31.05.2024
"Keine Jahrmarktaktionen, sondern weiterhin optimale Beratung"
Y.S.Park, Joewell und e-kwip sind die Marken aus dem Hause Haaro, dahinter steckt viel Liebe zur Markenarbeit, Fokus auf Großhandels Verkaufsoptimierung und Traditionen, mit denen man nicht bricht....
Raphaela Kirschnick im Gespräch mit dem Haaro Team Michael Schlömer, Christian Müller und Lars Nökel
Wie geht es dem Unternehmen Haaro aktuell?
Michael Schlömer: Wir befinden uns in einer herausfordernden Marktsituation, die in ganz Europa durch viele negative Faktoren geprägt ist. Als Stichpunkte seien nur genannt: Corona-Nachwirkung, Inflation, Energiekosten, Fachkräfte- und Nachwuchsmangel,
Zusätzlich beobachten wir in Deutschland eine sehr unübersichtliche Entwicklung im Großhandelsmarkt, der ja unser klassischer Hauptvertriebspartner ist.
Vor diesem Hintergrund sind wir mit den letzten Jahren außerordentlich zufrieden, dürfen uns aber nicht zu sicher fühlen und müssen zudem immer die Kosten im Blick behalten.
Von welcher unübersichtlichen Entwicklung im Großhandelsmarkt sprichst du?
MS: Mit 'fpe' ist uns einer unserer größten Kunden abhandengekommen. Es gibt neue Geschäftsleitungen, neue Ansprechpartner, das hat Auswirkungen.
Wie entwickeln sich die unterschiedlichen Vertriebskanäle für euch?
MS: Der Großhandel ist und bleibt unser absoluter Haupt-Vertriebskanal. Wir verspüren eine sehr große Akzeptanz unserer Produkte im Fachhandel. Neben der Produktentwicklung fließt ein Großteil unserer Arbeit in die maßgeschneiderte Entwicklung von Verkaufstools für den Handel. Als Beispiele seien hier nur zu nennen, die Scherenmatrix, die Außendienst Videobox, diverse von uns produzierte Produktvideos und unsere Nextcloud, mit einer riesigen Datenbank mit digitalem Bildmaterial zum freien Download. Die Außendienstmitarbeitenden des Großhandels sind für uns der entscheidende Erfolgsfaktor und wir versuchen uns immer, in sie hineinzuversetzen und ihnen die Tools & Skills an die Hand zu geben, ihren Kunden eine bestmögliche Beratung zu gewährleisten.
Lars Nöckel: Im B2B Bereich entwickelt sich unser Webshop immer besser, was uns die Auftragsabwicklung sehr erleichtert. Wir haben zudem einen Webshop B2B Webshop für unsere Großhandelskunden eingerichtet, in dem unsere Kunden Ihre Bestellungen direkt in unser System eingeben können. Diese wird auch immer häufiger genutzt. Das direkte Salon-Online-Geschäft spielt bei uns umsatztechnisch aktuell keine große Rolle. Als Informations- und Serviceportal für den Endkunden jedoch umso mehr. Hier wollen wir zukünftig eine stärkere Position einnehmen.
Ihr seid ein starkes Dreierteam, wie teilt ihr Verantwortlichkeiten?
MS: Zuallererst möchte ich klarstellen, dass ohne unser Top-Office Team, im Wesentlichen bestehend aus Annette Köhler und Christine Gemke gar nichts gehen würde. Was uns drei angeht, ist Christian bei uns der Großhandelsexperte. Er ist für die inhaltliche Komponente des, vor allem inländischen Geschäfts zuständig, plant und entwickelt die Sortimente, koordiniert die laufenden Aktionen und leitet den Einkauf aus Asien.
Lars ist verantwortlich für alle IT-Themen und ist zudem unser Personalchef. Im Verkauf ist er für unser Benelux Geschäft verantwortlich und wird zunehmend auch die weiteren Märkte bearbeiten. Geplant wird er in 2027 die Geschäftsleitung übernehmen.
Und ich bin als Geschäftsführer immer noch für die finale Strategie verantwortlich und kümmere mich hauptsächlich um die Kundenbetreuung im In- und Ausland, wobei der skandinavische Markt eine wichtige Rolle spielt.
Hochpreisig vs. Niedrigpreisig – Wie hat sich das Kaufverhalten bei Scheren im Markt verändert?
Christian Müller: Der Markt für sehr hochpreisige Scheren als Luxusobjekt ist aktuell etwas rückläufig. Da wird doch schon häufiger gespart. Kunden wünschen und fordern jedoch eine gute Beratung und sind dann auch bereit einen fairen, angemessenen Preis für ihr Werkzeug zu zahlen.
Gibt es eine Schmerzgrenze beim Scherenkauf?
CM: Aktuell liegt diese bei ca. 300 €. Vor allem auf Messen hat man früher gerne sehr teure Scheren gekauft, auch das hat sich geändert.
Wie hat sich die eigens entwickelte Scherenmarke e-kwip etabliert?
LN: e-kwip als Eigenmarke gibt es ja schon seit über 20 Jahren. Neu ist das Upgrade auf e-kwip+ (plus) mit der 3-Jahres gratis Servicepauschale. E-kwip+ wird vom Markt extrem gut angenommen, vor allem weil es sowohl dem Salonkunden, als auch dem Verkaufsberater ein extrem hohes Sicherheitsgefühl bei so einem empfindlichen Werkzeug gibt.
Was kostet eigentlich ein Schleifservice?
CM: Ca. 40,- Euro, Kunden erhalten das gratis zum e-kwip+ Scherenkauf für drei Jahre dazu. Das ist ein Riesenplus für diese Scheren. Dieser Service wird gut genutzt, mindestens einmal jährlich. Das hat den zusätzlichen Nutzen, dass wir auch sicherstellen können, dass die Schere immer in qualitativem Topzustand ist.
Sind Neuheiten bei e-kwip geplant?
LN: Für e-kwip+ sind aktuell einige Neuheiten in der Pipeline. Aktuell kommen die ersten beiden Modelle unserer anwendungsbezogenen TEC-System Scheren auf den Markt, von denen es zukünftig noch weitere Modelle geben wird. Für jede Schnitttechnik gibt es eine individualisierte Schere. Das ist wie auf dem Golfplatz, für jeden Schlag einen eigenen perfekten Schläger.
Wie hat sich die schöne e-kwip Nature Schere mit Holzgriff etabliert?
CM: Diese hat unsere Erwartungen übererfüllt, dennoch bleibt es ein Nischenprodukt für Liebhaber. Jetzt kommt ein Messer mit Holzgriff und wir verfolgen das Thema weiter, aber eine Trendwende für Holztools haben wir hier nicht gesetzt.
Wie hat sich das Kaufverhalten auf der Messe verändert? Wie war die Top Hair 2024 für euch?
MS: Für uns war es die zweitbeste Top Hair ever, dennoch hatte die Messe für uns zwei Gesichter. Einerseits war die Nachfrage nach den Y.S. Park Kämmen, -Bürsten und -Tools nach wie vor ungebrochen. Das zeigt uns, wie viel Potenzial in dieser Marke steckt.
Bei Scheren haben wir uns über die sehr starke Nachfrage und den steigenden Bekanntheitsgrad unserer e-kwip+ Serie und über die immer noch sehr zahlreichen loyalen JOEWELL Fans gefreut.
Allerdings haben wir auch eine zunehmende Anzahl von Billiganbietern auf der Messe bemerkt, welches das Geschäft ein bisschen eingetrübt hat. Wettbewerb gehört dazu, aber wir werden jedoch auch zukünftig nicht an solchen „Jahrmarktaktionen“ teilnehmen und weiterhin auf optimale Beratung setzen.
Was interessiert Friseurinnen aktuell im Beratungsgespräch zu Scheren?
CM: Nach wie vor ist das individuelle Empfinden der entscheidende Faktor. Das kann z.B. durch die Griffform, Länge, Gewicht, Leichtgängigkeit der Schere beeinflusst werden und ist für jeden Kunden unterschiedlich. Daher sollen Kunden zuallererst einmal die für sie optimal passende Schere aussuchen und wir als Verkäufer steuern dann noch ein paar Fakten bzgl. Anwendungsgebiet, Material, Preis, etc. ein.
Was sind eigentlich die Trends in Farbe und Design?
LN: Interessanterweise beobachten wir seit Jahren, dass die Scheren größer werden. Es geht durchschnittlich Richtung 6 Zoll. Beim Design geht es eher wieder zurück zur Tradition. Silber bleibt immer noch die Hauptfarbe, gefolgt von schwarz und der Fokus liegt auf der Technik.
Mit Joewell setzt ihr auf hochwertige japanische Klingen. Gibt es Innovationen auf dem Scherenmarkt aus Fernost?
MS: Der gesamte asiatische Markt entwickelt sich sehr schnell und die Qualität steigt permanent. Die Japaner sind Traditionalisten und haben aufgrund Ihrer langen Erfahrung noch einen gewissen handwerklichen Vorsprung, den sie aber auch verteidigen müssen. Insbesondere durch die immer häufiger zum Einsatz kommende CNC Technik (Automatisierung) wird in den nächsten Jahren einiges passieren.
Y.S. Park hat sich international als ziemlich hippe Marke etabliert. Die Kämme genießen Kultstatus. Ist das auch in DACH angekommen? Was sind hier die Bestseller?
CM: Y.S. Park hat sich im DACH Markt längst etabliert, aber es ist für unsere Großhandelspartner nach wie vor nicht leicht, die gesamte Breite dieses Sortiments abzubilden (daher auch die große Nachfrage im Messegeschäft). Wir stellen aktuell eine steigende Nachfrage nach längeren Nadelstiel-Kämmen fest. Dies scheint eng mit den geänderten Färbetechniken und breiteren Folien im Färbemarkt. Bei Bürsten sind nach wie vor die Serien mit Holzgriff ganz klar am beliebtesten.
Joewell, e-kwip und Y.S. Park bilden euer Markenportfolio. Gibt es Pläne, dieses zu erweitern?
MS: Aktuell liegt der Schwerpunkt in der Weiterentwicklung der bestehenden Marken, insbesondere e-kwip+ im In- und Ausland. Eine weitere Marke ist derzeit nicht geplant, aber wir halten natürlich die Augen offen und erste Gespräche mit potenziellen Interessenten haben wir auch schon geführt.
Wir sind auf hochqualitatives Werkzeug spezialisiert und gerne möchten wir noch 'Konayuki' erwähnen, hier ist 'Gieseke' unser fester Vertriebspartner. Mit diesen vier Marken fahren wir sehr gut.
Education, war 2022 eines eurer Fokusthemen. Wie hat sich das für euch weiterentwickelt?
LN: Education wollten wir 2022 auch online anbieten, mussten allerdings feststellen, dass die Nachfrage nach digitalen Schulungen noch nicht so riesig ist. Wir möchten allerdings für unsere TEC-System-Scheren mittelfristig einen digitalen Austausch (z.B. über Instagram) schaffen. Hier können Stylisten ihre Erfahrungen mit den TEC-System-Scheren teilen und ihre besten Arbeitsergebnisse präsentieren. Interessiere Stylisten, die ihre Arbeit gerne einmal auf Video festhalten, dürfen sich jetzt schon einmal bei uns melden.
Ihr Lieben, ich danke euch für das Gespräch und wünsche euch weiterhin viel Erfolg und viele spannende Video-Einsendungen.
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