schlechtes Gewissen „schwarz“ erledigen. Ökonom und Schwarzarbeitsexperte Friedrich Schneider schätzt das Jahresvolumen der Schwarzarbeit heuer auf 34,5 Milliarden Euro.

Schwarzarbeit liegt in Österreich immer noch an der Spitze der akzeptierten Kavaliersdelikte, das zeigt die jüngste Studie vom Experten für Schwarzarbeit, Ökonom Friedrich Schneider aus Linz. Die Studie liegt der imSalon Redaktion vor.

Friedrich Schneider ist anerkannter Experte unter anderem für Schattenwirtschaft, Steuerhinterziehung und organisierte Kriminalität. Wir sprachen mit Herrn Professor Schneider auch zu Lösungsansätzen im Friseurmarkt.

2024 wird die Schattenwirtschaft in Österreich insgesamt 34,5 Mrd. € betragen. Das sind 7,5 % des BIP und ein Anstieg von 3,8 % zu 2023. Laut Friedrich Schneider dient die Schattenwirtschaft auch als Puffer für Einkommensverluste durch Inflation und höhere Energiepreise.

Pfuschmoral

Fast zwei Drittel der Österreicher finden es in Ordnung, Dinge „im Pfusch“ erledigen zu lassen. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung findet auch nichts dabei, selbst zu pfuschen. Das zeigt die von Friedrich Schneider in Auftrag gegebene repräsentative Befragung vom Januar 2024.

Am häufigsten lassen die ÖsterreicherInnen Arbeiten rund um den Hausbau von Pfuschern erledigen. Aber auch Friseurdienstleistung, Massagen und haushaltsnahe Dienstleistungen sind beliebte Schwarzarbeit.

Knapp zwei Drittel der Befragten geben an, dass durch Pfusch vieles erst leistbar werde.

Jeder Zweite nennt die hohe Steuerbelastung als Grund für die Schwarzarbeit und rechtfertigt damit die Nutzung von Pfusch. 79 % der 1.000 Befragten sind der Ansicht, dass der Staat mit Steuergeld verschwenderisch umgeht. So redet man sich die eigene Nutzung der illegalen Schwarzarbeit schön.
 

Wer arbeitet schwarz?

66 % sind "Nebenerwerbs-Schwarzarbeiter", die selbstständig oder unselbstständig in einem offiziellen Job, Teilzeit oder Vollzeit, beschäftigt sind, mit dem sie Steuern und Abgaben zahlen. Ihre nebenbei schwarz geleisteten Überstunden lassen sie nicht versteuern.

16 % gehen auf organisierte Kriminalität zurück.

17 % gehen auf offiziell Arbeitslose und FrühpensionistInnen zurück.
 

Auswirkungen und Verlierer

40 % der Pfuschtätigkeiten würden in der offiziellen Wirtschaft und zu den offiziellen Preisen gar nicht nachgefragt, so Friedrich Schneider. Viele Häuser und Eigenheime gäbe es ohne Pfusch gar nicht. Außerdem würden zwei Drittel des im Pfusch verdienten Geldes wieder in die offizielle Wirtschaft in Österreich zurückfließen.

Der größte Verlierer ist der Staat, dem Steuern und vor allem Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 1,5 bis 2,5 Milliarden Euro pro Jahr entgehen. Ein weiterer Verlierer sind die Krankenversicherungen, die die höheren Kosten durch zusätzliche Unfälle bzw. Arbeitsunfähigkeit der Pfuscher tragen müssen.

Ein weiterer großer Verlierer ist der ehrliche Handwerksbetrieb, der nicht pfuscht und geschädigt wird, weil ihnen Aufträge entgehen. Andere gewinnen, da sie beim Pfusch ein Auge zudrücken, ein Teil mit Rechnung und ein Teil im Pfusch erledigen, wobei das Material über die Firma bezogen wird.

Lösungen

Als wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit schlägt Friedrich Schneider verschiedene Maßnahmen vor:

  • Fortführung der steuerlichen Absetzbarkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen und Investitionen im Haushalt in Höhe von 2.000 Euro pro Haushalt und Jahr.
  • Absetzbarkeit der persönlichen Dienstleistung, wie den Friseurbesuch
  • Fortführung Handwerkerbonus, der die Schwarzarbeit um 900 Millionen Euro pro Jahr reduziere.
  • Senkung der Lohnnebenkosten
  • Ausschluss: Firmen, die schwarz arbeiten oder schwarz arbeiten lassen, sollten für drei bis fünf Jahre von öffentlichen Auftragsvergaben ausgeschlossen werden.

Pfuschschaden im Friseurhandwerk

Auch das Friseurhandwerk ist massiv von Schwarzarbeit betroffen. Als personalintensive Dienstleister leiden vor allem jene Unternehmen am unfairen Wettbewerb, die Steuern zahlen, Arbeitsplätze sichern und aktiv ausbilden.

Durch die unfairen Wettbewerbsbedingungen zahlen diese doppelt drauf, finanzieren Ausbildung und Branchennachwuchs, zahlen Steuern, zahlen Lohnkosten und verlieren Kunden an jene, die Preise exklusive anfallender Kostenposten anbieten können.

Die Bundesinnung der Friseure hat das Schwarzarbeitsvolumen für die Branche errechnen lassen. Mit einem geschätzten Schwarzarbeitsumsatz von 205,5 Mio. € zählen Friseure zu einer Branche, in der die Schattenwirtschaft deutlich ausgeprägt ist. Die Bundesinnung plädiert dabei auf die Reduktion des USt.-Satzes, die bis zu 9,9 Mio. € an Umsatz aus der Schattenwirtschaft in die offizielle Wirtschaft verlagern könnte. Mehr dazu im aktuellen One-Pager  ► FORDERUNGEN FRISEURHANDWERK und unserem Exklusivinterview mit ► Wolfgang Eder