16.01.2019
Reaktionen auf das neue Berufsbild FriseurIn
Von Freude, das etwas passiert, über Unfassbarkeit ob der Langwierigkeit bis hin zu Unverständnis über die Änderung der Inhalte. Das eue Berufsbild wirft noch Fragen auf.
Nebst einiger Facebook-Kommentare erhielten wir auch einige Anrufe und Kommentare zum neuen Berufsbild.
Während die meisten Friseure froh darüber sind, dass sich etwas bewegt und hoffentlich nun eine Reihe von Änderungen angeschoben wird, gibt es auch einige Unternehmer, die sich kritisch mit den Inhalten auseinandersetzen.
Gerne teilen wir mit euch ein Schreiben von Intercoiffure Präsident, Ausbilder, Salonunternehmer und Friseur Peter.F.Pfister.
Veröffentlichung des Kommentars von Peter F. Pfister im Original Wortlaut:
DANKE an „imSalon.at" dass ich als Inhaber eines der größeren Ausbildungsbetriebe Österreichs in unserer Branche (staatliche Auszeichnung seit 1993 und Tiroler
Landesauszeichnung seit 2000 mit insgesamt über 350 ausgebildeten Lehrlingen) erstmals über diese „Reform“ erfahre. (imSalon berichtete vom neuen Berufsbild Friseur)
Dass es Reformen in Berufsbild und Ausbildung geben muss ist absolut richtig, wobei das „wie“ vielleicht deutlicher erklärt werden sollte. So wie sich die Kernaussagen hier lesen erscheint mir nicht wirklich auf Qualität gesetzt worden zu sein. In unserem Beruf sollte sowohl die Lehre als auch die Meisterprüfung komplett durchforstet werden. Auch sollten wir besonders bei der Meisterprüfung auf ein einheitliches Niveau in ganz Österreich kommen und die dafür derzeitigen Vorlagen auf deren Richtigkeit überprüfen.
Zu den Punkten im Interview:
- Das anscheinend wichtigste: „Perückenmachen“ weg: Nun ist mir absolut bewusst, dass bereits in der Vergangenheit der Fokus vom Knüpfen einer ganzen Perücke weg genommen wurde. Dass der Friseur in Zukunft aber gar keine Ahnung mehr vom Thema haben soll erscheint mir nicht in Ordnung! Es wäre sinnvoll, den angehenden FriseurInnen das richtige Aufsetzen von Perücken, das Anpassen und Zuschneiden von Perücken und Haarteilen (Toupets) richtig zu erlernen als das Thema mit Freude (endlich weg) zu reduzieren. Aber vielleicht ist es auch gut so, dann soll es aber in Zukunft nur noch Spezialgeschäfte geben und der dann „ahnungslose“ Friseur darf gar keine Perücken mehr verkaufen.
- Fokus vermehrt auf Praxisarbeit in Basistechniken … Das soll sich wohl auf die Berufsschule beziehen? Denn freiwerdende Ausbildungszeit im Salon wird es wohl kaum geben - oder können Sie mir einen Salon nennen, wo mit einem Lehrling Perücken geknüpft werden? und in der Berufsschule … nach welchen Kriterien werden dort diese Basistechniken gelehrt? Soll dies den Vorgaben der Meisterprüfung entsprechen? Dort gibt es nämlich Prüfungsvorlagen in denen offensichtlich technische Fehler als Prüfungsarbeit verlangt werden, für die es in der Berufsschule noch einen „Fünfer“ geben würde???
- Make-up und Visagistik … das ist schön und gut … Warum aber das Wort überhaupt verwenden, wenn es dann nicht vorkommen darf? Schreibt doch einfach „typgerechtes Schminken zu diversen Anlässen“ Das bringt es auf den Punkt und ist genau das was wir benötigen.
- Digitalisierung ist spannend und sicher ein nicht mehr wegzudenkendes Hilfsmittel unserer Zeit. Wie sinnvoll der Umgang mit Registrierkassen und Onlineterminisierung für einen Lehrling ist, sei dahingestellt.
WO bleibt das Thema „Barbier“ oder „Herrenfriseur“ als eigenständig mögliches Berufsbild? … Von Seiten der Lehrlingsstelle wird erklärt, dass bei einem Herrenfriseur gewissen Arbeiten für eine ganzheitliche Ausbildung nicht gegeben sind und deshalb ein reiner Herrenfriseur keine Lehrlinge ausbilden darf.
Umgekehrt stelle ich die Frage: Warum darf ein Damensalon einen Lehrling alleine ausbilden, wenn in drei Jahren keine Herrenkunden gemacht werden? (Färben, Strähnen, Augenbehandlungen ja sogar Dauerwellen können durchaus auch in einem Herrensalon vorkommen) Das ist wohl auch ein Thema einer Bildungsreform!?!? oder einer vernünftigen Information der Büroverantwortlichen an den Lehrlingsstellen!
Welchen Schwerpunkt behält bzw. erhält das Thema „Umformung“? oder will man das auch aus dem Berufsbild raus nehmen, weil junge Friseure bis zum Alter von 35 kaum mehr Ahnung davon haben? Wie sieht es mit dem Schwerpunkt BERATUNG und Kommunikation aus? Seit über 20 Jahren behauptet JEDE Statistik, dass Friseure zwar glauben gut zu beraten, Kundinnen und Kunden sich aber zu rund 90% schlecht oder garnicht beraten fühlen!
Ich gehe davon aus, dass BIM Wolfgang Eder hier nur einen Teil der Veränderungen erwähnt hat und ich hoffe, dass bei den erwähnten österreichischen Geschwindigkeiten solcher Reformen noch einiges Platz findet.
Peter F. Pfister ist
Friseur- und Perückenmachermeister, Visagist
Inhaber eines staatlich ausgezeichneten Ausbildungsbetriebes
und vom Land Tirol mehrfach ausgezeichneten Lehrbetrieb
Gewinner des „Globe Educator Awards“