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08.04.2022

Massive Finanzkontrollen im deutschen Friseurhandwerk: über 1.000 Betriebe und 3.000 FriseurInnen überprüft

Bundesweit haben mehrere deutsche Hauptzollämter Friseursalons und ihre Mitarbeiter*innen überprüft. Die Kontrollen zeigen massive Verstöße bei der Einhaltung von Arbeitsbedingungen, die unter anderem Grundlage für Schwarzarbeit sind …

Die deutsche Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) der Zollverwaltung führt ganzjährig regelmäßig sowohl bundesweite als auch regionale Schwerpunktprüfungen mit einem erhöhten Personaleinsatz durch. Am Dienstag, 5. April 2022, wurden in ganz Deutshcland Schwerpunktprüfungen vollzogen. Die Beschäftigten der regionalen Hauptzollämter kontrollierten insbesondere die Einhaltung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten, den unrechtmäßigen Bezug von Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld I und II, die Mindestarbeitsbedingungen und Arbeitgeberpflichten nach dem Mindestlohngesetz sowie die illegale Beschäftigung von Ausländern.

Bei Prüfungen von Friseursalons und Barbershops spielen vor allem Verstöße aus den Bereichen Sozialversicherungsrecht, Mindestlohn und Scheinselbständigkeit eine Rolle.

Die bundesweite Bilanz:

Hauptzollamt Bielefeld

Eine Vielzahl von Friseursalons und Barbershops sowie die dort tätigen 284 Arbeitnehmer*innen wurden von 76 Beschäftigten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Hauptzollamts Bielefeld gezielt überprüft.

In 97 Fällen gaben die Kontrollmaßnahmen Anlass zu weitergehenden Prüfungen durch die FKS.

Hauptzollamt Dortmund

155 Friseursalons und Barbershops sowie die dort tätigen 416 Arbeitnehmer*innen wurden von 109 Beschäftigten der FKS des Hauptzollamts Dortmund - teilweise gemeinsam mit Beschäftigten des Finanzamts - gezielt überprüft. Der Fokus lag auf Dortmund / Gelsenkirchen / Hagen / Siegen. 

Bei den Kontrollen ergaben sich nach bisherigen Erkenntnissen 76 Sachverhalte, die weitere Prüfungen durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit erfordern. Im Einzelnen ergaben sich in

  • 49 Fällen Anhaltspunkte für den Verstoß gegen die Zahlung des Mindestlohnes
  • 11 Fällen Anhaltspunkte für Beitragsvorenthaltung, also keine Anmeldung oder Beitragszahlung an die Sozialversicherungen
  • 4 Fällen Anhaltspunkte für Ausländerbeschäftigung (ohne Arbeitserlaubnis)
  • 12 Fällen Anhaltspunkte für Leistungsmissbrauch, in denen die Arbeitnehmer*innen den leistungsgewährenden Stellen ihre Arbeitsaufnahme verschwiegen haben

Hauptzollamt Dresden

Die FKS des Hauptzollamtes Dresden kontrollierte 132 Friseursalons und Barbershops sowie die dort tätigen 335 Arbeitnehmer*innen.

Fokus setzten die rund 100 Zöllner*innen, neben der Region Dresden auch in den Landkreisen Meißen, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Leipzig, Nord- und Mittelsachsen.

Hauptzollamt Frankfurt am Main 

14 Friseursalons und Barbershops sowie die dort tätigen 29 Arbeitnehmer*innen wurden von der FKS des Hauptzollamtes Frankfurt am Main überprüft. 27 Zöllnerinnen und Zöllner waren im Einsatz. Der Fokus lag im Frankfurter Stadtgebiet.

Nach ersten Erkenntnissen ergab sich bei der Kontrollaktion des Hauptzollamtes Frankfurt am Main zweimal der Verdacht auf Scheinselbständigkeit und in 3 Fällen Hinweise auf  Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz.

Hauptzollamt Gießen 

Bei Schwerpunktkontrollen der FKS des Zolls haben mehr als 120 Zöllner*innen des Hauptzollamtes Gießen gezielt 120Friseursalons und Barbershops in Nord-, Ost- und Mittelhessen überprüft. Die Finanzkontrolleure wurden zum Teil von Bediensteten der Steuerfahndung, der Kreishandwerkerschaft und von speziellen Finanzamtsprüfern für elektronische Kassensystem begleitet.

Es wurden die Beschäftigungsverhältnisse von 575 Arbeitnehmer*innen überprüft.

In 7 Fällen wurden Strafverfahren wegen des Verdachts auf Betrug, Steuerhinterziehung und Vorenthalten von Sozialabgaben eingeleitet. In weiteren 8 Fällen wurden Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Davon siebenmal wegen Mindestlohnverstößen und einmal wegen der Beschäftigung eines Ausländers ohne erforderliche Arbeitsgenehmigung. In einem Salon in Bad Hersfeld war ein Mann seit 2017 in mehreren Friseurgeschäften angemeldet ohne aber dafür einen gültigen Aufenthaltstitel und eine Arbeitsgenehmigung zu besitzen. In Kassel trafen die Kontrolleure auf eine Frau, die angeblich 70 Stunden im Monat für 160 Euro arbeitet. Zeitgleich bezieht sie Sozialleistungen vom Jobcenter und hat die Tätigkeit dort auch gemeldet. Hier besteht der Verdacht, dass sie erheblich mehr Lohn bekommt. Gegen sie wurde ein Verfahren wegen Leistungsbetrugs eingeleitet. Auch gegen ihren Arbeitgeber wurden Ermittlungen eingeleitet. Seine Geschäftsräume wurden auf richterliche Anordnung hin sogleich durchsucht.

Hauptzollamt Hannover 

Insgesamt wurden über 185 Arbeitnehmer*innen in fast 80 Betrieben zu ihrem Beschäftigungsverhältnis befragt.

Die Beamten des Hauptzollamts Hannover waren dabei mit über 40 Beschäftigten im Umland von Hannover und Lüneburg im Einsatz.

Erfreulicherweise konnten bislang lediglich in wenigen Fällen Verstöße festgestellt werden. So ergab sich in einigen Fällen der Verdacht auf einen Meldeverstoß zur Sozialversicherung sowie auf eine Unterschreitung des Mindestlohns.

Hauptzollamt Heilbronn

61 Friseursalons und Barbershops sowie die dort tätigen 144 Arbeitnehmer*innen wurden von 38 Beschäftigten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Hauptzollamts Heilbronn gezielt überprüft. Die FKS Heilbronn wurde von insgesamt acht Beschäftigten der Steuerverwaltung begleitet und unterstützt.

Bei Prüfungen von Friseursalons und Barbershops spielen vor allem Verstöße aus den Bereichen des Sozialversicherungsrechts, des Mindestlohns und der Scheinselbständigkeit eine Rolle. Neben den vor Ort durchgeführten 144 Befragungen der angetroffenen Personen zu ihren Beschäftigungsverhältnissen wurden bei den Maßnahmen zusätzlich 43 Geschäftsunterlagenprüfungen vorgenommen. Die Prüfmaßnahmen fanden in Betrieben im gesamten Zuständigkeitsbereich von morgens bis in die frühen Abendstunden statt.

Wegen folgender Feststellungen bzw. Anhaltspunkte auf Verstöße schließen sich in insgesamt 33 Fällen weitere Maßnahmen und Prüfungen an:

   - Verstöße gegen die Meldepflichten zur Sozialversicherung: 7 Sachverhalte,

   - Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt: 3 Sachverhalte,

   - Mindestlohnverstöße: 17 Sachverhalte,

   - Arbeitsgenehmigungsverstöße: 4 Sachverhalte

   - 1 Leistungsmissbrauch und Verstoß gegen die Handwerksordnung

"Der überwiegende Teil der Sachverhalte, denen die Kolleginnen und Kollegen der FKS jetzt nachgehen werden, ergab sich nicht in überprüften Friseurbetrieben, sondern in den Barbershops," so Marcel Schröder, Pressesprecher des Hauptzollamts Heilbronn.

Hauptzollamt Kiel 

Im Rahmen der Schwerpunktprüfung kontrollierten Zöllner*innen der FKS des Hauptzollamts Kiel in 56 Friseurläden und Barbershops 136 dort arbeitende Beschäftigte. Geprüft wurde in den Städten und Gemeinden Kiel, Rendsburg, Neumünster, Plön, Lübeck, Bad Schwartau, Stockelsdorf, Oldenburg, Fehmarn, Mölln, Lauenburg, Lensahn, Schwarzenbek, Geesthacht, Bad Oldesloe, Neustadt, Eutin, Ratzeburg, Ahrensburg und Reinfeld.

Vor Ort ergaben sich in mehreren Betrieben erste Hinweise auf Verstöße. In 9 Fällen besteht der Anfangsverdacht eines Mindestlohnverstoßes nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG). In weiteren 6 Fällen ist zu prüfen, ob Leistungsmissbrauch vorliegt, da diese Arbeitnehmer*innen Sozialleistungen beziehen. In 3 Fällen wurden Arbeitnehmer*innen ohne gültige Arbeitserlaubnis festgestellt.

Hier wurden in 2 Fällen gegen sie und ihre Arbeitgeber*innen Strafverfahren wegen illegaler Beschäftigung ohne gültige Arbeitserlaubnis und Beihilfe zu illegaler Beschäftigung ohne gültige Arbeitserlaubnis nach § 95 Abs.1 Nr.2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und § 95 (1) Nr.2 AufenthG i.V.m. § 27 StGB eingeleitet. Ihnen drohen Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr oder Geldstrafen. Zusätzlich wurden 2 Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 404 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch III (SGB III) eingeleitet. Sofern die Strafverfahren eingestellt werden, drohen den betroffenen Arbeitgeber*innen im Rahmen dieser Ordnungswidrigkeitenverfahren Geldbußen bis zu 500.000 Euro. Den betroffenen Arbeitnehmer*innen drohen Geldbußen bis zu 5.000 EUR.

Hauptzollamt Köln 

Geprüft wurden 135 Friseursalons und Barbershops sowie die dort tätigen 340 Arbeitnehmer*innen in Köln: 69 Geschäfte/ 157 Personen , Bonn: 7/25, Leverkusen: 12/40, dem Rhein-Sieg-Kreis (Troisdorf, Siegburg, Hennef, Meckenheim, Bornheim): 14/37, dem Rhein-Erft-Kries (Bergheim, Brühl, Erftstadt, Kerpen, Frechen, Bedburg, Elsdorf): 19/47 und dem Oberbergischen Kreis (Waldbröl, Hückeswagen): 14/34 wurden von 85 Beschäftigten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Hauptzollamts Köln überprüft.

Die weitere Bilanz der Maßnahme:

  • in 6 Fällen werden Ermittlungen wegen fehlender Meldungen zur Sozialversicherung aufgenommen
  • 4x Missbrauch von Sozialleistungen (Leistungsbetrug)
  • 3 Arbeitnehmer wurden ohne die erforderliche Arbeitserlaubnis angetroffen

Hauptzollamt München

84 Friseursalons und Barbershops sowie die dort tätigen 172 Arbeitnehmer*innen wurden von rund 80 Beschäftigten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Hauptzollamts München gezielt überprüft.

Hauptzollamt Oldenburg

33 Friseursalons und Barbershops sowie die dort tätigen 81 Arbeitnehmer*innen wurden von 19 Zöllner*innen  der FKS des Hauptzollamts Oldenburg gezielt überprüft.

Der Kontrollfokus lag auf den Großräumen Brake, Jever, Hude und Friesoythe.

In 25 Fällen geben die Kontrollergebnisse Anlass zu weitergehenden Nachprüfungen durch die FKS.

Hauptzollamt Rosenheim

102 Friseursalons und Barbershops sowie die dort tätigen 181 Arbeitnehmer*innen wurden von 68 Beschäftigten der Standorte Traunstein, Weilheim und Rosenheim der FKS des Hauptzollamts Rosenheim sowie 7 Prüfern des Finanzamts gezielt überprüft.

In 23 Fällen sind weitergehende Überprüfungen notwendig, bereits am Kontrolltag wurden 4 Verfahren aufgrund von Verstößen gegen das Melde-, Arbeitserlaubnis- und Aufenthaltsrecht eingeleitet.

Hauptzollamt Saarbrücken 

69 Friseursalons und Barbershops sowie die dort tätigen 142 Arbeitnehmer*innen wurden von 49 Beschäftigten der FKS des Hauptzollamts Saarbrücken im Saarland und südliches Rheinland-Pfalz gezielt überprüft.

Die Prüfungen führten zu folgenden Verdachtsmomenten:

  • 13 x Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (fehlende Anmeldung zur Sozialversicherung)
  • 10 x Mindestlohnverstoß
  • 10 x Leistungsmissbrauch (unrechtmäßiger Bezug von Sozialleistungen)
  • 2 x unerlaubte Ausländerbeschäftigung

Im Saarland wurden die Kontrollen durch insgesamt 9 Bedienstete des Finanzamts Saarbrücken unterstützt, die in den jeweiligen Unternehmen eine Prüfung der Kasseneinnahmen und Kassenausgaben durchführten.